Astronaut Maurer: „Ich sehe auch sehr viel, was mir nicht gefällt“
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Astronaut Matthias Maurer blickt von der Kuppel der Internationalen Raumstation auf die Erde hinunter.
© Quelle: NASA/ESA-M.Maurer/dpa
Saarbrücken. Für Astronaut Matthias Maurer (51) ist der Blick von der Internationalen Raumstation ISS auf die Erde nicht nur schön. „Ich sehe natürlich auch sehr viel, was mir nicht gefällt“, sagte Maurer am Mittwoch in einer Live-Schalte zur Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Als Beispiele nannte er „den brennenden Urwald“ in Brasilien und in Südostasien, „Gletscherbereiche, die auf Karten viel größer eingezeichnet sind“ und Seen, „die früher mal viel größer waren“. Man sehe, wie der Mensch in die Natur eingreife. „Und das stimmt mich natürlich traurig“.
Zudem sehe man aus der Cupola der ISS sehr gut, wie dünn die Atmosphäre sei. „Das kann man sich so vorstellen wie eine Seifenblase, so dünn sieht das aus.“ Und jeder wisse, wie „extrem zerbrechlich“ eine Seifenblase sei. Wenn man runterschaue und „diesen dünnen Flaum“ sehe und wisse, „ohne den geht es nicht, außerhalb ist nur noch das tödliche Vakuum des Weltraums, dann wird einem sofort richtig bange ums Herz“.
Maurer genießt dennoch den Blick auf die Erde
Jeder Astronaut und jede Astronautin werde daher kurz nach der Ankunft auf der ISS zum „intensivsten Umweltbotschafter, den man sich wünschen kann“, sagte Maurer. Der Blick auf die Erde sei „seine Lieblingsbeschäftigung in der Freizeit“, so der Saarländer. Er genieße die Sicht natürlich auch sehr. Die Erde sei „ein zauberhafter Planet“.
Nach gut zwei Monaten im All fühle er sich nach wie vor „pudelwohl“, sagte Maurer weiter. Das einzige, was noch schneller fliege als die ISS mit ihren 28.000 Kilometern pro Stunde sei die Zeit. „Mir kommt es vor, als wenn ich erst vor einer Woche gestartet wäre. Aber wir sind ja jetzt schon fast in der Hälfte der Mission.“
Pflanzenzucht in der Schwerelosigkeit
Die Experimente, die er an Bord des riesigen Labors durchführe, machten ihm sehr viel Spaß, berichtete Maurer an die Uni, an der er früher Materialwissenschaft studiert hat. Zum Beispiel würden in der Schwerelosigkeit Pflanzen gezüchtet. Ein wichtiger Versuch, auch für Explorationen in Richtung Mond und Mars. „Dann müssen wir schauen, dass wir auch frisches Essen vor Ort erzeugen“, sagte er.
Zudem teste er neuartige Materialien, die an der Oberfläche so strukturiert wurden, dass sich keine Bakterien ansiedeln oder vermehren können. Dazu gehöre auch ein beschichteter Löffel. „Das ist wirklich sehr zeitaktuell. Im Rahmen einer Pandemie gibt es, glaub ich, nichts Besseres, was wir testen können.“
Mission ist für sechs Monate geplant
Der Esa-Astronaut war am 11. November mit drei Kollegen der US-Raumfahrtbehörde Nasa zur ISS gestartet. Maurer ist der zwölfte Deutsche im All und der vierte auf der ISS. Rund 400 Kilometer über der Erde soll er etwa sechs Monate lang Experimente durchführen und einen Außeneinsatz absolvieren.
Seine Rückkehr sei für Ende April geplant, sagte der Esa-Delegierte Volker Schmid vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLF). Bisher habe es auf der ISS insgesamt mehr als 3000 Experimente gegeben, sagte Schmid weiter. Rund 360 davon gingen auf das Konto der Esa, darunter die Hälfte mit deutscher Beteiligung.
RND/dpa