Ex-Häftlinge auf der Flucht

Bewaffnete Wagner-Söldner fliehen aus Ausbildungszentrum – Warnung an die Bevölkerung

Ein gemeinsames Training russischer und belarussischer Soldaten in einem Ausbildungszentrum.

Ein gemeinsames Training russischer und belarussischer Soldaten in einem Ausbildungszentrum.

Im Osten der Ukraine sind sechs bewaffnete Söldner der russischen Wagner-Privatarmee aus einem Ausbildungszentrum geflohen. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend, darunter der russische TV-Sender Tsargrad. Demnach waren die sechs Söldner zuvor aus russischen Gefängnissen rekrutiert worden, um in der Region Luhansk im Osten der Ukraine trainiert und dann für Russland an die Front geschickt zu werden. Im Gegenzug sollte ihre Haftstrafe aufgehoben werden.

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Mit Plakaten in Cafés und Restaurants wird nun nach den sechs geflohenen Söldnern gefahndet. Es soll sich um drei Staatsbürger Usbekistans, einen aus Russland, einen aus Belarus und einen Bürger aus Kirgisistan handeln. Sie waren Berichten zufolge wegen Drogenbesitzes verhaftet worden. Für Russland in den Krieg ziehen und gegen die Ukraine kämpfen wollten die sechs aber offenbar nicht. „Sie unterschrieben die Söldner-Verträge, um bei der ersten Gelegenheit mit ihren Waffen zu fliehen“, berichtete Tsargrad.

In russischen Medien geht man davon aus, dass sich die flüchtigen Häftlinge in der russischen Region Rostow südlich von Luhansk aufhalten. „Alle sechs Kämpfer sind bewaffnet und stellen eine Gefahr für die lokale Bevölkerung dar“, warnte Tsargrad. Die Bewohnerinnen und Bewohner im Donbass sollen wachsam sein und besonders auf Menschen in militärischen Tarnuniformen achten.

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Wagner-Finanzier Jewgeni Prigoschin, einer der engsten Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, versuchte unterdessen, den Vorfall herunterzuspielen. Die Situation am 31. Dezember habe er unter Kontrolle, schrieb er im offiziellen Telegram-Kanal. Er wisse viel mehr über die aktuelle Situation als in den Medien steht, erklärte er auf Nachfrage der Presse. Der Sicherheitsdienst seiner Wagner-Gruppe, die russische Nationalgarde sowie die Polizei würden längst damit beschäftigt sein, mehrere bewaffnete Personen aufzuspüren. „An den Frontlinien in Luhansk und Donezk und auf dem Territorium Russlands halten sich eine Menge Schurken auf, von denen sie [die russischen Bürger, Anm. d. Red.] nichts zu wissen brauchen. Schlafen Sie also gut.“

Ukrainische Soldaten feiern Silvester an der Frontlinie

Für die ukrainischen Truppen ist es ein Neujahr, das besonders für sie vom Geschehen im Krieg dominiert wird.

Die Privatarmee Wagner rekrutiert bereits seit Monaten Gefängnisinsassen für den Krieg in der Ukraine. In einem Video aus dem September ist Prigoschin auf dem Innenhof einer russischen Haftanstalt zu sehen, wie er den Häftlingen ein Angebot unterbreitet. Sie haben „fünf Minuten“ Zeit, sich zu entscheiden – die Erlassung der restlichen Haftstrafe für den Kriegseinsatz in der Ukraine. Perspektivlosen Gefangenen scheint das ein Ausweg aus dem Gefängnis zu sein: „Ich muss noch 11 Jahre im Gefängnis absitzen. Entweder ich sterbe in diesem Drecksloch oder im Krieg“, zitiert der britische „Guardian“ einen Häftling. „Wir alle vergleichen es mit russischem Roulette.“ Nach sechs Monaten im Kampf winkt die Begnadigung und 100.000 Rubel als monatlicher Sold, lautete das Versprechen.

Wie viele Söldner die Wagner-Gruppe in Gefängnissen rekrutiert haben, ist unklar. Nach Schätzungen von NGOs waren es bis September bereits mehr als 10.000 Gefangene, so der „Guardian“. Die US-Regierung geht inzwischen von einer noch höheren Zahl aus. Am 23. Dezember sagte der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, John Kirby, man gehe von derzeit 50.000 Söldnern in der Ukraine aus, darunter 40.000 ehemalige Strafgefangene. Allein in den vergangenen Wochen seien etwa 1000 Wagner-Kämpfer bei Gefechten getötet worden. Prigoschin drehe die Menschen in der Ukraine „buchstäblich durch den Fleischwolf“, so Kirby. Er nehme keine Rücksicht auf Menschenleben, schon gar nicht auf ukrainische.

Die schlecht ausgebildeten Wagner-Söldner gelten nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes als Kanonenfutter für Russland. Oft erhalten sie über ein Handy Befehle, wo sie zu welchem Zeitpunkt hinkommen und angreifen sollen. Befolgen sie die Anweisungen nicht, droht ihnen die „standesrechtliche Hinrichtung“. Für den Vormarsch erhielten sie zwar Feuerschutz, aber selten gepanzerte Fahrzeuge.

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Die Kommandeure würden aus sicheren Stellungen die Befehle erteilen und mittels Drohnenbildern über die Situation aufgeklärt. „Diese brutalen Taktiken zielen darauf ab, Wagners seltene Reserven an erfahrenen Kommandanten und gepanzerten Fahrzeugen auf Kosten der leichter verfügbaren Sträflingsrekruten zu erhalten, die die Organisation als entbehrlich einschätzt“, so der britische Geheimdienst.

Die Söldnergruppe Wagner spielt unter anderem bei den seit Monaten anhaltenden Kämpfen um die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine eine zentrale Rolle. Dort gebe es laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kaum noch Zivilisten. „Im vergangenen Jahr lebten dort 70.000 Menschen. Jetzt sind nur noch ein paar Zivilisten geblieben“, sagte Selenskyj auf Facebook. Es gebe in der Stadt „keinen Ort“, der „nicht mit Blut bedeckt“ sei. Bachmut gilt als sogenannter Eckpfeiler der ukrainischen Frontlinien im Osten des Landes. Für die russischen Streitkräfte ist die Stadt ein Prestigeobjekt, das sie um jeden Preis erobern wollen. Die russischen Angriffe werden von Angehörigen der berüchtigten Söldnertruppe Wagner angeführt. Die russischen und die ukrainischen Streitkräfte berichten immer wieder von hohen Opferzahlen in den gegnerischen Reihen.

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