Neuer RKI-Sachstandsbericht

Welche Infektionskrankheiten der Klimawandel begünstigt – und was der Mensch dagegen tun kann

Dengue-Ausbrüche in Dhaka: Denguefieber-Patienten werden mit Moskitonetzen geschützt, während sie im Krankenhaus behandelt werden.

Dengue-Ausbrüche in Dhaka: Denguefieber-Patienten werden mit Moskitonetzen geschützt, während sie im Krankenhaus behandelt werden.

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Der Klimawandel macht krank. Das ist die zentrale Botschaft des ersten Teils des Sachstandsberichts „Klimawandel und Gesundheit 2023″, den das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag in seinem „Journal of Health Monitoring“ veröffentlicht hat. Neu ist diese Botschaft nicht, doch sie findet nach Einschätzung der Autorinnen und Autoren noch immer zu wenig Gehör. Gleich zehn Faktoren nennen sie in ihrem Bericht, die durch den Klimawandel beeinflusst werden und sich damit direkt oder indirekt auf die menschliche Gesundheit auswirken. Darunter steigende Temperaturen, vermehrte Extremwetterereignisse, die Luftqualität und der Einfluss von UV-Strahlung.

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Im Fokus des ersten Teils des Berichts stehen Infektionskrankheiten wie das West-Nil-Fieber, die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Legionellose. „Wir stehen vor einer wirklich großen Herausforderung, auch für das Gesundheitssystem“, warnt Elke Hertig, Professorin für regionalen Klimawandel und Gesundheit an der Universität Augsburg und Autorin des Sachstandsberichts, im Gespräch mit dem Science Media Center. Denn Modellierungen zeigen deutlich: Je weiter der Klimawandel voranschreitet, desto mehr nehmen Infektionskrankheiten in Deutschland zu. „Es ist ein wichtiges und akutes Thema – und wir müssen jetzt handeln.“

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Diese Krankheiten und Erreger beeinflusst der Klimawandel

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Mückenübertragene Infektionskrankheiten

Eine weibliche Asiatische Tigermücke: In Deutschland zu finden aber ohne Dengue-Erreger. |

Tropische Mückenarten wie die Asiatische Tigermücke finden mit steigenden Temperaturen immer mehr Lebensraum in Deutschland.

Wie gefährlich sind sie? Stechmücken können als Krankheitsüberträger, sogenannte Vektoren, agieren. Bei 23 der in Deutschland auftretenden Arten ist bekannt, dass sie Krankheitserreger in ihrem Körper vermehren und auf andere Lebewesen übertragen können. Häufig in Verbindung gebracht werden Stechmücken mit Krankheiten wie Malaria, dem West-Nil-, Dengue- und Chikungunyafieber sowie mit dem Zika-Virus.

Malaria wurde in der Mitte des 20. Jahrhunderts in Europa ausgerottet, und damit verloren auch die Mücken ihre Bedeutung als Vektoren, die es zu überwachen galt. Dagegen sind das West-Nil-, Dengue-, Chikungunya- und Zika-Virus – eigentlich Viren aus tropischen Regionen – inzwischen auch in Deutschland angekommen. Weit verbreitet sind die Viren nicht, und auch die Fallzahlen sind noch sehr gering: 2021 registrierte das RKI sechs West-Nil-Virus-Infektionen sowie 60 Dengue-, vier Chikungunya- und zwei Zika-Virus-Infektionen.

Gemeinsam haben alle Infektionen, dass sie mit Fieber einhergehen. Auch Glieder-, Muskel- und Gelenkschmerzen gehören zu den häufigsten Symptomen. Nicht immer nehmen mückenübertragene Infektionskrankheiten einen schweren bis tödlichen Verlauf. Etwa drei Viertel der Dengue-Infektionen verlaufen beispielsweise asymptomatisch, weshalb die Autorinnen und Autoren glauben, dass die gemeldeten Fälle nur die „Spitze des Eisbergs“ darstellen. Doch vor allem für Risikopersonen wie Ältere oder Menschen mit Vorerkrankungen stellen die Infektionen ein hohes Risiko dar.

