Röttgen fordert Energie-Embargo gegen Putin, Barley warnt vor Einsatz von ABC-Waffen
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Norbert Röttgen
© Quelle: IMAGO/Future Image
CDU-Politiker Norbert Röttgen hat sich am Donnerstag erneut für ein Energie-Embargo ausgesprochen. Im ZDF-Polittalk „Maybrit Illner“ kritisierte er vor allem die Bundesregierung für ihren Kurs im Krieg gegen die Ukraine. Man müsse jetzt weiter gehen als mit den bisherigen Sanktionen.
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„Wir tun nicht alles. Deutschland ist zögerlich, verspricht wenig und liefert weniger.“ Dabei sei Deutschland der viertgrößte Waffenlieferant der Welt, so Röttgen, trotzdem liefere sogar Dänemark mehr Waffen. „Es hängt an Deutschland“, sagte der CDU-Politiker im ZDF. Der kategorische Ausschluss eines Importstopps russischer Energieträger sei ein Fehler.
Kein Ökonom behauptet, dass wir unsere Wirtschaft mit einem Energie-Embargo ruinieren.
Norbert Röttgen (CDU),
Mitglied Auswärtiger Ausschuss im Bundestag
Jeden Tag würde die Bundesrepublik mit 600 bis 700 Millionen Euro den russischen Krieg finanzieren.
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Auch Constanze Stelzenmüller, Expertin für transatlantische Beziehungen der Denkfabrik Brookings Institution in Washington unterstützte in der Sendung ein Energie-Embargo für russisches Gas und Öl. Der Westen dürfe sich nicht daran gewöhnen, dass die Ukraine Russland noch lange standhalte. „Ein Viertel der Ukrainer ist bereits auf der Flucht. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir den Druck beschleunigen können.“
Aktuell würden die Russen versuchen, die Stadt Odessa im Südwesten der Ukraine einzuschließen – ein strategisch wichtiges Ziel, meint Stelzenmüller. „Ein Fall von Odessa würde die ukrainische Regierung in verzweifelte Position bringen.“ So sei die Ukraine dann vom Schwarzen Meer abgeschnitten. Und: Die Russen stünden dann vor Moldawien.
SPD-Europapolitikerin Katarina Barley erinnerte an die europäische Abhängigkeit von russischer Energie. Es gebe derzeit keine sichere Alternative für die EU-Staaten zu russischem Gas und Öl.
„Nicht die Bombe ist die Waffe, sondern die Angst vor der Bombe“
Marietta Slomka, die die an Covid-19 erkrankte Maybrit Illner am Donnerstag als Moderatorin ersetzte, warf mit Blick auf den Nato-Gipfel am Donnerstag auch die Frage in den Raum, wo der Westen eine rote Linie im Krieg in der Ukraine ziehe. Die stellvertretende Direktorin des Europäischen Instituts für Sicherheitsstudien (EUISS), Florence Gaub, warnte dabei vor russischer Manipulation: „Nicht die Bombe ist die Waffe, sondern die Angst vor der Bombe“, sagte Gaub am Donnerstagabend. Putins Spiel mit der Angst sei Kalkül. Wir würden bereits manipuliert. Sie schätzt die reelle Gefahr eines Atomschlags als gering ein.
Röttgen zeigte sich vorsichtig: Das Sprechen über russische Nuklearwaffen gehöre zwar zu Putins Einschüchterungsstrategie. Aber die aktuellen Entwicklungen im Krieg in der Ukraine setzten den Kremlchef zunehmend unter Druck. Putin sei so nicht mehr berechenbar, meint Röttgen. „Für Putin geht es um alles oder nichts.“ Die Nato müsse sich daher auch auf eine russische Eskalation mit ABC-Waffen vorbereiten.
Auch Barley schätzt Putin als Risiko ein: „Putin ist unberechenbar, wenn er in die Ecke gedrängt ist.“ Auch der Einsatz von Atom-, Bio und Chemiewaffen sollte im Westen nicht unterschätzt werden, so die SPD-Politikerin: „Dieses Szenario muss genaustens durchgespielt werden.“ Das werde jedoch nicht öffentlich debattiert.
Der Westen müsse verhindern, dass die Sanktionen gegen Russland von Moskau umgangen würden, sagte er ukrainische Präsidentenberater Alexander Rodnyansky. Mit der Ankündigung, Zahlungen für Energieimporte künftig nur noch in Rubel zu akzeptieren, kämpfe die russische Führung gegen die Inflation im Land, was ihr auch teilweise gelinge. Russlands Präsident Wladimir Putin finanziere seinen Krieg gegen die Ukraine nach wie vor mit den Exporten von Öl und Gas, beklagte Rodnyansky. Wenn diese nicht gestoppt würden, werde „die Kriegsmaschinerie nicht zum Stillstand“ kommen, sagte der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
„Wir verfolgen damit beide Ziele gleichzeitig“
Ein Handelsembargo dagegen würde nicht nur den Krieg stoppen, sondern auch Repressionen im Inneren Russlands ein Ende setzen, argumentierte Rodnyansky. „Wir verfolgen damit beide Ziele gleichzeitig. Wir stoppen einerseits den Krieg und fördern eine demokratische Entwicklung innerhalb Russlands.“ Mit einem „zukünftigen demokratischen Russland“ könne man dann „vielleicht auch reden“.
Kremlchef Putin hatte am Mittwoch angekündigt, für Gaslieferungen aus Russland müssten „unfreundliche Staaten“ wie Deutschland und die übrigen EU-Mitglieder künftig in Rubel bezahlen. Die Ankündigung hat im Westen für neue Unruhe gesorgt. Mehrere europäische Länder, darunter auch Deutschland, lehnen einen Import-Stopp für russische Energie als Druckmittel gegen Moskau ab.
RND/hyd/dpa