Antrittsbesuch in Frankreich: Präsident Macron empfängt Bundeskanzler Scholz in Paris

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Bundeskanzler Olaf Scholz.

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Bundeskanzler Olaf Scholz.

Berlin/Paris/Brüssel. Zwei Tage nach seiner Vereidigung als Bundeskanzler ist Olaf Scholz zu seinem ersten Antrittsbesuch nach Paris gereist. Präsident Emmanuel Macron empfing den SPD-Politiker am Freitagnachmittag im Élysée Palast zu einem Gespräch unter vier Augen und einem Mittagessen. Anschließend wollte sich Scholz bei der Europäischen Union und bei der Nato in Brüssel vorstellen.

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Bei seinem Besuch betonte Scholz den Willen zur Zusammenarbeit: „Es geht darum, wie wir Europa stark machen können, die europäische Souveränität in all den Dimensionen, die dazu gehören. Da geht es um ökonomische Fragen, um Sicherheitsfragen und Fragen der Außenpolitik“, sagte er.

„Wichtig ist, dass wir da gleichgerichtet agieren, dass wir miteinander zusammenarbeiten“, so Scholz. „Und deshalb war das nicht nur ein freundschaftlicher Besuch, sondern einer, der schon gleich ganz konkret all die Themenfelder angesprochen hat, um die es gehen wird in der nächsten Zeit.“

Scholz hat Russland im Ukraine-Konflikt dazu aufgefordert, die Unverletzlichkeit der Grenzen zu respektieren. „Die Situation an der ukrainischen Grenze sehen wir alle mit Sorge“, sagte der SPD-Politiker am Freitag nach seinem Antrittsbesuch beim französischen Präsidenten in Paris. „Natürlich gibt es eine gemeinsame Klarheit darüber, dass die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa zu den Prinzipien gehört, die alle in Europa für gemeinsame Sicherheit akzeptieren müssen.“ Alle müssten wissen, dass diese Regel für alle gelte. „Es geht nicht nur um Macht, es geht auch um Prinzipien, die für alle miteinander verbindlich sind.“

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Scholz begrüßte, dass US-Präsident Joe Biden in dieser Woche mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gesprochen hat. „Und auch wir werden weiter unsere Aktivitäten entfalten, um sicherzustellen, dass die Ukraine eine gute Perspektive hat“, sagte der Bundeskanzler. Er verwies etwa auf das sogenannte Normandie-Format. Dabei vermitteln Deutschland und Frankreich zwischen der Ukraine und Russland im seit 2014 währenden Konflikt in der ukrainischen Industrieregion Donbass.

Noch immer keine Entscheidung zu diplomatischem Olympia-Boykott

Bundeskanzler Olaf Scholz hat noch keine Entscheidung über einen möglichen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking getroffen. „Was die Entwicklung der Olympischen Spiele betrifft, ist es in der Tat so, dass wir noch das Gespräch mit vielen anderen suchen, weil wir hier abgestimmt agieren wollen“, sagte der SPD-Politiker am Freitag. Dies sei auch gut so.

Macron verwies hingegen noch einmal auf seine Äußerungen vom Vortag. Er hatte da deutlich gemacht, dass er einen diplomatischen Boykott für nicht hilfreich hält.

Der Kanzler und seine zehnköpfige Delegation starteten am Vormittag mit dem Regierungs-Airbus „Theodor Heuss“ nach Paris. Scholz kennt den Flieger schon von seinen Reisen als Vizekanzler und Finanzminister. Schon vor seiner Wahl zum Kanzler hatte er angekündigt, dass seine erste Auslandsreise nach Paris zu Macron gehen würde. „Wir treffen uns, um eine gemeinsame Strategie mit Frankreich zu entwickeln“, sagte er vor seinem Abflug.

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Macron gratulierte auf Twitter

Macron hatte am Mittwoch in seiner Gratulation an Scholz auf Twitter ebenfalls die deutsch-französische Zusammenarbeit für Europa beschworen. „Das nächste Kapitel werden wir zusammen schreiben. Für die Franzosen, für die Deutschen, für die Europäer“, schrieb er. Frankreich übernimmt im Januar die EU-Ratspräsidentschaft.

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Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) besuchte Paris und Brüssel bereits am Donnerstag. Ein starkes Europa brauche starke deutsch-französische Impulse, sagte auch sie. 100 Prozent Harmonie gab es bei ihrer Visite aber nicht. Baerbock bekräftige ihre Ablehnung der französischen Pläne zur Einstufung von Atomkraft als „grüner“ Energie: „Dass wir zu der Frage Nuklear unterschiedliche Positionen haben, das ist ja bekannt“, sagte sie.