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Welchen Einfluss nimmt der Klimawandel? Vor allem eine Auswirkung des Klimawandels ist mit Blick auf die mückenübertragenen Infektionskrankheiten relevant: die steigenden Temperaturen. Dadurch finden die Insekten selbst im hohen Norden immer häufiger günstige Lebensbedingungen vor. Ein Großteil Deutschlands könnte beispielsweise bis 2040 für die Asiatische Tigermücke, die ihren Ursprung – wie ihr Name verrät – eigentlich in Südostasien hat, als Lebensraum geeignet sein. Sie gilt als Überträger des Chikungunya-, West-Nil- und Denguefiebers. Auch andere tropische Mückenarten könnten sich mit steigenden Temperaturen hierzulande ansiedeln.

Wasserknappheit, Dürren und andere Umweltkatastrophen machen die Klimakrise weltweit überdeutlich. Junge Menschen reagieren unterschiedlich auf die verstörenden Bilder. Einige werden psychisch krank, andere kämpfen als Klimaaktivisten gegen die gefährliche Entwicklung.

Klimawandel im Eozän: Was wir aus den Erkenntnissen für heute ableiten können

Vor knapp 56 Millionen Jahren stiegen die Temperaturen auf der Erde deutlich. Aus Sicht vieler Forschender ist dieses Klimaereignis durchaus mit der heutigen Klimakrise vergleichbar. Die Erkenntnisse sind dabei alles andere als beruhigend.

Studien zeigen zudem: Je wärmer es wird, desto häufiger stechen manche Mückenarten zu. Auch die Eibildung nimmt zu, sodass die Populationsdichte wächst. Vereinfacht gesagt bedeutet das: höhere Temperaturen, mehr Mücken. Und dass nun selbst die Winter milder werden, ermöglicht den Tieren, für längere Zeit aktiv zu sein. „Dass eine Virusübertragung durch Stechmücken in Deutschland bislang eher die Ausnahme war, ist (...) möglicherweise der Tatsache geschuldet, dass die Temperaturen für die extrinsische Entwicklung der Viren und deren effiziente Übertragung nicht ausreichend hoch waren“, heißt es im Bericht. So hätten Laborversuche gezeigt, dass in gemäßigten Klimazonen vorkommende Mückenarten erst bei Temperaturen von 24 bis 27 Grad Celsius infektiös wurden.

Was tun? Die Studienautorinnen und Studienautoren raten, die Öffentlichkeit mehr über (neue) Stechmücken aufzuklären. Schwerpunkt dabei sollte auch sein, wie man Brutplätze der Tiere vermeidet. Stechmücken legen ihre Eier in stehende Gewässer. Das können mit Wasser gefüllte Gießkannen, Blumentöpfe, Planschbecken oder Vogeltränken sein. Wasserreste sollten deshalb immer ausgeleert werden. Außerdem sollten Ärztinnen und Ärzte für Tropenkrankheiten wie das West-Nil- oder Denguefieber sensibilisiert werden.

Zeckenübertragene Infektionskrankheiten

Zecken sind kleine, aber durchaus gefährliche Blutsauger.

Zecken sind kleine, aber durchaus gefährliche Blutsauger.

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Wie gefährlich sind sie? Auch Zecken sind Überträger von Krankheiten. Sie können zum Beispiel Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Borreliose verursachen. In Deutschland am weitesten verbreitet ist der Gemeine Holzbock, der zur Familie der Schildzecken gehört und Hauptüberträger der beiden Infektionskrankheiten ist. Er ist wenige Millimeter groß und deshalb nur schwer von einem Leberfleck zu unterscheiden, wenn er seinen Kopf erst einmal in der menschlichen Haut versenkt hat. Um zu verhindern, dass Zecken Viren übertragen, während sie Blut abzapfen, sollten sie schnellstmöglich entfernt werden.

