Artemis 1: Was Sie über die krisengeplagte Mondmission wissen sollten
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Die SLS-Rakete, die das Raumschiff „Orion“ beherbergt, steht auf der Startrampe 39A des Kennedy Space Centers.
© Quelle: IMAGO/UPI Photo
Cape Canaveral. Nach monatelangen Verschiebungen ist die krisengeplagte Nasa-Mondmission „Artemis 1″ am Mittwoch zu einem ersten Teststart aufgebrochen. Mit der Rakete „Space Launch System“ startete die unbemannte Kapsel „Orion“ vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida, wie auf Live-Bildern der US-Raumfahrtbehörde Nasa zu sehen war. Rund drei Wochen lang soll „Orion“ in einer Umlaufbahn um den Mond herum unterwegs sein, bevor die Kapsel am 11. Dezember zurück auf der Erde erwartet wird.
Die Mission stand bislang unter keinem guten Stern: Nach Verzögerungen und Kostenexplosionen bei Entwicklung und Bau musste der erste Teststart bereits zahlreiche Male verschoben werden - unter anderem wegen zwei aufeinanderfolgender Stürme und verschiedener technischer Probleme.
Artemis-1 hier im Livestream verfolgen
Mond-Mission: „Orion“ fliegt mit deutscher Ingenieurskunst
Artemis 1 ist auch nur ein erster Schritt auf dem Weg zurück zum Mond. Die Mission soll maximal 42 Tage dauern. Mehrere Wochen soll das Raumschiff „Orion“ den Mond umkreisen, zur Erde zurückkehren und schließlich vor der Küste von San Diego im Wasser landen. Es handelt sich um einen unbemannten Testflug, das heißt, an Bord sind keine Menschen – anders als bei den vorherigen Apollo-Missionen. Lediglich Helga und Zohar, zwei blaue Strahlenmesspuppen des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR), werden am Flug teilnehmen. Zudem gibt es zahlreiche Messinstrumente, wissenschaftliche Experimente und Erinnerungsstücke, die zum Mond reisen sollen.
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Angetrieben wird die „Orion“-Kapsel vom sogenannten European-Service-Modul, kurz ESM, gebaut in Deutschland. „Das ist ein beispielloser Vertrauensbeweis der Nasa in die Fähigkeiten unserer Industrie und Deutschland als Partner“, sagte Walther Pelzer, Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur. Das etwa 15 Tonnen schwere ESM beinhaltet das Haupttriebwerk und liefert über vier Solarsegel den Strom für das Raumschiff. Außerdem reguliert es das Klima und die Temperatur der Kapsel und lagert Treibstoff, Sauerstoff und Wasservorräte für die zukünftige Crew.
Ende 2023 sollen Astronauten an Bord mitfliegen
Gleich sechs dieser Module hat die Nasa bei der Europäischen Weltraumagentur (Esa) bestellt. Denn weitere Mondmissionen sollen folgen: Ende 2023 ist die zweite Artemis-Mission geplant – dann erstmals mit echten Astronautinnen und Astronauten an Bord. Bei der dritten Mission, Artemis 3, sollen dann endlich wieder Menschen auf dem Mond landen – darunter erstmals eine Frau und ein nicht weißer Astronaut. Zukünftig könnte die Reise zum Mond auch mit einem Zwischenstopp verbunden sein: Geplant ist, eine Raumstation im Mondorbit aufzubauen, das sogenannte Lunar Gateway.
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Das European-Service-Modul wiegt beim Start etwa 15 Tonnen und ist der Hauptantrieb des Raumschiffs „Orion“.
