„Menschen sind nun einmal Fleischfresser"

Fakten über den Fleischkonsum: Was stimmt und was Unsinn ist

Rotes Fleisch ist weniger gesund als weißes Fleisch, sagt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.

Rotes Fleisch ist weniger gesund als weißes Fleisch, sagt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.

1. Jeden Tag Fleisch zu essen, ist völlig unbedenklich.

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Es kommt auf die Menge an. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, pro Woche nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch zu verzehren. „Als Teil einer vollwertigen Ernährung kann eine kleine Menge Fleisch die Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen erleichtern“, so die Gesellschaft.

„Kleine Mengen und nicht täglich“, lautet der Rat der DGE. Außerdem sollte fettarmes Fleisch auf dem Teller landen. „Die Dosis macht das Gift“, sagt der Arzt Prof. Christian Sina. Der Leiter des Instituts für Ernährungsmedizin am Uniklinikum in Lübeck rät ebenfalls zu einem Genuss in Maßen und dazu, nicht jeden Tag Fleisch und Wurst zu essen.

2. Weißes Fleisch ist gesünder als rotes Fleisch.

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Laut DGE haben Menschen, die viel rotes Fleisch essen, ein höheres Risiko für Darmkrebs. Weißes Fleisch fördere nach derzeitigem Stand der Wissenschaft Krebserkrankungen nicht. Zu rotem Fleisch zählen Rind, Lamm, Ziege und Schwein. Geflügel wie Pute oder Huhn sind weißes Fleisch.

Ernährungsmediziner Sina dagegen rät, nicht mehr pauschal zwischen rotem und weißem Fleisch mit Blick auf die Gesundheit zu differenzieren. Entscheidender scheine es zu sein, aus welcher Region des Tierkörpers das Fleisch stamme und wie man es zubereite. Laut der DGE nutze man am besten fettarmes Fleisch und grille, dünste oder gare es im Backofen.

3. Nur wer Fleisch isst, kriegt alle Nährstoffe, die Menschen brauchen.

Das stimmt so pauschal nicht. Wer Fleisch weglässt, sollte aber ein paar Regeln beachten. „Nur tierische Lebensmittel enthalten in nennenswerten Mengen verfügbares Vitamin B12“, informiert die DGE. Sie empfiehlt deshalb Menschen, die wenige oder gar keine tierischen Lebensmittel essen, das Vitamin zusätzlich einzunehmen.

Einen Unterschied gibt es bei der Verwertbarkeit bestimmter Stoffe. Der menschliche Körper nimmt laut der Krankenkasse AOK beispielsweise Eisen tierischen Ursprungs besser auf als Eisen aus Pflanzen. Außerdem enthielten pflanzliche Lebensmittel generell weniger Vitamin D.

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4. Menschen sind nun einmal Fleischfresser.

Nein. Menschen sind keine Fleischfresser, sondern Omnivoren, also Allesfresser. Zu dieser Gruppe zählen laut dem Lexikon Spektrum auch Schweine, Ratten und Rotfüchse. Allesfresser ernähren sich sowohl „von Fleisch als auch von pflanzlicher Kost“ und weisen „ein weitgehend unspezialisiertes Nahrungsspektrum auf“, schreibt das Lexikon. So ließe sich auch das Gebiss des Menschen mit seinen unterschiedlichen Zahnformen erklären. Dazu zählten Schneidezähne zum Beißen, Eckzähne zum Zerren, Backenzähne zum Zerreiben und Mahlzähne zum Zermalmen. Fleischfresser dagegen würden besonders große und spitze Schneide- und Eckzähne besitzen. Diese benötigten sie, um Beute zu töten und Fleischbrocken herauszureißen.

5. Tierisches Protein kann der Körper besser verwerten als pflanzliches.

Das stimmt. Proteine gehören laut der Krankenkasse AOK zu den Makronährstoffen und sind damit Hauptbestandteile der menschlichen Ernährung. Sie setzten sich aus Aminosäuren zusammen. Tierische Proteine ähnelten denen des Menschen in der Struktur besonders stark. Der Körper könne sie schneller verarbeiten. Aber es gebe auch pflanzliche Proteinquellen, die mit tierischem Eiweiß mithalten könnten. Hier nennt die AOK Chia-Samen, Hülsenfrüchte, Nüsse und Haferflocken.

6. Fleisch ist schlecht fürs Klima.

Dafür gibt es einige Indizien. Im Sommer 2020 veröffentlichte das Umweltbundesamt eine Studie, in der Fleisch mit einer miesen Klimabilanz abschnitt. Für die Produktion eines Kilos Rindfleisch würden 30,5 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen werden. Bei Geflügel seien es 4,3 Kilogramm, bei Schweinefleisch 4,1 Kilogramm. Fleischersatz auf Sojabasis hatte im Vergleich eine bessere Klimabilanz. Hier entstehen bei der Produktion pro Kilo 2,8 Kilogramm Treibhausgase.