Im vergangenen Jahr hat das RKI 546 FSME-Fälle verzeichnet. Es gibt inzwischen mehrere FSME-Risikogebiete in Deutschland, wo die Wahrscheinlichkeit, sich bei einem Zeckenstich zu infizieren, besonders hoch ist. Sie befinden sich in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen. Die Borreliose ist wiederum überall in Deutschland verbreitet – die gemeldeten Fälle schwanken je nach Bundesland.

Beide Infektionskrankheiten äußern sich zunächst durch grippeähnliche Symptome wie Fieber und Kopf- und Gliederschmerzen. Typisch für die Borreliose ist zudem die Wanderröte, also eine große, ringförmige Hautrötung, die sich nach einigen Tagen um die Einstichstelle herum oder an anderen Körperstellen bildet. Im schlimmsten Fall kann es zu Schädigungen des Nervensystems kommen. Bei FSME können sich bei einem Teil der Erkrankten außerdem die Hirnhäute und das Rückenmark entzünden.

Welchen Einfluss nimmt der Klimawandel? Zecken profitieren wie Mücken von den steigenden Temperaturen. Sie sind dadurch in der Lage, sich in nördlicheren, für gewöhnlich kälteren Gebieten auszubreiten. Auch neue Zeckenarten aus dem Süden könnten sich deshalb hierzulande in Zukunft verbreiten. Bei höheren Temperaturen und geeigneter Luftfeuchtigkeit beschleunigt sich außerdem der Entwicklungszyklus der Zecken. Die Eiablage verkürzt sich, und sie häuten sich schneller. Verlängern tut sich hingegen ihre Aktivitätszeit – selbst im Winter kommen manche Arten nicht mehr zur Ruhe. „Wärmere Temperaturen, insbesondere milde Winter und warme Frühlinge, sind vorteilhaft für die Zeckenaktivität und das Überleben“, schreiben die Fachleute in ihrem Bericht.

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Mit den höheren Temperaturen ändert sich gleichzeitig das Freizeitverhalten der Menschen. Sie sind öfter im Freien unterwegs und können somit häufiger mit Zecken in Kontakt kommen. Das heißt, auch das Risiko eines Zeckenstichs steigt – und damit könnten auch FSME- und Borreliose-Fälle zunehmen. Eine Studie aus den USA hat zum Beispiel ergeben, dass ein Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um zwei Grad eine Zunahme der Borreliose-Fälle um mehr als 20 Prozent bedeuten würde.

Was tun? Die Studienautorinnen und Studienautoren empfehlen, wirksame Strategien zum Schutz vor Zecken zu entwickeln. Gemeint sind zum Beispiel weitere Impfstoffe gegen von Zecken übertragene Infektionskrankheiten. Schon jetzt gibt es Vakzine, mit denen sich Menschen in FSME-Risikogebieten schützen sollten. „Die Gesundheitsbehörden sollten weiterhin präventive Aufklärung zur Vermeidung von Zeckenstichen und der sofortigen Entfernung von Zecken betreiben“, heißt es weiter. Besonders Menschen, die häufig in der Natur unterwegs sind, wie Mitarbeitende in der Land- und Forstwirtschaft, sollten wachsam sein und sich regelmäßig nach Zecken absuchen und diese entfernen.

Hantaviren

Eine Rötelmaus steht auf den Hinterbeinen und sichert die Umgebung: Sie kann Hantaviren übertragen.

Eine Rötelmaus steht auf den Hinterbeinen und sichert die Umgebung: Sie kann Hantaviren übertragen.

Wie gefährlich sind sie? Hantaviren werden von Nagetieren auf den Menschen übertragen, in Deutschland hauptsächlich über die Rötelmaus. Mindestens neun verschiedene Hantaviren sind hierzulande nachgewiesen worden. Hinzu kommen fünf weitere Viren, von denen noch nicht klar ist, ob sie Krankheiten beim Menschen auslösen können. Die meisten Infektionen verursacht derzeit das Puumala-Orthohantavirus. Sequenzdaten lassen schlussfolgern, dass es vor allem im Südwesten der Republik verbreitet ist.

