Naturschutzabkommen: Die Fallstricke stecken im Detail
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Nach rund zwei Wochen geht im kanadischen Montreal der Weltnaturschutzgipfel zu Ende.
© Quelle: Ryan Remiorz/The Canadian Press/
Montreal. Es gab ihn doch noch, diesen „Paris-Moment“. Eigentlich war er schon längst totgeglaubt, so zäh liefen die Verhandlungen der rund 300 Staaten auf dem Weltnaturgipfel, der COP15, in Montreal. Doch dann ging es plötzlich ganz schnell. Die Staatengemeinschaft einigte sich auf ein Abkommen für den Artenschutz, das dem Paris-Abkommen für den Klimaschutz in nichts nachsteht. Bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz stehen – das sogenannte 30‑mal‑30-Ziel.
Die Abschlusserklärung der COP15 ist ein historischer Moment für den Natur- und Umweltschutz. Erstmals setzen die Länder ein klares gemeinsames Zeichen, dass sie bereit sind, etwas gegen die Zerstörung der Ökosysteme und ihrer Bewohner zu tun. Noch nie zuvor gab es ein Biodiversitätsziel in solch einem Ausmaß. Viel zu lange haben sich die Länder damit Zeit gelassen. Der Umweltschutz spielte bisher immer nur die zweite Geige. Dabei ist längst klar: Klimaschutz funktioniert nicht ohne Umweltschutz – und umgekehrt.
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Das neue Naturschutzabkommen ist unbestritten eine Trendwende, doch es lohnt sich, genauer hinzusehen. Dann werden schnell einige Fallstricke deutlich.
Mehr Geld für den Naturschutz
Zwar nehmen die Staaten endlich mehr Geld zum Schutz der Ökosysteme in die Hand. Bis 2025 sollen Entwicklungsländer und Inselstaaten rund 20 Milliarden Dollar jährlich von reichen Industrieländern wie Deutschland erhalten, um die Artenvielfalt zu sichern. Das klingt erst einmal viel, doch es hätte eigentlich noch mehr Geld gebraucht.
So schnell, wie Tiere und Pflanzen aussterben, kommen wir mit Investitionen nicht hinterher. Es wird zudem nicht nur darum gehen, Ökosysteme in den jeweiligen Schutzgebieten zu erhalten, sondern auch in Gebieten, die nicht unter Naturschutz stehen. Das bei der COP15 vereinbarte Budget wird dafür definitiv nicht ausreichen.
Details zu Schutzgebieten sind ungeklärt
Noch wichtiger ist aber: Die Ziele des Abkommens hätten noch konkreter sein müssen. Beispielsweise ist noch unklar, wo die Schutzgebiete entstehen und wie sie gemanagt werden sollen.
Viele der vereinbarten Ziele sind zudem zu weit in die Zukunft gerichtet, dabei wird schon jetzt die Natur massiv zerstört. Schon jetzt wird der Amazonas gebrandrodet; schon jetzt schwimmen Millionen Tonnen Plastik in den Ozeanen; schon jetzt stehen mehr als 150.000 Tier- und Pflanzenarten auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion, von denen rund 42.000 vom Aussterben bedroht sind. Schnelles Handeln ist jetzt gefragt, nicht erst in acht Jahren.
Umsetzung ist größter Knackpunkt des Naturschutzabkommens
Ein reiner Erfolg ist das Naturschutzabkommen also nicht. Der Umweltverband WWF erklärt zu Recht, dass es ein „lückenhaftes, aber letztlich überraschend gutes Rahmenwerk“ sei, das die COP15 zutage gefördert hat. Gut, weil es das richtige Zeichen setzt, nämlich pro Natur- und Artenschutz. Lückenhaft, weil die Ergebnisse eben zu unpräzise bleiben.
Das größte Problem ist jedoch: Das Abkommen ist rechtlich nicht bindend. Das heißt, die Länder entscheiden nun selbst, ob und wie sie die Ziele konkret für sich umsetzen. Genau da werden sich die vagen Zielsetzungen rächen. Denn sie bergen das Risiko, dass am Ende nicht die Ökosysteme geschützt werden, die wirklich schützenswert sind. Ein zu starker Fokus allein auf die Prozentwerte und deshalb Fläche, egal wo und egal wie, zu schützen, ist falsch.
Die Umsetzung ist der wohl größte Knackpunkt des 30-mal-30-Ziels. Auch hier müssen die Staaten gemeinschaftlich handeln. Es darf am Ende nicht dazu kommen, dass nur ein Teil der Länder die Zielsetzungen erfüllt, während sie von anderen Nationen nahezu ignoriert werden. Dann wäre das Abkommen der COP15 zwar immer noch historisch, aber wertlos.