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VfL WOLFSBURG 2023

VfL Wolfsburg: Der Weg zurück nach vorn

VfL Wolfsburg: Der Weg zurück nach vorn

Dank Bessermacher Niko Kovac ist der VfL Wolfsburg vorm Start in die in einer guten Ausgangslage. Bundesliga-Rückrunde Der Trainer entwickelt Spieler - und seinen Klub zur Mannschaft der Stunde.

WOLFSBURG. Plötzlich läuft es. Der VfL Wolfsburg reitet auf der Welle des Erfolgs, eilt von Sieg zu Sieg (sechs in Folge), bezirzt mit Power-Angriffsfußball und rockt die Liga. 6:0 gegen Freiburg, 5:0 bei der Alten Dame" Hertha - das Team von Niko Kovac ist zu Beginn der Rückrunde die Mannschaft der Stunde der Fußball-Bundesliga. Damit war in der Anfangsphase der Saison nicht zu rechnen.

Im September letzten Jahres war das Grummeln im Klub so deutlich zu vernehmen, dass Zweifel angebracht waren, ob das Projekt mit dem selbstbewussten und kernigen Kroaten auch gelingen könnte. Die Niedersachsen standen auf Platz 17, in der Kabine herrschte Unruhe, die Personalie des exzentrischen Max Kruse überschattete das Tagesgeschäft und Kovac ließ nach der 0:2-Niederlage bei Union Berlin verlauten, dass ihm Führungsspieler fehlen würden. Echte Kerle, Fußball-Krieger.

Beim VfL hieß es dagegen, Kovac solle die Spieler, die er hat, besser machen. Dafür habe man ihn ja schließlich geholt. Die ganze Sache drohte zu kippen.

Stuttgart als Befreiungsschlag

Dann kam Stuttgart. Kovac zauberte Yannick Gerhardt in die Stammelf, einen Spieler, der ständig unter dem Radar flog und den niemand auf der Rechnung hatte. Der 3:2-LastMinute-Sieg war der erhoffte ,,Befreiungsschlag" (Sportdirektor Marcel Schäfer), Gerhardt wurde zum Spielhelden, weil er das entscheidende Tor schoss. Der 2:1-Pokalsieg im Derby bei Eintracht Braunschweig war schließlich der emotionale Dosenöffner. Plötzlich waren der Glaube und die Überzeugung" (Kovac) in der Mannschaft da, dass sich die ganze Schinderei im Training lohnt. Die Erfolgsgeschichte war nicht mehr zu stoppen. Und Kovac gelang das, wofür ihn die Wolfsburger auch geholt hatten: Er wurde zum Bessermacher. 

Bereits bei seiner Station Frankfurt gelang ihm das vorzüglich. Als er 2016 die Eintracht übernahm, fand er eine Mannschaft vor, die am Boden lag. Er formte daraus ein echtes Team, das für ihn durchs Feuer ging. Seine Büffelherde mit Ante Rebic, Sebastian Haller und Luka Jovic überrannte die Gegner, die Hessen waren plötzlich nicht nur Pokalsieger, sondern auch schuldenfrei. Das Trio, das insgesamt zehn Millionen Euro kostete, wurde für 150 Millionen Euro verkauft. In Frankfurt heißt es: Ohne Kovac stünde die Eintracht nicht da, wo sie heute steht.

Die Formanstiege sind mitunter rasant

Auch in Monaco, wo längst nicht alles glatt lief, zeigte Kovac Qualitäten als Spieler-Entwickler. Bestes Beispiel: Mittelfeldmann Aurélien Tchouameni, den er vom Bankdrücker zum Stammspieler machte und der schließlich für Frankreich bei der WM spielte, nachdem ihn Real Madrid für sagenhafte 80 Millionen Euro verpflichtet hatte. Die Formanstiege unter Kovac sind mitunter rasant - und beeindruckend.


"Ich will ein Sieger sein. Gewinnen macht mehr Spaß als verlieren."

Niko Kovac, VfL-Trainer

Das scheint ihm nun auch beim VfL zu gelingen. Micky van de Ven, der für drei Millionen Euro vom holländischen Zweitligisten FC Volendam kam und ein Jahr lang auf der Bank schmorte, ist der Senkrechtstarter der Liga. Marktwert: 20 Millionen Euro. Patrick Wimmer von Absteiger Arminia Bielefeld kostete sechs Millionen Euro und dürfte unter 18 Millionen Euro nicht mehr zu haben sein. Und wenn Jonas Wind so weiter wirbelt und weiter trifft, ist es nur eine Frage der Zeit, wann einer der ganz großen Klubs aus England oder Spanien beim VfL anklopft, um den Dänen für so viel Kohle zu verpflichten, dass den Bossen in den Allerwiesen die Argumente ausgehen.

Das alles sorgt nicht nur für sportlichen Erfolg, sondern auch dafür, dass der VfL auf den Weg zurück findet, den er in der Vorsaison verlassen zu haben schien: Gute, junge Fußballer zu Top-Spielern formen, die sportlich wie wirtschaftlich für Erfolg sorgen. So waren Marcel Schäfer und Jörg Schmadtke 2018 angetreten, so soll es jetzt auch ohne Schmadtke weitergehen. Der VfL ist auf dem Weg zurück nach vorn.

Kovac will Titel gewinnen

Wo das alles enden soll, ist für Bessermacher Kovac klar. Er will Titel" gewinnen. „Dafür sind wir nach Wolfsburg gekommen", sagt er wie selbstverständlich. Er hat einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Ohne Ausstiegsklausel, ohne Hintertürchen, wie die AZ/WAZ herausfand. Wolfsburg ist für ihn keine Übergangsstation, es ist ein Projekt, dem er sich vollumfänglich verschrieben hat. Er hat auch eine Meisterprämie von geschätzten 250.000 Euro vereinbart. Das ist nicht ungewöhnlich in diesem Geschäft. Aber es zeigt, dass er es ernst meint. Er sagt: ,,Ich will immer gewinnen, ob beim Tischtennis oder Golfspielen. Ich will ein Sieger sein. Gewinnen macht mehr Spaß als verlieren."

Seiner Mannschaft hat er das "Sieger-Gen" mittlerweile eingepflanzt. Elf Spiele ist das Team um den vorzüglichen Kapitän Maximilian Arnold (,,Ich bin stolz, Kapitän dieser Jungs zu sein") ungeschlagen, ein Ende der Erfolgsgeschichte ist nicht zu erkennen. Vielleicht wird es mal wieder eine Niederlage geben, vielleicht am 5. Februar, wenn der Münchner Rekordmeister in die VW-Arena kommt. Aber nur vielleicht. Denn in der aktuellen Verfassung ist der Mannschaft um Bessermacher Kovac alles zuzutrauen. THOMAS GASSMANN