In Deutschland sind hauptsächlich Erwachsene zwischen 20 und 60 Jahren betroffen. Infektionen mit Hantaviren verlaufen in der Regel asymptomatisch, also ohne Symptome, sodass die Studienautorinnen und Studienautoren von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Es können aber auch Symptome wie hohes Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit oder Durchfall sowie akutes Nierenversagen auftreten.

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Die Hantavirus-Erkrankung weist eine deutliche Saisonalität auf. So gibt es im Frühjahr und Sommer mehr Fälle als im Herbst und Winter. Genauso gibt es zyklisch auftretende Ausbrüche des Puumala-Orthohantavirus: Etwa alle zwei bis drei Jahre erkranken im Süden, Westen und Nordwesten Deutschlands verhältnismäßig viele Menschen. Die durchschnittliche jährliche Inzidenz lag laut RKI zwischen 2010 und 2019 bei 1,3 Fällen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Welchen Einfluss nimmt der Klimawandel? Es gibt erste Hinweise darauf, dass der Klimawandel die Frequenz der Mastjahre in den vergangenen hundert Jahren gesteigert hat. Gemeint sind Jahre, in denen es zu einer starken Samenproduktion der Buche, der Nahrungspflanze der Rötelmaus, kommt. Sie lösen eine Massenvermehrung bei den Tieren aus. Etwa alle zwei bis drei Jahre gibt es inzwischen ein Mastjahr und damit folglich eine Massenvermehrung von Rötelmäusen. Damit nimmt die Überträgerzahl der Hantaviren zu.

Die Forschenden gehen derzeit jedoch nicht davon aus, dass die Viren zu einem größeren Problem werden. Denn Trockenheit und Waldbrände setzen dem Buchenbestand zu – und damit auch der Rötelmaus. Gleichzeitig ist die Frequenzsteigerung von Mastjahren limitiert: Ein Baum kann nicht in zwei aufeinanderfolgenden Jahren eine Mast hervorbringen, was die Massenvermehrung der Rötelmaus begrenzt.

Was tun? Nichtsdestotrotz fordern die Fachleute mehr Aufklärung zu den Hantaviren und ein besseres Monitoring in Deutschland.

Wasserbedingte Infektionskrankheiten

Blaualgen haben sich auf der Oberfläche eines Badesees abgesetzt.

Blaualgen haben sich auf der Oberfläche eines Badesees abgesetzt.

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Wie gefährlich sind sie? Zu den wasserbedingten Infektionskrankheiten gehören unter anderem Legionellen, Vibrionen und Cyanobakterien. Die Bakterien können grippeähnliche Symptome wie Fieber, Schüttelfrost bis hin zu schweren Lungenentzündungen, aber auch – vor allem im Fall der Cyanobakterien – gastrointestinale Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen oder Übelkeit auslösen. Sie sind weit verbreitete Umweltkeime, die in Oberflächengewässern sowie im Grundwasser vorkommen. Sogenannte Nicht-Cholera-Vibrionen gibt es zum Beispiel in der Nord- und Ostsee. Insgesamt 25 Fälle mit den Bakterien, die nicht mit einer Auslandsreise in Verbindung standen, hat das RKI 2021 erfasst.

Legionellen kommen wiederum vor allem in verunreinigtem Trinkwasser vor. Die Legionärskrankheit, die von den Bakterien verursacht wird, tritt saisonal auf – im Sommer und Herbst stärker, im Frühjahr und Winter seltener. Jährlich gibt es etwa 1500 übermittelte Fälle. Cyanobakterien, auch als Blaualgen bekannt, besiedeln vorwiegend Gewässer mit einer hohen Nährstoffkonzentration, darunter zum Beispiel Badeseen. Sie sind in der Lage, Toxine zu produzieren, die gesundheitsschädlich sind, wenn sie über den Mund oder die Haut aufgenommen werden. Vibrionen und Legionellen haben die gleichen Übertragungswege.

