Nach Sturm auf Regierungsgebäude: Rund 1500 Bolsonaro-Anhänger in Brasilia festgenommen
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Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro geraten in der Hauptstadt mit Polizisten aneinander. Ein Mann schlägt dabei einen Polizisten mit einer Stange. Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro haben den Kongress in der Hauptstadt Brasília gestürmt.
© Quelle: Matheus Alves./dpa
Rio de Janeiro. Nach dem Sturm von Anhängern des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro auf Regierungsinstitutionen in Brasilien sind rund 1500 Unterstützer des früheren rechten Staatschefs vorläufig festgenommen worden. Sicherheitskräfte räumten am Montag ein Camp der Bolsonaro-Anhänger vor dem Hauptquartier der Streitkräfte in der brasilianischen Hauptstadt und setzten die Aktivisten vorübergehend fest, wie das Nachrichtenportal G1 berichtete.
Sie wurden in etwa 40 Bussen zum Sitz der Bundespolizei gebracht, wie im Fernsehen zu sehen war. Der Oberste Gerichtshof hatte zuvor angeordnet, dass Lager innerhalb von 24 Stunden zu räumen.
Rund 1500 Bolsonaro-Anhänger festgenommen
Sicherheitskräfte räumten am Montag ein Camp der Bolsonaro-Anhänger vor dem Hauptquartier der Streitkräfte in der brasilianischen Hauptstadt.
© Quelle: Reuters
Kritik an den Sicherheitskräften
Zuvor kündigte das Sekretariat für Institutionelle Sicherheit an, das Parlament, das Oberste Gericht und der Sitz des Präsidenten in Brasília würden durchsucht und Beweise gesichert. Die Randalierer hätten anscheinend beabsichtigt, ähnliche Aktionen im ganzen Land zu starten.
Auch an den Sicherheitskräften wird immer mehr Kritik laut laut. Mehrere Stunden konnten sich die Angreifer am Sonntag (Ortszeit) in der Hauptstad Brasília im Gebäude des Kongresses, des Justizministeriums und des Obersten Gerichts aufhalten, ohne auf nennenswerten Widerstand durch die Polizei zu stoßen. Anstatt die Randalierer aufzuhalten, applaudierten Polizisten oder machten gut gelaunt Fotos, wie auf zahlreichen Handy-Videos zu sehen ist. Erst am Abend griffen Spezialkräfte ein und räumten die Gebäude. Laut Justizministerium wurden mehr als 200 Menschen festgenommen.
„Es wird ihnen nicht gelingen, die brasilianische Demokratie zu zerstören“
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Die Teilnehmer in Brasília wollten eine Intervention des Militärs erreichen mit dem Ziel, den rechtsextremen Bolsonaro wieder an die Macht zu bringen oder zumindest den gerade erst vereidigten Linken Luiz Inácio Lula da Silva zu stürzen. Die Szenen von Chaos und Zerstörung erinnerten an den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Die Bolsonaro-Anhänger warfen Fensterscheiben ein, rissen Möbel um und schleuderten Computer zu Boden. Justizminister Flávio Dino sprach von terroristischen Taten, die einen Putsch zum Ziel gehabt hätten. Die Behörden wollten nun unter anderem diejenigen ausfindig machen, die für die Busse bezahlten, mit denen die Randalierer in die Hauptstadt gebracht wurden.
Sturm auf Kongress: Bolsonaro-Anhänger dringen in Regierungsgebäude in Brasilia ein
Tausende Demonstrierende hatten das Parlament und andere Regierungsgebäude zeitweise besetzt und verwüstet.
© Quelle: Reuters
„Es wird ihnen nicht gelingen, die brasilianische Demokratie zu zerstören. Das müssen wir mit aller Entschiedenheit und Überzeugung sagen“, sagte Dino. „Wir werden den Weg der Kriminalität nicht akzeptieren, um politische Kämpfe in Brasilien auszutragen. Ein Krimineller wird wie ein Krimineller behandelt.“ Bisher wurden 300 Menschen festgenommen, wie die Polizei bei Twitter mitteilte.
Gouverneur des Bundesbezirks in Brasilien nach Krawallen suspendiert
Präsident Lula bezeichnete die Angreifer als Faschisten und warf der Polizei „Inkompetenz, Böswilligkeit oder Bosheit“ vor, weil sie nicht eingegriffen hatte. Vor allem die Militärpolizei gehört zu den treuesten Anhängern Bolsonaros. Der Sicherheitschef der Hauptstadt Brasília, ehemaliger Justizminister der Bolsonaro-Regierung, wurde aus dem Amt entlassen. Der Gouverneur des Distrikts Brasília, Ibaneis Rocha, - ebenfalls ein Bolsonaro-Verbündeter - wurde vom Obersten Gerichtshof für 90 Tage suspendiert.
Rocha hatte versichert, die Lage unter Kontrolle zu haben, obwohl bereits am Samstag zahlreiche Busse mit Demonstranten in Brasília angekommen waren. Trotz der Bitte des Justizministeriums, den Platz zwischen dem Kongress, dem Obersten Gericht und dem Justizministerium zu sperren, wurden Demonstranten mit Polizei-Eskorte dorthin geleitet, wie Videos zeigen.
Trotz deutlicher Hinweise auf gewalttätige Aktionen habe der Gouverneur nichts unternommen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, sagte Richter Alexandre de Moraes. „Die Amtsenthebung ist daher vernünftig, angemessen und verhältnismäßig, um die öffentliche Ordnung zu gewährleisten und die wiederholte kriminelle Praxis zu beenden.“ Zuvor hatte Gouverneur Rocha bereits um Entschuldigung gebeten.
Das Ergebnis der brasilianischen Präsidentschaftswahl - das knappste seit mehr als drei Jahrzehnten - wurde von Politikern aus dem gesamten Spektrum, einschließlich einiger Verbündeter Bolsonaros, sowie von Dutzenden Regierungen rasch anerkannt. Bolsonaro verschwand aus der Öffentlichkeit, räumte aber seine Niederlage nicht ein. Er erhob nicht nachdrücklich Betrugsvorwürfe, allerdings stellten er und seine Partei einen Antrag auf Annullierung von Millionen Stimmen, der abgewiesen wurde. Anhänger wollten das Ergebnis aber dennoch nicht akzeptieren.
RND/AP/dpa