Scholz sagte zu der Frage, die Ansätze zur Bewältigung des Klimawandels seien überall auf der Welt unterschiedlich. Es gehe darum, „eine Kraft zu schaffen, die es möglich macht, jeweils unterschiedlich auf das gleiche Ziel zuzumarschieren, aber gleichzeitig auch etwas zu schaffen, auf das man sich miteinander verständigen kann“.

Die Aktivisten von Fridays for Future forderten Scholz dazu auf, sich in Paris klar gegen eine grüne Kennzeichnung von Atomkraft zu positionieren. „Die deutsch-französische Freundschaft darf nicht missbraucht werden, um fossiles Gas und strahlende Nuklearenergie für grün zu erklären“, sagte die Aktivistin Carla Reemtsma am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

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Der erste Antrittsbesuch von Kanzlern und Kanzlerinnen geht traditionell nach Frankreich. Gerhard Schröder war 1998 sogar schon vor seiner Wahl zum Regierungschef in Paris. 2005 flogen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr damaliger Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gemeinsam nach Paris und dann nach Brüssel.

Auch Baerbock ist im Ausland unterwegs

Diesmal ist Baerbock dem Regierungschef Scholz mit ihren Antrittsbesuchen einen Schritt voraus. Die Außenministerin ist am Freitag in Polen, dem zweitgrößten Nachbarland Deutschlands nach Frankreich. Scholz wird in Warschau erst am Sonntag erwartet.

Wie gut die Zusammenarbeit der beiden in der Außenpolitik funktionieren wird, ist eine der spannenden Fragen für die ersten Monate der ersten Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene. So fordert Baerbock einen härteren Kurs gegenüber China. Merkel hatte eher auf Dialog gesetzt, Scholz hat sich noch nicht klar positioniert. Vor allem die USA dringen darauf, dem „Systemrivalen“ China mit mehr Härte zu begegnen.

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Auch in der Russland-Politik gibt es Differenzen. Die Grünen lehnen die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland klar ab. Auch hier ist noch offen, wie Scholz sich verhält - gerade mit Blick auf den russischen Truppenaufmarsch in der Nähe der ukrainischen Grenze.

„Die Regierung arbeitet gemeinsam für unser Land, und wir werden auch gemeinsam agieren, auch in den Fragen der Außenpolitik oder der Europapolitik“, hat Scholz beteuert. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte zuvor mit der Äußerung, die deutsche Außenpolitik werde „insbesondere im Kanzleramt“ gesteuert, die Grünen gegen sich aufgebracht. Der Außenpolitiker Omid Nouripour wetterte gegen eine überkommene „Koch-Kellner-Logik“.

Scholz hat insgesamt Kontinuität in der deutschen Außenpolitik versprochen und das beim G20-Gipfel im Oktober zusammen mit Merkel auch demonstriert. Beide traten dort quasi als Doppelspitze auf und absolvierten die wichtigsten Termine unter anderem mit US-Präsident Joe Biden gemeinsam.

Schwierige Themen

Es gibt neben der Russland- und China-Politik aber weitere Felder, bei denen es schwierig werden könnte mit dem nahtlosen Übergang zwischen den beiden Regierungen. Dazu gehören zwei Themen, die Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei seinem Treffen mit Scholz ansprechen könnte. Das Ziel des Bündnisses, dass jeder Mitgliedstaat zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgibt, ist im Koalitionsvertrag nicht erwähnt. Und ein Bekenntnis zur Beteiligung Deutschlands an der nuklearen Abschreckung der Nato, also zur weiteren Stationierung von US-Atombomben in Deutschland, ist auch nicht enthalten. Bei beiden Themen sind nicht nur die Grünen, sondern auch Teile der SPD für eine Kurskorrektur.

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Scholz sollte in Brüssel auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel treffen. Dabei wird es auch um den Zusammenhalt des Staatenbundes gehen. Scholz wurde nicht von allen seinen Kolleginnen und Kollegen in den 26 anderen Mitgliedstaaten freundlich empfangen.

„Die neue linksliberale Regierung strebt weg von Kohls Europa der Vaterländer hin zu einer migrations- und genderfreundlichen, deutsch geprägten, zentralistischen Politik aus Brüssel. Hier stehen wir nicht mehr Seite an Seite“, schrieb der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban in einem Gastbeitrag für die „Bild“-Zeitung. In der nächsten Woche nimmt Scholz erstmals als Kanzler an einem EU-Gipfel teil.

RND/dpa

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