Embolo unter Verdacht: Kein Grund für Bundesliga-Sippenhaft
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Breel Embolo.
© Quelle: imago images/Revierfoto
Es ist ein einfacher Reflex, im Angesicht von Lockdown-Verschärfungen nach einer Unterbrechung des Spielbetriebs der Fußball-Bundesliga zu rufen. Warum dürfen die Fußball-Millionäre weiterkicken, wenn sich alle anderen einschränken müssen? Dass sich die verzogenen Profis nicht benehmen können, beweist doch einmal mehr der Fall Embolo.
Möglicherweise spricht aus einer derartigen Verknappung auch eine Menge Frust auf die fürstlich bezahlte Branche der Profikicker, die viel von ihrer Akzeptanz bei den Zuschauern mit ihren Extravaganzen, Eitelkeiten, Abgehobenheiten und Skandalen in den vergangenen Jahren verspielt haben. Und auch wenn der Fall einigermaßen diffus wirkt und verschiedene Aussagen nebeneinander stehen, erweist ein Skandal wie der um den Mönchengladbacher Stürmer Breel Embolo, der unter Verdacht steht, an einer illegalen Party teilgenommen zu haben, der ganzen Branche einen Bärendienst.
Denn klar ist: Der Profisport nimmt in dieser Zeit eine Sonderrolle ein. Der Profifußball strahlt wegen seiner gesellschaftlichen Bedeutung dabei wie immer am hellsten. Oder eben gar nicht, wenn sich einer der Stars danebenbenimmt. Wie lange der Profifußball seine Sonderrolle noch einnehmen darf, während den Stars nacheifernde Kinder auf unabsehbare Zeit nicht mehr gemeinsam dem Ball nachjagen dürfen, hängt deswegen maßgeblich vom Verhalten der Protagonisten aus der Blase Bundesliga ab.
Schießt dort einer quer, schadet er auch seinen Kollegen aus anderen Sportarten, die weit weniger verdienen und noch weit mehr auf die Austragung von Wettbewerben angewiesen sind. Die Verantwortung, die auf Profis, Trainern und dem ihnen zuarbeitenden Umfeld liegt, ist groß.
Bis auf unangenehme Ausfälle Einzelner ist das System Bundesliga mit dieser Verantwortung bisher gut umgegangen. Nur noch mal zur Erinnerung: Es war das im deutschen Fußball unter großem wirtschaftlichen Druck entstandene und immer wieder an neue Entwicklungen angepasste Hygienekonzept, das im vergangenen Jahr für große Teile des Sports über den Fußball hinaus den Neustart ermöglicht hat. Probleme gab es vor allem dann, wenn die Spieler der Klubs von Länderspielreisen zurückkehrten. Dass Sportevents in diesen Zeiten sogar ins Absurde abgleiten können, beweist die gerade in Ägypten mehr schlecht als recht ausgetragene Handball-WM.
Dafür kann aber die Fußball-Bundesliga nichts. Dass ein Lockdown im Amateursport nicht gegen die Erlaubnis, dass Profis hierzulande weiterhin gegeneinander antreten dürfen, aufgerechnet werden kann, versteht sich zudem von selbst. Wenn die finanziellen und logistischen Möglichkeiten da sind und – am allerwichtigsten – für den Schutz der Gesundheit gesorgt ist, warum dann die Blase Bundesliga aus Prinzipienreiterei einstellen?
Das würde außerdem einen ganzen Rattenschwanz nach sich ziehen. Denn natürlich müssten dann auch alle anderen Ligen und Wettbewerbe, die unter dem gemeinsamen Banner des Profisports irgendwie in diesen Zeiten ihren Spiel- und Wettkampfbetrieb aufrechterhalten, eingestellt werden. Heißt: Keine Basketball-Bundesliga, keine Deutsche Eishockey Liga, kein Biathlon in Oberhof, keine vorbereitenden Wettkämpfe auf die – zugegeben recht wackligen – Olympischen Spiele im Sommer in Tokio.
Heißt außerdem: keine aktiv zu bewundernden Vorbilder mehr für diejenigen, die aktuell aus guten Gründen ihren Sport nicht ausüben dürfen, noch weniger Möglichkeiten zur Zerstreuung für die Millionen von Sportfans, die im derzeitigen Lockdown zumindest noch auf Sport im Fernsehen setzen können.
Natürlich besitzt die Bundesliga wie der Profisport im Allgemeinen deshalb keinen Freifahrtschein für alle Zeiten. Es wird, solange die Pandemie große Teile unseres Lebens beeinflusst, weiter auf Sicht geplant werden müssen. Wenn es aus Gründen des Gesundheitsschutzes notwendig ist, wird auch der Profisport wieder einen Lockdown verkraften müssen.
Ein Embolo jedoch verdient eine harte persönliche Strafe, wenn sich die Vorwürfe gegen ihn bestätigen. Die Bundesliga hingegen sollte nicht für die Verantwortungslosigkeiten Einzelner in Sippenhaft genommen werden.