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Wie das Umweltbundesamt darüber hinaus informiert, stammen 7,4 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands im Jahr 2018 aus der Landwirtschaft. Dafür verantwortlich seien vor allem Methanemissionen aus der Tierhaltung.

7. Fleisch schadet der Umwelt.

“Die führenden Anbauländer von Futtermitteln gehören zu den größten Anwendern von Pestiziden – zum Schaden von Grundwasser und Biodiversität”, schreiben die Autoren des diesjährigen Fleischatlas. Doch nicht nur die Pflanzenschutzmittel sind ein Problem für die Umwelt, wie im vorherigen Fleischatlas aus dem Jahr 2018 zu lesen ist. Das intensive Düngen mit stickstoffhaltigen Präparaten wird darin als eines der größten Umweltprobleme bezeichnet. In vielen Regionen Europas sei das Grundwasser mit Stickstoff belastet.

Indirekt tragen Fleischkonsumenten eine Mitschuld an der Rodung von südamerikanischen Regenwäldern. Denn Hersteller von Sojabohnen brauchen die Fläche für ihre Felder. Der Großteil der proteinreichen Bohnen landet aber nicht als Tofu auf dem Teller von Vegetarien und Veganern, sondern wird an Nutztiere verfüttert.

8. In Fleisch sind große Mengen Antibiotika enthalten.

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Das massenhafte Verabreichen von Antibiotika an Nutztiere ist tatsächlich ein Problem – auch für Menschen, schreibt die Heinrich-Böll-Stiftung in ihrem Fleischatlas. „Der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung führt zu immer mehr resistenten Keimen. Dies bedroht die Wirksamkeit von Antibiotika, einem der wichtigsten Mittel der Humanmedizin”, schreiben die Autoren der der Partei Die Grünen nahestehende Stiftung. 700.000 Menschen würden schon heute an den Folgen dieser Resistenzen pro Jahr weltweit sterben.

Seit 2011 müssen pharmazeutische Unternehmen und Großhändler melden, wie viel Antibiotika sie an Tierärzte abgegeben haben. Der Grund: Insbesondere bei Masttieren habe man sehr hohe Resistenzraten gegen verschiedene Antibiotika beobachtet. Insgesamt zeige sich laut Bundesministerium für Ernährung (BMEL) und Landwirtschaft ein deutlicher Rückgang an Abgabemengen von Antibiotika an Tierärzte. „Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Resistenzraten und dem Rückgang des Antibiotikaeinsatzes [...] kann anhand der vorliegenden Daten nicht geprüft werden”, so das BMEL.

Knapp drei Viertel der global verkauften Antibiotika nutzten Veterinärmediziner für Tiere und nicht Humanmediziner für Menschen, schreiben die Autoren des Fleischatlanten. Sie zitieren eine Studie der Organisation Germanwatch, laut der sich auf jeder zweiten der Hähnchenfleischproben führender Geflügelkonzerne aus fünf EU-Ländern Krankheitserreger mit Antibiotikaresistenzen befinden würden. Für die Studie haben die Forscher 165 Geflügelfleischproben verwendet, gekauft bei Lidl, Aldi und aus dem Werksverkauf der Konzerne. Insgesamt haben sie auf jeder dritten Probe Krankheitserreger mit Antibiotikaresistenzen gefunden.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfL) bewertete 18.187 Proben, die Wissenschaftler zuvor auf Rückstände von Stoffen mit antibakterieller Wirkung auf Fleisch und anderen tierischen Erzeugnissen untersucht hatte. Neun Proben hatten die zulässigen Grenzwerte überschritten - als gesundheitsgefährdend für den Menschen stufte das BfR sie nicht ein. Hierbei geht es aber nicht nur um Geflügel, sondern auch um Fleisch von Rind, Schwein, Forelle, Schafen und Ziegen.

Für Tiere, aus denen Biofleisch wird, gelten schon jetzt strengere Bedingungen. Antibiotika dürfen Tierärzte laut der EU-Verordnung zum Ökologischen Landbau erst einsetzen, wenn andere Maßnahmen nicht gewirkt haben. Ansonsten sind sie verboten. Die Europäische Kommission will den Einsatz von Antibiotika generell in der Landwirtschaft weiter einschränken mit einer neuen Verordnung, die ab 2022 gelten soll.

9. Bald essen wir alle Fleisch aus dem Labor.

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Noch sind solche Produkte noch nicht auf dem Markt erhältlich. Der aktuelle Fleischatlas spricht von 55 Unternehmen, die damit befasst sind, im Labor künstlicher erzeugte Fleischprodukte aus tierischen Stammzellen zu gewinnen. 20 davon seien Neugründungen aus dem Jahr 2019. Meist wird für diese künstlich erzeugten Fleischprodukte allerdings noch ein Nährmedium gebraucht, das auf Kälberserum basiert. Dazu benötigten die Forscher Föten geschlachteter trächtiger Kühe. Einige Produzenten von In-Vitro-Fleisch wie Mosa Meat berichten aber, mittlerweile auch ein nicht-tierisches Nährmedium gefunden zu haben.

RND

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