Flüge für Ortskräfte schon im Juni – doch die Ausreise scheiterte an Visastreitigkeiten
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Bereits vor dem Rückzug aus Afghanistan hatte die Bundesregierung Charterflüge für Ortskräfte geplant – die Operation scheiterte aber an Visastreitigkeiten.
© Quelle: Sac Samantha Holden Raf/PA Media
Berlin. Afghanische Ortskräfte und ihre Familien aus Masar-i-Scharif hätten bereits Ende Juni in Sicherheit gebracht werden können.
Die Bundeswehr hatte bereits vor ihrem Abzug aus Afghanistan Charterflüge für die Ausreise von Ortskräften organisiert. Das teilte das Verteidigungsministerium der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag nach einem entsprechenden Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ mit.
Die Flüge seien für den 25. Juni geplant gewesen - nur vier Tage vor dem Abzug der letzten deutschen Soldaten aus dem Camp Marmal in Masar-i-Scharif. Zu diesem Zeitpunkt habe man mit 60 verbliebenen Ortskräften plus Familienangehörigen gerechnet – insgesamt bis zu 300 Menschen hätten demnach ausgeflogen werden können.
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Plan scheiterte an Visa-Anforderungen
Der Plan scheiterte aber offenbar an Streitigkeiten um Pass- und Visa-Anforderungen. In einer Stellungnahme des Verteidigungsministerium heißt es: „Zu den geplanten Durchführungszeitpunkt konnten die Voraussetzungen wie Pass und Visa für die sichere Abfertigung der möglichen Passagiere vor Ort nicht mehr erfüllt werden.“
Und weiter: „Dies betraf insbesondere die Forderung nach eindeutiger Identifikation der Passagiere und einer Berechtigungsprüfung für eine Ausreise nach Deutschland noch vor dem Betreten des Flughafengeländes. Dies war zum damaligen Zeitpunkt auch durch das deutsche Einsatzkontingent nicht mehr leistbar.“
Bereits am 17. Juni sind zwei Maschinen spanischer Fluggesellschaften aus einem bestehenden Rahmenvertrag der Bundeswehr abgerufen worden, die bis 300 Personen vom nordafghanischen Masar-i-Scharif nach Deutschland hätten fliegen können.
Das Verteidigungsministerium behauptet, dass die Flüge nicht notwendig gewesen seien. Ein Teil der Ortskräfte habe zu diesem Zeitpunkt keinen Ausreisewunsch gehabt, so das Ministerium. Andere hätten bereits Tickets für Linienflüge gehabt. Für die verbleibenden fünf Ortskräften und ihre Angehörigen seien die Ticketkosten übernommen worden. Der Flughafen Kabul sei zudem bis Samstag noch in Normalbetrieb gewesen. Auch aus Masar-i-Scharif seien die Verbindungen ins Ausland erst vergangene Woche eingestellt worden.
Das Innenministerium steht derzeit ebenfalls in der Kritik. Erst vergangene Woche, als sich die Sicherheitslage in Afghanistan durch den Vormarsch der radikalislamischen Taliban bereits dramatisch zugespitzt hatte, hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) zugestimmt, dass afghanische Ortskräfte auch ohne Einreisepapiere nach Deutschland kommen könnten.
Dazu sagte eine Ministeriumssprecherin der dpa, das Aufnahmeverfahren für Ortskräfte sei innerhalb der Bundesregierung abgestimmt worden. „Das Bundesinnenministerium übernimmt hierbei im Rahmen des Visaprozesses ausschließlich die Durchführung der Sicherheitsüberprüfungen.“
Solche Überprüfungen seien ein „halbautomatisierter Prozess, indem innerhalb weniger Minuten geklärt wird, ob Sicherheitsbedenken bestehen“. „Das Bundesinnenministerium hat bereits im Mai dieses Jahres vorgetragen, dass alle Verfahren auch in Deutschland nachgeholt werden könnten, falls die Sicherheitslage in Afghanistan Verfahren vor Ort nicht mehr zuließe.“
RND/dpa/ar