Welchen Einfluss nimmt der Klimawandel? Nicht nur an Land erhöhen sich mit dem Klimawandel die Temperaturen, auch die Gewässer werden immer wärmer. Das begünstigt die Vermehrung der Krankheitserreger. Die Forschenden gehen davon aus, dass die Oberflächentemperatur in der Ostsee in den kommenden Jahrzehnten um drei bis vier Grad Celsius steigen wird, wodurch sich die Nicht-Cholera-Vibrionen ausbreiten könnten.

Eine höhere Luftfeuchtigkeit, höhere Niederschlagsmengen, eine höhere Lufttemperatur und ein niedrigerer Luftdruck – diese Faktoren werden auch Einfluss auf Legionellen nehmen. „An Orten, wo der Klimawandel zu einem häufigeren Zusammentreffen von warmem und feuchtem Wetter führt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Inzidenz der LK (Legionärskrankheit, Anm. d. Red.) ansteigt und es gelegentlich auch zu ausbruchsartigen Fallhäufungen kommen kann“, heißt es im Bericht. Langfristig könnte der Klimawandel zudem Einfluss auf das Trinkwasser nehmen: Mit höheren Luft- und Bodentemperaturen könnte die Basistemperatur des Kaltwassers steigen, was das Legionellenwachstum fördern könnte. Eine höhere Legionellenkonzentration muss aber nicht unbedingt mit einem erhöhten Risiko für die Legionärskrankheit einhergehen.

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Bei den Cyanobakterien könnte der Klimawandel zweierlei Effekte haben: In manchen Gewässern könnte er zu einer vermehrten Bakterienblüte führen, in anderen nicht. Das hängt nicht nur von der Nährstoffmenge in den Gewässern ab, sondern auch vom regionalen Wetter. Während hohe Temperaturen den Cyanobakterien zugutekommen, können Starkregen und Wind die Vermehrung der Bakterien negativ beeinflussen.

Was tun? Der beste Schutz vor allen Bakterien ist, nicht mit offenen Wunden ins Wasser zu gehen und am besten so wenig Wasser wie möglich beim Baden und Schwimmen zu verschlucken. Sind Gewässer mit Cyanobakterien belastet, gilt ein Badeverbot. Über die Infektionen durch im Wasser enthaltene Bakterien braucht es nach Ansicht der Forschenden weitere Aufklärungs- und Forschungsarbeit.

Lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten

Geflügel ist die häufigste Quelle einer Salmonellen-Infektion.

Geflügel ist die häufigste Quelle einer Salmonellen-Infektion.

Wie gefährlich sind sie? Lebensmittel, die von Bakterien wie Salmonellen und Campylobacter besiedelt sind, können ebenfalls Infektionskrankheiten verursachen. Häufige Symptome sind Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Bakterien der Gattung Campylobacter können in seltenen Fällen sogar das Guillain-Barré-Syndrom hervorrufen, eine Nervenerkrankung, die mit Lähmungserscheinungen einhergeht. Jährlich werden etwa 50.000 bis 70.000 Fälle an das RKI übermittelt.

Bei den Salmonella-Erkrankungen waren es im Jahr 2018 insgesamt 15.732. Häufigste Quelle einer Infektion ist Geflügel, gefolgt von Schweinefleisch und Schweinefleischerzeugnissen. Auch Lebensmittel, die keinen tierischen Ursprung haben, wie rohes Blattgemüse, Zwiebel- und Stängelgemüse, Tomaten und Melonen tauchen zunehmend unter den mit Salmonellen betroffenen Produkten auf.

