EEG-Umlage: Beschlüsse stoßen auf wenig Begeisterung
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Bei der Windenergie soll 2022 der Ausbau von 2,9 Gigawatt auf vier Gigawatt erhöht werden.
© Quelle: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dp
Frankfurt am Main. Carsten Körnig bemühte am Freitagmorgen das Bild von einem „verheerenden Waldbrand“, der sich mit einem Feuerlöscher nicht bekämpfen lasse. Der Hauptgeschäftsführer des Solarverbandes BSW wollte damit die Wirkung der Beschlüsse von Rot-Schwarz in Relation zum drohenden „Klimakollaps“ beschreiben. Dieser lasse sich nicht mit vier Gigawatt mehr verhindern.
Um rund vier Gigawatt auf sechs Gigawatt (das entspricht etwa fünf Kernkraftwerken) soll im nächsten Jahr die Kapazität von Photovoltaikanlagen hierzulande aufgestockt werden. Körnig macht darauf aufmerksam, dass zum Erreichen des gerade beschlossenen neuen Klimaziels der EU es aber nötig wäre, die hierzulande installierte Leistung bis 2030 auf mehr als 200 Gigawatt zu erweitern.
Planungs- und Genehmigungsverfahren lähmen die Energiewende
Dies erfordere einen Ausbau von bis zu 15 Gigawatt jährlich und nicht einmalig vier Gigawatt. „Die geplanten Sonderausschreibungen entsprechen einer homöopathischen Dosis, mit der man gegen den Klimawandel nichts ausrichten kann“, so Körnig. Der BSW-Funktionär erinnert daran, dass die Regierungsfraktionen eigentlich schon im ersten Quartal 2021 einen weitergehenden Ausbaupfad der Erneuerbaren definieren wollten, der kompatibel mit den EU-Vorgaben sei. „Das jüngste Vorhaben der Regierungsfraktionen entspricht nicht ansatzweise den erst vor wenigen Wochen selbst gesteckten Zielen“, so Körnig.
Bei der Windenergie soll 2022 der Ausbau von 2,9 Gigawatt auf vier Gigawatt erhöht werden. Das wirkt zwar zunächst erreichbar. Doch Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Energiedachverbandes BDEW, macht darauf aufmerksam, dass „erhöhte Ausschreibungsvolumina nur Sinn ergeben, wenn ausreichend Flächen für neue Anlagen zur Verfügung stehen“. Dazu müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht und das Natur- und Artenschutzrecht angepasst werden. An diesen Themen arbeiten sich die Bundesregierung und die Länder seit geraumer Zeit ab. Beim Artenschutz bremsen vor allem einige Ministerpräsidenten.
Stromkunden werden entlastet
Und Andreae macht ebenso wie Körnig darauf aufmerksam, dass Ausbaupfade angepasst werden müssen – gemeint ist ein Plan, wie bis 2030 erheblich mehr Anlagen als in den vergangenen Jahren ans Netz gehen. So zeichnet sich denn auch schon ab, dass in diesem Jahr der deutsche CO₂-Ausstoß höher als 2020 ausfallen wird. Das hat mit ungünstigem Wetter (deutlich weniger Wind im ersten Quartal), mehr industrieller Produktion, aber auch einem langsamen Ausbau der Erneuerbaren zu tun.
Beim Thema Ökostromumlage spricht Andreae zwar immerhin von einer „wichtigen Entlastung für die Haushalte“. Dieses Jahr zahlen die Stromkunden mit jeder verbrauchten Kilowattstunde 6,5 Cent für die Förderung der Erneuerbaren. Für 2022 sind 6 Cent geplant. In den Jahren danach soll die Abgabe auf weniger als 5 Cent gedrückt werden. Schwarz-Rot will, dass das Geld dafür unter anderem aus den Einnahmen des Handels mit CO₂-Emissionszertifikaten kommt.
Umlage macht Hälfte des Strompreises aus
Die BDEW-Geschäftsführerin macht aber darauf aufmerksam, dass die Umlage noch stärker sinken müsse. Schließlich sei die Steuer- und Abgabenlast beim Strom „einfach zu hoch“. Derzeit machen diese Posten mehr als die Hälfte des Strompreises aus. Schon länger liegen Konzepte von Wissenschaftlern vor, die unter anderem vorschlagen, die Ökostromumlage und andere Abgaben sogar komplett zu streichen und das Geld dafür aus dem Bundeshaushalt abzuzweigen.
Andreae jedenfalls macht sich für die nächste Legislaturperiode für eine grundlegende Reform der gesamten „Steuerabgaben und Umlagensystematik“ stark. Das Ziel: Strom soll etwa für die Elektromobilität wettbewerbsfähiger gegenüber fossilen Energieträgern wie Heizöl, Benzin und Diesel werden. Auch hier liegen längst Konzepte vor, die beispielsweise fordern, Sprit mit deutlich höheren CO₂-Preisen zu belegen.
Grünen-Fraktion ist enttäuscht
Matthias Miersch, Fraktionsvize der SPD, betonte: Hinsichtlich längerfristiger Festlegungen zu den Ausbaupfaden seien die Meinungen zu weit auseinander gegangen. „Ich bin froh, dass es uns dennoch gelungen ist, für die nahe Zukunft wichtige Impulse für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren zu setzen.“ Für Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist sichergestellt, „dass die neue Bundesregierung da weitermachen kann, wo die derzeitige Koalition den Staffelstab übergeben hat“.
Oliver Krischer und Julia Verlinden von der Grünen-Fraktion erklärten: Schwarz-Rot bleibe erneut weit hinter dem Möglichen und Nötigen in Sachen Energiewende zurück. „Wirksamer Klimaschutz und moderne Energiepolitik kommen mit dieser Regierung nach wie vor nicht annähernd schnell genug voran.“