Wie viel britisches Militär ist eigentlich noch in Deutschland stationiert?
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Schnellschwimmbrücke Amphibie M3 beim Übungseinsatz: Innerhalb der Nato verfügt das Pionierbrückenbataillon 130 als einzige militärische Einheit über die Fähigkeit, mit M3 Brücken über weite Gewässer zu schlagen.
© Quelle: Fotos: Bundeswehr
Royaler Besuch bei der Bundeswehr: Auf seiner Deutschland-Reise wird König Charles III. am Donnerstag auch deutsche sowie britische Soldatinnen und Soldaten treffen. Das Deutsch/Britische Pionierbrückenbataillon 130 probt im brandenburgischen Finowfurt den Ernstfall. Während Königin Camilla und First Lady Elke Büdenbender am Nachmittag die Komische Oper in Berlin besuchen, wird König Charles gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in dem 5000-Einwohner-Ort nahe Eberswalde (Landkreis Barnim) zuschauen, wie auf dem Oder-Havel-Kanal der Bau von schwimmenden Brücken trainiert wird. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Besuch bei einer besonderen Einheit.
Was ist das Deutsch/Britische Pionierbrückenbataillon 130?
Dabei handelt es sich nach Angaben der Bundeswehr um das einzige binationale Pionierbrückenbataillon in Deutschland. Binational bedeutet, dass hier Soldatinnen und Soldaten zweier unterschiedlicher souveräner Staaten eine Einheit bilden. Entstanden ist das Bataillon aus einer britischen und einer deutschen Einheit: aus der 23 Amphibious Engineer Squadron und dem Panzerpionierbataillon 130. Beide waren bereits vor dem Zusammenschluss im nordrhein-westfälischen Minden stationiert, militärische Zusammenarbeit gab es in Form einer deutsch-britischen Pionierpartnerschaft. Zum 1. Oktober 2021 wurde dann erstmals in der Geschichte der Bundeswehr ein deutsch-britischer Verband in Dienst gestellt.
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Was macht diese Einheit im Einsatz?
Das Deutsch/Britische Pionierbrückenbataillon 130 wird als Kampfunterstützungseinheit bezeichnet. Ihre zentrale Aufgabe könnte man in Anlehnung an den Slogan einer bekannten Bankenkette auf den Punkt bringen: Sie machen den Weg frei. Und zwar für nachrückende Panzer. Wie die Bundeswehr auf ihrer Internetseite informiert, räumen die Pioniere dazu Hindernisse jeglicher Art aus dem Weg. Mal werden Schneisen geschlagen, dann wieder Sperren überwunden. Damit die nachfolgenden Truppen in die Offensive gehen oder sich verteidigen können, sind Pioniere in der Lage, Minensperren oder Panzerabwehrgräben anzulegen.
Wichtig ist auch, dass die Einheit in der sogenannten Kampfmittelabwehrfähigkeit trainiert ist. Das bedeutet, dass etwa Minen oder Bomben entschärft oder geräumt werden können. Auch Taucher gehören dazu, die Kampfmittel unter Wasser unschädlich machen können. Zum Einsatzspektrum kommt noch das, was am Donnerstag in Finowfurt demonstriert wird: wie man Gewässer überwindet.
Was macht das Deutsch/Britische Pionierbrückenbataillon 130 besonders?
Innerhalb der Nato verfügt das Pionierbrückenbataillon 130 als einzige militärische Einheit über die Fähigkeit, Brücken über weite Gewässer zu schlagen. Das liegt an einem speziellen Armeefahrzeug, das nur Deutschland und Großbritannien besitzen: der Amphibie M3. Nach Angaben der Bundeswehr lässt sich M3 entweder als Fähre einsetzen oder zu einer Schwimmbrücke verbinden. Distanzen von rund 150 Metern können mit einer Brücke, breitere Gewässer mit bis zu drei Fähren überwunden werden. Und auch der Transport von Kampfpanzern wie dem Leopard 2 ist mit M3 möglich.
„Diese Fähigkeit, breite Gewässer zu überwinden, wird angesichts der Konflikte an der Nato-Ostflanke immer wichtiger. Die Kooperation zwischen Deutschen und Briten ist für beide Seiten von großem Vorteil. Wir nutzen das gleiche System, bilden gemeinsam aus und üben gemeinsam. Und am Ende sind wir bereit, gemeinsam in den Einsatz zu gehen”, sagte Oberstleutnant Stefan Klein, Bataillonskommandeur der Mindener Pioniere, bei einem Inspektionstermin Anfang März. Bis Oktober dieses Jahres soll das Bataillon seine volle Einsatzbereitschaft erreichen. Klein ist seit Oktober 2021 Kommandeur des Pionierbrückenbataillons 130, zuvor war er bereits mehr als ein Jahr lang Kommandeur des Panzerpionierbataillons 130.