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Welchen Einfluss nimmt der Klimawandel? Auch bei den lebensmittelbedingten Infektionskrankheiten sind es die steigenden Temperaturen, die eine Rolle spielen. Denn sie fördern die Vermehrung der Bakterien. Gleichzeitig sorgen die Temperaturen in Kombination mit Sonnenschein und Trockenheit dafür, dass das Wasser knapp wird. Die Forschenden befürchten: „Mit zunehmender Wasserknappheit infolge des Klimawandels ist es denkbar, dass aufbereitetes Abwasser, welches mit Krankheitserregern aus tierischen oder menschlichen Fäkalien verunreinigt sein kann, häufiger für die Bewässerung von pflanzlichen Lebensmitteln verwendet wird.“ Dann wären zunehmend auch Pflanzen mit den Krankheitserregern kontaminiert.

Ein weiteres Problem stellen Extremwetterereignisse wie Starkregen und Überschwemmungen dar. In der Vergangenheit nahmen dann die Campylobacter-Infektionen zu. Vermutlich, weil Menschen mit verunreinigtem Oberflächengewässer oder Trinkwasser in Kontakt kamen.

Was tun? Handlungsbedarf sehen die Studienautorinnen und Studienautoren vor allem bei der Küchenhygiene. Das heißt: Vor der Zubereitung von Speisen sollten die Hände gründlich gewaschen werden. Um zu vermeiden, dass Bakterien über Hautverletzungen ins Blut gelangen, sollten Handschuhe getragen werden. Wurde rohes Fleisch oder Fisch verarbeitet, im Anschluss die benutzten Küchenutensilien waschen. Und ebenfalls wichtig: Die Kühlketten einhalten – das gilt nicht nur in Privathaushalten, sondern auch in der Industrie und für die Lieferketten.

Antibiotikaresistente Bakterien

Antibiotikaresistenzen nehmen durch den Klimawandel zu.

Antibiotikaresistenzen nehmen durch den Klimawandel zu.

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Wie gefährlich sind sie? Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Bakterien, die gegen Antibiotika resistent sind, als „globale Bedrohung“ ein. Jedes Jahr sterben nach Einschätzung der Organisation rund 1,3 Millionen Menschen, weil Antibiotika bei ihren Infektionen nicht wirken. Bakterien können nicht nur gegen ein Antibiotikum, sondern gegen mehrere resistent werden. Fachleute sprechen dann von multiresistenten Erregern. Sie töten laut RKI jährlich rund 2500 Menschen.

Welchen Einfluss nimmt der Klimawandel? Mehrere Studien legen nahe, dass Antibiotikaresistenzen bei verbreiteten Krankheitserregern wie Staphylococcus aureus und Escherichia coli zunehmen, wenn es wärmer wird. Die höheren Temperaturen könnten den Gentransfer von Resistenzgenen begünstigen, mutmaßen einige Forschende. Auch die Raten von multiresistenten Erregern nehmen zu.

Ein Zeitalter ohne Antibiotika droht – können wir uns noch retten?

Ärztinnen und Ärzte warnen vor einem „postantibiotischen Zeitalter“: Bakterien werden resistenter, Antibiotika damit allmählich unwirksam. Es braucht neue Waffen gegen die Erreger. Forschende weltweit suchen nach Lösungen im Kampf gegen die Antibiotikaresistenzen – doch sie stoßen dabei schnell an ihre Grenzen.

Gleichzeitig konnte eine europäische Surveillancestudie zeigen, dass Länder mit höheren Durchschnittstemperaturen mehr Antibiotika verbrauchen. Da es auch in Europa zunehmend wärmer wird, könnten auch dort der Antibiotikaverbrauch und damit mögliche Antibiotikaresistenzen zunehmen, schlussfolgern die Autorinnen und Autoren des Sachstandsberichts. Allerdings sind diese Erkenntnisse noch mit Unsicherheiten behaftet, weil die Studienlage noch gering ist.

Was tun? Die Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Antibiotikaresistenzen brauchten mehr Aufmerksamkeit, fordern die Fachleute in ihrem Bericht. Genauso müssten weitere Studien zur Resistenzsituation sowie zum Antibiotikaeinsatz folgen, die Präventionsmaßnahmen ausgebaut werden, um bakterielle Infektionen zu vermeiden, und Antibiotika verantwortungsvoller eingesetzt werden.

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