Podcast-Gespräch mit Christian Lindner

„Strategisch total falsch“: Ex-Bundespräsident Gauck kritisiert Klima-Aktivisten

Joachim Gauck, ehemaliger Bundespräsident, spricht bei einer Veranstaltung.

Joachim Gauck, ehemaliger Bundespräsident, spricht bei einer Veranstaltung.

Berlin. Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat zwar „Verständnis“ für die Klimaschutz-Gruppierung Letzte Generation und ihre Ziele, kritisiert aber ihre Vorgehensweise. Er könne Straßenblockaden „unter Umständen mal tolerieren“, sagte er in einer am Donnerstag veröffentlichten neuen Folge des Podcasts „CL+“ des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner. „Aber als Dauereinrichtung finde ich das zum Beispiel total strategisch falsch, eine Protestform zu wählen, die die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger aufbringt gegen die Protestierer und damit möglicherweise gegen ihr Anliegen. Und so ist das in diesem Fall.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Gauck betonte, für ihn sei die Möglichkeit zu protestieren essenziell für eine freiheitliche Gesellschaft. „Wenn es um Protestformen geht, die mit aller Deutlichkeit auf ein vernachlässigtes Thema hinweisen, habe ich auch noch Verständnis dafür.“

Letzte Generation klebt sich vor Bundestagstiefgarage fest
Letzte Generation hat sich vor die Einfahrt der Tiefgarage des Bundestages geklebt

„Wir sitzen, solange wir können – bis die Regierung reagiert“, so ein Mitglied der Gruppe.

Die „Letzte Generation“ demonstriert seit knapp einem Jahr fast täglich für eine radikale Klimawende - mit Blockadeaktionen auf Straßen, wo sich Aktivisten auf der Fahrbahn festkleben, aber auch in Museen, Fußballstadien, Ministerien und auf den Rollfeldern von Flughäfen. Die Gruppe fordert für besseren Klimaschutz unter anderem Tempo 100 auf Autobahnen, ein Neun-Euro-Ticket und generell die Abkehr von fossilen Energien wie Öl, Gas und Kohle.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die rechtstreue deutsche Bevölkerung, die wir haben, das ist ein hoher Wert.

Ex-Bundespräsident

Diese Form des Protestes werde sich schnell relativieren und legen, sagte Gauck voraus. „Das ist jetzt gerade mal modern, das ist ein Hype. Sie kommen dauernd vor. Wenn die Journalisten nicht immer anwesend sein würden, würde sich das auch relativ schnell erledigen.“ Es gebe genügend andere Protestformen.

Sollten die Demonstranten Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftaten begangen haben, müssten diese auch geahndet werden. „Wenn Du anfängst, eine Ordnungswidrigkeit nicht zu bearbeiten, dann entsteht eine Kultur, wo es zweifelhaft ist, was die Ordnung ist.“ Dann entstehe der Eindruck, Recht sei variabel, warnte Gauck. „Dann schwindet die Rechtstreue in einer Bevölkerung. Und die rechtstreue deutsche Bevölkerung, die wir haben, das ist ein hoher Wert.“

Lindner sagte zu den Blockadeaktionen: „Ich halte das für brandgefährlich.“ Der nächste Schritt sei die Relativierung der Demokratie. „Es ist ja eine Form der Selbstermächtigung und Selbstüberhöhung“, kritisierte der FDP-Chef und Bundesfinanzminister. „Da ist eine Gruppe, die hat ein legitimes Anliegen. Einverstanden. Aber es gibt auch andere legitime Anliegen. Und diese Gruppe sagt: Mein Anliegen ist erstens das wichtigste. Und wir wissen, was wir wollen.“ Setze man das fort, dann komme man zu einem „geradezu autoritären Gesellschaftsmodell“.

RND/dpa

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken