Evangelikale Christen verlieren Einfluss im Weißen Haus

Im Sommer posierte der amtierende US-President Donald J. Trump mit einer Bibel vor der historischen St. Johns Kirche in Washington. Er hatte den Fußweg vom weißen Haus zur Kirche mithilfe eines massiven Polizeieinsatzes von Demonstranten räumen lassen.

Im Sommer posierte der amtierende US-President Donald J. Trump mit einer Bibel vor der historischen St. Johns Kirche in Washington. Er hatte den Fußweg vom weißen Haus zur Kirche mithilfe eines massiven Polizeieinsatzes von Demonstranten räumen lassen.

Washington. Am 20. Januar endet die Amtszeit des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump. Ins Weißen Haus zieht dann sein Nachfolger Joe Biden ein.

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Der Wechsel wirkt sich auch auf das politische Gewicht der Kirchen aus: Weißen Evangelikale werden wohl deutlich weniger zu sagen haben. Dafür könnte der Einfluss gemäßigter Protestanten und Katholiken steigen, auch wenn die Katholiken gerade in der Frage des Abtreibungsverbots eher auf Trumps Linie waren als auf der des Katholiken Joe Biden.

Die weißen evangelikalen Christen verlieren ihren größten Beschützer. So bald wird es wohl keine Fotos mehr von evangelikalen Pastoren geben, die im Oval Office Hände auflegen und für den Präsidenten beten. Rund 80 Prozent der weißen evangelikalen Wählerinnen und Wähler stimmten 2016 für Trump.

Im vergangenen Sommer waren laut dem Pew Research Center noch 72 Prozent mit seiner Amtsführung zufrieden. Trump ernannte gleich mehrere Bundesrichter, die Hoffnung auf ein Abtreibungsverbot weckten.

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Trump sah man selten im Gottesdienst

Trumps Slogan, man müsse Amerika „wieder großartig machen“, findet nach Ansicht von Religionswissenschaftler Robert Jones Gefallen in einer konservativen weißen Welt, die sich von demographischen und gesellschaftlichen Trends bedroht fühlt. Was Trump selber glaubt, blieb bis zuletzt unklar. In einem Gottesdienst sah man ihn selten.

Im Oktober 2020 sagte er dem Informationsdienst Religion News Service, er sei als Kind in der Presbyterianischen Kirche konfirmiert worden. Gegenwärtig betrachte er sich als „nicht-konfessioneller Christ“ (non-denominational Christian). Trumps geistliche Beraterin, die pfingstkirchlich geprägte Predigerin Paula White, gilt als Vertreterin des „Wohlstandsevangeliums“. Gott wolle, dass Gläubige im Wohlstand leben.

Trump sei der erste Präsident, dessen einzige religiöse Impulse vom Wohlstandsevangelium kommen, schrieb die Historikerin Kate Bowler, Autorin des Buches „Blessed: A History of the American Prosperity Gospel“ (Deutsch: Gesegnet: Die Geschichte des amerikanischen Wohlstandsevangeliums).

Katholik Biden bedeutet die Messfeier viel

Der Katholik Joe Biden stammt aus einem anderen Milieu. Ordensschwestern hätten ihm beigebracht, dass man sich um andere Menschen kümmern müsse, erzählt er in seiner Autobiografie „Promises to Keep“ (Deutsch: Versprechen, die man halten muss). Die Messfeier und der Rosenkranz bedeuten ihm angeblich viel.

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In Reden greift Biden Bibelpassagen auf. Er spricht von Nächstenliebe und seinem Wunsch, die „Seele der Nation“ zu heilen. Bei der Ansprache zum Wahlsieg zitierte er aus dem Buch der Prediger: Alles habe seine Zeit. Nun sei in Amerika die Zeit zum Heilen gekommen.

Römisch-katholische Bischöfe verfolgen den Machtwechsel offenbar mit gemischten Gefühlen. Bei Anliegen wie Einwanderung und soziale Gerechtigkeit haben sie Trump kritisiert. Bei Schwangerschaftsabbruch und Religionsfreiheit schätzen sie den scheidenden Präsidenten.

Man habe Grund zur Annahme, Biden werde bei der Flüchtlingspolitik, beim Klimaschutz und bei der Hilfe für die Armen für Maßnahmen eintreten, die auch die Bischöfe befürworten, sagte der Präsident der römisch-katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof José Gomez dem Informationsdienst „Catholic News Service“. Beim Thema Abtreibung werde Biden aber Maßnahmen gutheißen, die gegen katholische Werte verstoßen. Biden befürwortet legalen Schwangerschaftsabbruch.

Schwere Zeit für Trumps evangelikane Freunde

Die Haltung des neuen US-Präsidenten bei sozialen Fragen deckt sich eher mit der protestantischer Mainline-Kirchen und afro-amerikanischer Kirchen. Hilfsverbände hätten die Hoffnung, Biden werde bei Einwanderungsvorschriften eine „humanere Politik“ verfolgen, hieß es im kirchlichen Informationsdienst Episcopal News Service.

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Für Trumps evangelikale Freunde waren seine letzten Amtstage nach der gewalttätigen Erstürmung des US-Kapitols nicht leicht. Paula White betonte, sie lehne „Gewalt, Gesetzlosigkeit und Anarchie in allen Formen“ ab.

Baptistenprediger Franklin Graham verurteilte den Ansturm und erklärte laut der Zeitung „USA Today“, Trumps Rede zu Protestierenden sei „nicht der beste Augenblick“ seiner Präsidentschaft gewesen. Trump hatte versichert, „wir werden niemals aufgeben… Wenn ihr nicht wie die Hölle kämpft, haben wie keine Land mehr“. Auf Facebook schrieb Graham, er danke Gott für die vier Jahre Trump. Die Geschichtsbücher würden diesen einmal als „einen der großen Präsidenten“ würdigen.

RND/epd

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