Ärger bei der Arbeit: So kriegen Sie die Wut in den Griff

Zorn und Wut sollte man am Arbeitsplatz im Griff haben.

Zorn und Wut sollte man am Arbeitsplatz im Griff haben.

Wut im Bauch: Jeder kennt das Gefühl … auch im Job. Zu den klassischen Konflikten im Berufsalltag kommen aktuell noch coronabedingte Belastungen hinzu. Die Menschen werden immer dünnhäutiger. Der Frustlevel steigt. Jetzt ist ein konstruktiver Umgang mit der Wut gefragt. Und der ist tatsächlich möglich.

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„Wut im Beruf hat vielfältige Gründe“, erklärt Regina Maucher, Coach und Wirtschaftsmediatorin aus Schwieberdingen nahe Stuttgart. „Grund kann zum Beispiel Enttäuschung sein … das Gefühl, dass die eigenen Bedürfnisse im Team nicht wahrgenommen werden. Auch wenn Kollegen Informationen nicht weitergeben, kann das wütend machen.“ Wut entsteht aber auch im Inneren aufgrund von Erfahrungen und Sozialisation.

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Pandemie schafft zusätzliche Konfliktfelder

Dazu kommen aktuell noch Konflikte durch die Corona-Krise. Maucher: „Viele Familien sind stark belastet. Auch in Ehen und Partnerschaften kommt es zu Schwierigkeiten.“ Außerdem entstehen in Zeiten der Pandemie zusätzliche Konfliktfelder: „Wenn sich Kollegen zum Beispiel nicht regelkonform verhalten und die Schutzmaßnahmen missachten, kann das Wut auslösen.“ Genauso kann das „übervorsichtige“ Verhalten von Teammitgliedern bei denjenigen Ärger erregen, die die Ansteckungsgefahr als gering einschätzen.

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„Nicht selten steht hinter der Wut auch Existenzangst“, erklärt Regina Maucher. „Unsicherheit kann wütend machen, wenn zum Beispiel Vorgaben oder Informationen vonseiten des Vorgesetzten fehlen.“ So löst auch die allgemeine Unsicherheit, wie es in der Corona-Krise weitergeht, unterschiedliche negative Gefühle aus. Wichtig ist, die Wut wahrzunehmen und achtsam in sich hineinzuhören. „So kann ich erkennen, was in mir passiert und warum ich so fühle. Dann kann ich mich im nächsten Schritt mit der Lösung auseinandersetzen.“

„Wut liefert uns Informationen über das, was uns begegnet“

Einen eigenen Ansatz, sich mit dem Thema Wut auseinanderzusetzen, verfolgt Friederike von Aderkas, Diplom-Pädagogin und systemischer Coach aus Bad Belzig in Brandenburg. In ihren Wutkraftseminaren und Coachings vermittelt sie einen produktiven Umgang mit der Wut. „Es ist ein Vorurteil oder auch festgefahrenes Bild, dass Wut nur eine dunkle Seite hat … die es natürlich auch gibt.“ Aber Wut sei noch viel mehr: „Wut liefert uns Informationen über das, was uns begegnet.“ Sie signalisiert dem Menschen, dass etwas für ihn nicht stimmt, zum Beispiel, dass seine Grenzen überschritten wurden oder es Zeit ist, Position zu beziehen.

„Wut stellt uns Energie zur Verfügung, um mit einer bestimmten Situation umzugehen“, erklärt von Aderkas. „Wir können also mit ihrer Hilfe Brücken bauen zwischen dem, was ist, und unseren Bedürfnissen.“ Das Besondere an der Wut sei, dass sie voller Energie stecke.“ Das Gefühl der Wut ist quasi Motor dafür, handlungsfähig zu bleiben und zum Beispiel zu bestimmten Dingen Nein zu sagen oder Entscheidungen zu treffen.“ Auch in Pandemiezeiten sei die Wut ein guter Informationsgeber und Kompass, um in Kontakt mit den eigenen Bedürfnissen zu kommen.

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Auf Selbstfürsorge setzen

Maucher warnt in Corona-Zeiten davor, sich in einen Konflikt hineinzusteigern. Stattdessen sollten Berufstätige auf Selbstfürsorge setzen, zum Beispiel mithilfe von Achtsamkeitsübungen oder Yoga. So sei es möglich, es erst gar nicht zur Eskalation kommen zu lassen und Konflikte anzusprechen und gemeinsame Lösungen zu finden.

