Der Abzug der Bundeswehr aus Mali bringt auch Probleme
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Das Ende des Bundeswehreinsatzes in Mali ist beschlossen.
© Quelle: IMAGO/Joerg Boethling
Berlin. Die Bundesministerin der Verteidigung zeigte sich am Dienstagabend zufrieden. Bei einer Diskussion der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Berlin sagte Christine Lambrecht, die Bundeswehr wolle Mali „sehr geordnet verlassen“, und fügte hinzu: „Das bedeutet Sicherheit für die Soldatinnen und Soldaten, die wissen, was auf sie zukommt.“
Die SPD-Politikerin hatte seit Längerem für einen Rückzug der 1200 Soldatinnen und Soldaten aus der UN-Mission Minusma in dem westafrikanischen Land plädiert. Bei einem Gespräch mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) unter Beteiligung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) setzte sie sich am Dienstag durch: Die Bundeswehr verlässt Mali bis zum Mai 2024 – und damit kurz nach den von der malischen Militärjunta für Februar 2024 angekündigten Wahlen. Den Ausschlag gaben die Präsenz der russischen Söldner-Gruppe „Wagner“ und die zunehmenden Schikanen malischer Stellen. So wurden vermehrt Überflugrechte verweigert. Zuletzt hatte Malis Regierung sogar eine Reise von Generalinspekteur Eberhard Zorn unmöglich gemacht, indem sie Visaregeln verschärfte.
Eine offene Frage ist nun, was der Rückzug für die UN-Mission insgesamt bedeutet. Aus Regierungskreisen verlautet dazu, Minusma bleibe operationsfähig, wenn auch nicht in gleichem Umfang. Das ist nicht nur eine quantitative Frage; denn insgesamt sind rund 13.000 UN-Soldaten zu Stabilisierungszwecken in Mali. Es ist mehr noch eine qualitative Frage, also eine der Ausrüstung. So ist die Bundeswehr etwa mit der Aufklärungsdrohne Heron im Land, über die andere Streitkräfte nicht verfügen. Dass der Bundeswehr-Rückzug erst in 18 Monaten abgeschlossen sein soll, wird in Berlin daher auch als Zeichen der Verlässlichkeit gesehen. Die Partnernationen sollen sich darauf einstellen können.
Als problematisch gilt, dass die westlichen Staaten Russland jetzt noch stärker machen. Schließlich gehen nicht allein die Deutschen. Die in Mali als einstige Kolonialmacht verhassten Franzosen haben ihre Soldaten bereits aus Minusma abgezogen. Großbritannien hat ebenfalls einen Abzug angekündigt. Dabei sind die „Wagner“-Söldner für Brutalität bekannt. Auch in Mali bescheinigen ihnen deutsche Regierungskreise längst „signifikante Menschenrechtsverletzungen“.
Regierung will Bundeswehreinsatz in Mali bis Mai 2024 beenden
Die Bundesregierung werde dem Bundestag vorschlagen, das Mali-Mandat im Mai 2023 letztmalig um ein Jahr zu verlängern.
© Quelle: Reuters
Hunderte Ortskräfte betroffen
Zu guter Letzt ist ungewiss, wie mit den heimischen Helfern der Deutschen umgegangen werden soll: den sogenannten Ortskräften, deren Zahl wohl im mittleren dreistelligen Bereich liegt. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), sagte schon im August: „Hier gilt es, die Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz zu berücksichtigen.“
Der Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung, Ulf Laessing, warnt unterdessen. „Viele in der Hauptstadt sind durch die russische Propaganda manipuliert und sehen die Bundeswehr wie die französischen Truppen als westliches Instrument, um Mali zu dominieren“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Aber in Nord- und Zentral-Mali wird die Entscheidung bedauert. Die Dschihadisten sind dort seit dem Abzug der Franzosen auf dem Vormarsch. Und die Bundeswehr ist derzeit einer der letzten großen westlichen Truppensteller.“ Nach einem Abzug der deutschen Soldaten aus der Stadt Gao werde auch sie „nicht mehr vom dschihadistischen Terror verschont sein“.
Wenn Deutschland abzieht, wird es quasi über Nacht Tausende Arbeitslose geben.
Ulf Laessing,
Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung
Laessing fuhr fort: „Man darf auch nicht vergessen: Die Bundeswehr ist ein wichtiger Arbeitgeber; die UN-Mission ist der einzige Arbeitgeber im Norden. Wenn Deutschland abzieht, wird es quasi über Nacht Tausende Arbeitslose geben. Das verschärft die Probleme nochmals.“
Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Agnieszka Brugger, sagte dem RND: „Die europäischen Regierungen haben es leider einmal mehr versäumt, eine gemeinsame Außenpolitik zu gestalten, stattdessen haben sich eine Reihe unserer Partner im Alleingang ohne eine echte gemeinsame strategische Ausrichtung sehr schnell aus der Mission verabschiedet. Solche Fehler dürfen sich nicht wiederholen.“