Wie Rheinmetall den Krieg für Eigenwerbung nutzt
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EinSoldat steht neben einem Kampfpanzer Panther KF51 des Rüstungskonzerns Rheinmetall bei einer Führung durch das Rheinmetall-Werk Unterlüß anlässlich der Sommerreise des niedersächischen Wirtschaftsministers.
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa
Hinter Rheinmetall-Chef Armin Papperger liegt ein Wochenende, das kaum besser hätte laufen können: Sein Konzern steige in den Dax auf, erklärte zunächst die Deutsche Börse. Danach prägte Papperger die Schlagzeilen, weil er den Bau einer Panzerfabrik in der Ukraine erwägt. Und kurze Zeit später kündigte der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew an, das neue Werk bombardieren zu wollen – was Rheinmetall noch einmal zusätzliche Aufmerksamkeit einbrachte.
Die generiert Papperger wie kein zweiter Rüstungsmanager in Deutschland: Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine zieht der Rheinmetall-Chef von Interview zu Interview. In denen erzählt Papperger, welche Waffensysteme er an die Ukraine liefern könnte, dass die Rüstungsausgaben trotz 100 Milliarden Euro schwerem Sondervermögen zu gering seien und dass man sich bei Rheinmetall eher als „Krisenhelfer“ denn als „Krisengewinner“ sehe, wie er der „Süddeutschen Zeitung“ sagte.
Kursfeuerwerk an der Börse
Der russische Angriff auf die Ukraine, die Waffenlieferungen und die Zeitenwende in Deutschland haben in der Bilanz von Rheinmetall aber zweifellos Spuren hinterlassen, schließlich liefert Rheinmetall allerlei Waffensysteme nach Osten. Obwohl die Automobilsparte schwächelte, erwartet der Konzern für 2022 einen Rekordgewinn. „Angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage werden wir in den kommenden Monaten und Jahren mit unseren Produkten in vielen Ländern zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit beitragen“, sagte Papperger im Januar über die Zukunftsaussichten.
Die Finanzmärkte haben all das mit einem Kursfeuerwerk quittiert: Von 95 auf 258 Euro legte das Papier von Rheinmetall seit dem russischen Angriff auf die Ukraine zu. Man gehört nun zu den 40 wertvollsten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, was am 20. März automatisch den Aufstieg in die erste Börsenliga mit sich bringt. Im Dax verdrängt Rheinmetall die schon länger kriselnde Fresenius-Dialysetochter, obgleich Fresenius Medical Care immer noch gut viermal so viele Mitarbeiter hat und mehr als doppelt so viel Umsatz wie Rheinmetall generiert.
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Rheinmetall auf Standortsuche: Werden Kampfjetteile bald in Sachsen hergestellt?
Der Waffenhersteller Rheinmetall will Teile für den US-Kampfjet F-35 in Deutschland fertigen – und dafür ist jetzt ein Standort in Sachsen im Gespräch. Die Entscheidung soll bis Mai fallen. Wie ernsthaft ist das Interesse?
Doch Rheinmetall mit seinen 29.500 Mitarbeitern, davon 15.000 in Deutschland, gehört eben zur Rüstungsbranche. Und der prognostizieren Analysten einen „Superzyklus“, seit der russische Angriff auf die Ukraine die globale Sicherheitsarchitektur erschüttert. Von der sich nun drehenden Aufrüstungsspirale will Papperger profitieren, nicht zuletzt mit dem im vergangenen Jahr vorgestellten KF51 Panther: Den Kampfpanzer bewirbt Rheinmetall großspurig als „Gamechanger auf dem Gefechtsfeld der Zukunft“.
Was wird aus der Panzerfabrik in der Ukraine?
Für die Bundeswehr, die andere Pläne für den Nachfolger des Leopards 2 hat, ist der Panther indes weniger bestimmt als für den Export. Und der erste Panther-Deal könnte nun mit der Ukraine klappen: Geht es nach Papperger, steht das Geschäft mit der dortigen Regierung womöglich in zwei Monaten, wie er jüngst der „Rheinischen Post“ sagte. In einem 200 Millionen Euro teuren Werk sollen ab 2025 Panther-Panzer in der Ukraine produziert werden.
Darüber hinaus sind kaum Details bekannt – außer, dass Papperger erklärte, die Fabrik vor russischen Bombardements schützen zu können. Für manchen Fachmann klang das ein wenig nach Werbung für moderne Flugabwehrgeschütze, die Rheinmetall ebenfalls im Angebot hat.
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Linkspartei nennt Plan „wahnwitzig“
Kritik an den Plänen kommt von der Linkspartei: Wahnwitzig sei es, dass Rheinmetall nun offenbar mit jahrelangem Abnutzungskrieg kalkuliere, sagte der Co-Vorsitzende Martin Schirdewan dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Besonders perfide sei, dass die Idee für die Fabrik offenbar von Rheinmetall selbst komme. „Die sind seit Ausbruch des Kriegs die großen Gewinner der Krise und können offensichtlich den Hals nicht vollkriegen“, kritisierte Schirdewan.
„Die zentrale Frage ist, wer für die neue Fabrik bezahlt“, gab außerdem Schirdewans Parteikollege Jan van Aken zu bedenken. Er saß lange für die Linkspartei im Bundestag, galt als einer der profiliertesten Fachmänner für Rüstungsexporte – und fragt sich nun, wie die wegen des Kriegs verarmte Ukraine die Panzer finanzieren will: Ein Panther kostet Medienberichten zufolge etwa 16 Millionen Euro, Papperger will jährlich bis zu 400 Stück in der Ukraine fertigen.
Bekommt Rheinmetall die nötigen Genehmigungen?
Ob die Fabrik in der Ukraine wirklich kommt, ist noch aus anderen Gründen unklar: Zweifelsohne brauche Rheinmetall verschiedene Exportgenehmigungen für das Vorhaben, meint der Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz. Die Genehmigungen müsste die Bundesregierung erteilen. Ob es Gespräche oder gar Voranfragen gebe, wollten Bundesregierung und Wirtschaftsministerium bis Dienstag aber nicht beantworten.
Zudem hat Lurz Zweifel, ob Rheinmetall den angepeilten Zeitplan einhalten kann, schließlich existiert vom Panther bislang nur ein Prototyp. „Normalerweise vergehen zwischen Prototyp und Serienproduktion mehrere Jahre“, sagt der Fachmann. „Das scheint mir eher ein PR-Coup von Rheinmetall zu sein, um den neuen Panzer zu vermarkten“, meint Lurz denn auch zur Pantherfabrik in der Ukraine – und verweist auf „das offensive Marketing des Konzerns, das sich seit einem Jahr beobachten lässt“.