Charles und Camilla: Die Royals sind in Berlin angekommen
Das royale Paar ist am Mittwoch in der Hauptstadt eingetroffen. Bis Freitag werden sie verschiedene Orte in Berlin, Brandenburg und Hamburg besuchen.
© Quelle: Reuters
Welche Fahrzeuge kommen noch zum Einsatz?
Um sich im Einsatz fortzubewegen, nutzt die Einheit den Transportpanzer Fuchs. Das Fahrzeug ist allradgetrieben und geländegängig. Die Panzerung schützt vor Beschuss aus Handfeuerwaffen und Splittern. Es gibt rund 40 Varianten für unterschiedliche Zwecke, etwa als Sanitätsfahrzeug. Der 320 PS starke Fuchs kam bei Auslandseinsätzen unter anderem in Somalia, im Kosovo, in Mali und in Afghanistan zum Einsatz. Dann gibt es da noch den Dachs, den die Bundeswehr als „Arbeitstier” bezeichnet. Räumen, Baggern, Bergen – mit dem Pionierpanzer lassen sich Baumsperren beseitigen, Zu- und Abfahrten einrichten oder unwegsame Flächen befahrbar machen. Ein ausfahrbarer Baggerarm und ein Räumschild gehören zur Ausstattung des Kettenfahrzeugs, das über 830 PS verfügt. Daneben gibt es noch den Minenräumpanzer Keiler sowie die Brückenlegepanzer Biber und Leguan.
Was wird König Charles III. bei seinem Besuch zu sehen bekommen?
Seit einigen Tagen laufen in Finowfurt nördlich von Berlin die Vorbereitungen für den Besuch von König Charles. Die Soldatinnen und Soldaten des Pionierbrückenbataillons, die im 400 Kilometer entfernten Minden stationiert sind, trainieren auf dem Oder-Havel-Kanal, schwimmende Brücken zu bauen. Wie „rbb24″ berichtet, wurden dafür bereits 130 sogenannte Pontons, Schwimmkörper für bewegliche Brücken, installiert. Neben Bundespräsident Steinmeier wird auch der Ministerpräsident von Brandenburg, Dietmar Woidke (SPD), dabei sein.
Wie viel britisches Militär ist insgesamt in Deutschland stationiert?
Dass sich in Deutschland noch britische Soldatinnen und Soldaten aufhalten, ist historisch bedingt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland von den Siegermächten USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Die Briten waren zeitweise mit rund 20.000 Soldatinnen und Soldaten in Deutschland präsent. 2020 wurden fast alle Kampftruppen abgezogen. Die rund 30 englischen Soldatinnen und Soldaten, die im Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillon 130 dienen, gehören zu den letzten noch in Deutschland verbliebenen britischen Streitkräften. Insgesamt beläuft sich die Zahl nach offiziellen Angaben auf etwa 750 Soldaten und Soldatinnen. Neben Minden gehört Sennelager nördlich von Paderborn zu den britischen Stützpunkten.
Im November 2022 gab es auf dem Truppenübungsplatz Sennelager ein großes Manöver mit rund 3500 Soldatinnen und Soldaten und etwa 800 Fahrzeugen. Es war die größte Übung auf europäischem Festland seit zehn Jahren. Sennelager wird von den Briten infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nun als Drehscheibe für Militärfahrzeuge und Streitkräfte genutzt. Zum einen für Übungen, zum anderen, um die militärische Präsenz der Nato auf dem Festland zu stärken. Genaue Zahlen sind nicht zu ermitteln, jedoch dürfte sich die Zahl der britischen Militärfahrzeuge auf mehrere Hundert belaufen.
Hat König Charles eigentlich selbst gedient?
Ja, Charles (damals natürlich noch Prinz Charles) hat von 1971 bis 1976 sowohl in der Royal Navy (Marine) als auch in der Royal Air Force (Luftwaffe) gedient. Er wurde im Fliegen von Helikoptern sowie von Propeller- und Düsenflugzeugen ausgebildet und war auf mehreren Schiffen im Einsatz. Seit dem Ende seiner Zeit beim britischen Militär pflegt er weiter gute Beziehungen zu den Truppen. 2012 bekam er von Königin Elizabeth II. die Titel Admiral of the Fleet der Royal Navy, Field Marshal der British Army und Marshal der Royal Air Force verliehen. Seit dem Tod von Königin Elizabeth im September vergangenen Jahres ist Charles „Head of the Armed Forces” – Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte.
RND/dad