„Auf den ersten Stufen einer Konflikteskalation prallen die Parteien zwar aufeinander, aber die Situation ist noch offen. Ein klärendes Gespräch ist noch möglich.“ Deshalb empfiehlt Regina Maucher eine Aussprache. In der mittleren Eskalationsstufe kommt es zu Drohungen und Gesichtsverlust. „Dann hilft eigentlich nur noch eine Mediation.“ Auf der höchsten Eskalationsstufe nutzt auch das nichts mehr. „Es gibt nur noch Verlierer.“ Um eine Eskalation zu vermeiden, ist es umso wichtiger, frühzeitig zu handeln und das, was mich wütend macht, zu kommunizieren.

Nichts wird vergessen

Auch der Konfliktcoach und Mediator aus Heilbronn Jochen Lorenz kennt das Problem des aufgestauten Ärgers: „Wer im Job Wut verdrängt, bei dem kommt sie zu einem anderen – meist völlig unpassenden – Zeitpunkt heraus. Das ist wie ein Kleben von Rabattmarken in ein inneres Sammelheft.“ Die Rabattmarken werden für einen späteren Zeitpunkt verwahrt. Nichts wird vergessen.

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Aber genau das ist das zentrale Problem: „Wer frustriert und wütend über das Fehlverhalten eines Kollegen ist, hat den Wunsch, diesen zu bestrafen. Das geschieht zum Beispiel durch wutentbrannte Mails“, betont Lorenz. Wut habe in diesem Zusammenhang also oft die Funktion einer Bestrafung. Eine andere Form der Strafe sei es auch, über den Wutauslöser schlecht zu reden oder ihn sogar bloßzustellen. Vor solchen Kurzschlusshandlungen warnt Lorenz.

Bestrafung trifft meist den Wütenden selbst

Denn die Bestrafung treffe meist den Wütenden selbst und dann folge die nächste Eskalationsstufe. Sein Tipp: Erst einmal durchatmen, bevor man aus Wut zum Angriff übergeht. Konkret kann das heißen: Die Wutmail nicht gleich abschicken, sondern als Entwurf abspeichern. Am nächsten Morgen kann man sie dann noch mal lesen und am besten löschen, statt sie zu versenden

Das heißt aber nicht, dass man seine Wut herunterschlucken soll. Denn das schadet langfristig der Gesundheit, so Lorenz. Doch nicht nur verdrängte Wut kann krankmachen, auch lang anhaltender Ärger kann negative gesundheitliche Folgen haben. Der Mediator empfiehlt deshalb, über seine eigenen unerfüllten Bedürfnisse im beruflichen Kontext zu reflektieren und bei passender Gelegenheit in aller Ruhe mit dem Menschen zu sprechen, der die Wut ausgelöst hat. „Ich empfehle dafür die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg, die auf Vertrauen und Wertschätzung beruht. Sie beschreibt eigene Beobachtungen, Bedürfnisse, Gefühle und äußert Bitten, ohne Vorwürfe zu machen oder anzuklagen.“

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Die Wut der anderen – Soforttipps für den Umgang im Alltag

  • Wenn andere wütend sind, machen Sie sich klar, dass dieses Gefühl nichts mit Ihnen zu tun haben muss. Beziehen Sie also nicht negative Gefühlsregungen Ihres Gegenübers automatisch auf sich persönlich.
  • Gehen Sie nicht zum Gegenangriff über. Versuchen Sie auch nicht, in einer aufgeheizten Stimmung zu diskutieren.
  • Atmen Sie tief durch und schweigen Sie erst einmal.
  • Es kann sinnvoll sein, die Situation oder den Raum zu verlassen. Ist kein räumlicher Abstand möglich, können Sie auch mental auf Distanz gehen, indem Sie zum Beispiel ein Foto auf dem eigenen Schreibtisch in den Blick nehmen.
  • Schützen Sie sich vor den Ausbrüchen und Angriffen anderer, indem Sie eine Schutzschicht visualisieren. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, dass Sie mit einer Ritterrüstung bekleidet oder von einer Teflonschicht umgeben sind. Dann fühlen Sie sich sicherer.
  • Eine Möglichkeit der Reaktion ist die Nichtreaktion, indem Sie zum Beispiel den Gefühlsausbruch Ihres Gegenübers ignorieren. Bedenken Sie, dass Wut meist nach einiger Zeit verfliegt.

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