Aufarbeitung von Kindesmissbrauch: Mehr Staat wäre gut
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Im Jahr 2020 wurden fast 15.000 Kinder sexuell missbraucht.
© Quelle: Daniel Bockwoldt/dpa
Berlin. Zuletzt sind die an Kindern verübten Verbrechen gestiegen. 2020 kamen laut polizeilicher Kriminalstatistik 152 Kinder gewaltsam zu Tode. Die Zahl der misshandelten Kinder stieg um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und mit über 14.500 Fällen hat der Kindesmissbrauch um knapp 7 Prozent zugenommen.
Es sind bedrückende Zahlen. Parallel stieg die Verbreitung von Kinderpornografie um 53 Prozent sowie die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die selbst kinderpornografisches Material weiterverbreiteten, seit 2018 um mehr als das Fünffache.
Gründliche Aufarbeitung am Anfang
Vor diesem Hintergrund ist der Appell des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig, dass die Politik sich fokussierter um das Gesellschaftsproblem Kindesmissbrauch kümmern solle, gut zu verstehen. Am Anfang muss dafür eine gründliche und unabhängige Aufarbeitung stehen, um schützende Strukturen aufbauen zu können.
In den letzten Jahren ist einiges passiert. Dabei ging es etwa um die Verlängerung von Verjährungsfristen oder schärfere Strafen. Aber auch Rörigs Amt und die Arbeit der unabhängigen Aufarbeitungskommission wurden verstetigt – allerdings rechtlich unverbindlich. Die Ampelkoalition bleibt hier in ihrem Bündnisvertrag unklar.
Missbrauchsopfer an den Rand gedrängt
Dass mehr Staat gut täte, zeigen aktuell die Aufarbeitungsprozesse in den beiden großen christlichen Kirchen, aber auch in Sportverbänden oder in der Jugendhilfe. Es geht dabei häufig zuerst um den Schutz der Institution, dann erst um die Missbrauchsopfer. Dabei sind sie es, die vom Rand ins Zentrum der Aufarbeitung gerückt werden sollten. Erst durch die Betroffenen können anfällige Strukturen erkannt und gebannt werden.
Warum sich der Staat hierbei zurückhält, ist angesichts der erklärten Bestrebungen der meisten Parteien, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, kaum erklärlich.