© Quelle: Frank Thomas Koch/Airbus/Flickr/veröffentlicht unter CC BY-NC-ND 2.0
„An alle, die auf den Mond blicken und von dem Tag träumen, an dem die Menschheit auf die Mondoberfläche zurückkehrt – Leute, wir gehen zurück!“, verkündete Nasa-Chef Nelson Anfang August stolz bei einer Pressekonferenz zur Mondmission. „Diese Reise – unsere Reise – beginnt mit Artemis 1.“ Für ihn ist die Mission erst der Anfang. Sie ebnet in seinen Augen nicht nur den Weg zurück zum Mond, sondern auch für zukünftige Missionen zum Mars. „Artemis 1 zeigt, dass wir große Dinge tun können. Große Dinge, die Menschen vereinen; Dinge, die der Menschheit nützen. Dinge wie Apollo, die die Welt inspirieren.“
Mission steht unter keinem guten Stern
Die pathetischen Worte mögen nachvollziehbar sein. Doch in der Realität mussten sich Weltraumfans erst einmal gedulden. Die Artemis-1-Mission schien unter keinem guten Stern zu stehen. Nach dem misslungenen Startversuch Ende August wurde ein weiterer Versuch am 3. September nur wenige Stunden vor dem Start abgebrochen. In beiden Fällen spielten unter anderem ein Treibstoffleck eine Rolle.
„Die SLS-Rakete war von Anfang an eine Totgeburt“, sagte Martin Tajmar dazu. Der Professor für Raumfahrtsysteme an der Technischen Universität Dresden kritisierte vor allem die Entscheidung des US-Kongresses, die Rakete mit Komponenten zu bauen, die noch aus der SpaceShuttle-Ära stammen. So sollten Arbeitsplätze und die aufgebaute Infrastruktur erhalten werden. Die Mondrakete hat inzwischen den Spitznamen „Frankensteinrakete“ – in Anspielung auf die gleichnamige Romanfigur, die versucht, aus Leichenteilen einen Menschen zu erschaffen.
Den beiden nächsten Startversuchen machte dann allerdings nicht die Technik, sondern das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Erst brachte Hurrikan „Ian“, dann Hurrikan „Nicole“ den Zeitplan durcheinander.
Neue Rakete, neues Raumschiff, neue Rekorde
Nun, da sie endlich auf dem Weg zum Mond ist, könnte die Artemis‑1-Mission jedoch gleich mehrere Rekorde brechen. Das Raumschiff Orion wird an der Spitze der stärksten Rakete der Welt ins All starten. Mit dieser soll „Orion“ weiter fliegen als jedes für den Menschen gebaute Raumschiff zuvor. Die Kapsel wird sich während der Mission maximal 450.000 Kilometer von der Erde entfernen, und soll dabei länger im Weltraum bleiben als alle ihre Vorgänger, ohne an eine Raumstation anzudocken.
Am Mond angekommen, soll sich „Orion“ auf etwa 97 Kilometer dem Himmelskörper nähern und dann seine Schwerkraft nutzen. So gelangt das Raumschiff in eine rückläufige Umlaufbahn, die rund 64.000 Kilometer am Erdtrabanten vorbeiführt. Diese Entfernung würde 48.000 Kilometer über dem bisherigen Rekord von Apollo 13 liegen und wäre damit die weiteste Entfernung, die ein für Menschen gebautes Raumschiff im Weltraum zurückgelegt hat.
Auch „Orions“ Rückflug ist rekordverdächtig: Das Raumschiff soll schneller und heißer als je zuvor zur Erde zurückkehren. Anvisiert ist eine Geschwindigkeit von fast 40.000 Kilometern pro Stunde und Temperaturen von bis zu 2800 Grad Celsius.
Noch ist nicht bekannt, welche Astronautinnen und Astronauten an den kommenden Artemis-Missionen teilnehmen werden. Es sei jedoch an der Zeit, dass mehr Menschen die Gelegenheit bekommen, vom Mond aus auf die Erde zu blicken und den Himmelskörper zu erkunden, meint ESA-Astronaut Alexander Gerst. „Unser kosmisches Umfeld zu verstehen, wird eines Tages überlebenswichtig für unsere Spezies sein.“
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