Bis zum Jahr 2050

Studie: Klimawandel könnte Deutschland 900 Milliarden Euro kosten

Schiffe passieren bei niedrigem Wasserstand die Sandbank am Jungfrauengrund am Mittelrhein (Luftaufnahme mit Drohne). Derzeit führt der Rhein für die Jahreszeit untypisches Niedrigwasser. (Symbolbild)

Schiffe passieren bei niedrigem Wasserstand die Sandbank am Jungfrauengrund am Mittelrhein (Luftaufnahme mit Drohne). Derzeit führt der Rhein für die Jahreszeit untypisches Niedrigwasser. (Symbolbild)

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Die Erderwärmung infolge des Klimawandels könnte die deutsche Wirtschaft teuer zustehen kommen. Laut einer Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) und der Prognos AG beliefen sich die Kosten zwischen 2022 und 2050 je nach Ausmaß der Erderwärmung und daraus folgender Wetterextreme auf 280 bis 900 Milliarden Euro. Über die Untersuchung berichtete zuerst das Düsseldorfer „Handelsblatt“.

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Die Folgen, die demnach einzelne Wirtschaftszweige in Deutschland betreffen könnten, sind vielschichtig. Anschaulich wurden sie bereits durch Überschwemmungen wie etwa im Jahr 2021 im Ahrtal und an der Erft. Dabei handelt es sich laut der Studie um „das schadenträchtigste Extremereignis der deutschen Geschichte“. Die Kosten durch zerstörte Gebäude oder Infrastrukturen sowie Produktionseinbußen in Industrie und Gewerbe beliefen sich demnach auf rund 40,5 Milliarden Euro. Solche extremen Ereignisse könnten laut den Berechnungen durch den Klimawandel bis zu neunmal wahrscheinlicher werden – und damit immer häufiger hohe Kosten verursachen.

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So sprechen die Autoren von einer möglichen „dauerhaften Schwächung der Volkswirtschaft“, indem Extremwetter Schäden an Industrieanlagen, Fabriken und Gebäuden hervorriefen. Auch Produktionsausfälle könnten eine Folge dessen sein. Paradox: Müssten beschädigte Gebäude instandgesetzt werden, würde das zumindest im Baugewerbe zu einem „Impuls in die Wirtschaft“ führen, zitiert die Zeitung aus der Studie. Nicht zuletzt seien aber auch die Belegschaften von Unternehmen sowie die Logistik betroffen. Hitze- und Dürreperioden könnten weniger Produktivität und mehr Probleme bei der Versorgung mit Rohstoffen herbeiführen.

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Auswirkungen des Klimawandels in anderen Ländern belastet Handel mit Deutschland

Damit ist direkt ein weiterer Wirtschaftszweig betroffen: der Handel. Hier ist Deutschland vorrangig von anderen Ländern abhängig, wenn es darum geht, sich mit für die Industrie wichtigen Rohstoffen zu versorgen. Gerade Länder wie Brasilien, Vietnam, Indien, Südafrika und Thailand seien aber besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen, heißt es demnach in der Studie. Diese Länder lieferten wichtige Waren in den Sektoren landwirtschaftliche Produkte, Erze, Nahrungs- und Futtermittel, Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische Erzeugnisse und Zulieferungen für die Fahrzeug- und Maschinenindustrie.

Schon im vergangenen Sommer hatte die Binnenschifffahrt in Deutschland mit einer längeren Dürreperiode zu kämpfen, Wasserstände sanken teils dramatisch. Insbesondere ab etwa 2050 könnten solche Phänomene „häufiger und intensiver werden“. So könnten weniger Waren transportiert werden, wodurch die Kosten steigen würden. Der Transport vieler Güter würde sich wohl auf die Straße, Schiene oder in die Luft verlegen.

Dramatische Folgen hätte die Erderwärmung laut der Studie außerdem in der Land- und Forstwirtschaft. Hier wäre Deutschland wiederum vor allem von anderen Ländern abhängig. Die klimawandelbedingten Kosten für die deutsche Landwirtschaft wären laut der Studie „eher durch Entwicklungen auf den Weltmärkten bestimmt“. Ernteausfälle, ein Rückgang der weltweit nutzbaren Waldflächen sowie Preisentwicklungen bei Einfuhren, Produktion und Landflächen trieben dabei die durch den Klimawandel verursachten Kosten in die Höhe.

Ein Zug der Harzer Schmalspurbahn fährt durch abgestorbene Waldflächen zum Brocken hinauf.

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Als „bislang unterschätzt“ bezeichnen die Studienautoren die „stillen“ Extremwetter Hitze und Dürre. Ernten seien dadurch weniger ertragreich gewesen, zudem hätten Hitze und Trockenheit die Qualität sowie die Verfügbarkeit von Wasser beeinflusst. Auch die Wälder litten unter den klimatischen Veränderungen. Allein in 2018 und 2019 seien dadurch Schäden in Höhe von gut 35 Milliarden Euro entstanden, heißt es in der Studie.

Ampelkoalition will mit Klimaanpassungsgesetz gegensteuern

Laut Stefan Korbun, wissenschaftlicher Geschäftsführer des IÖW, seien in der Studie drei Szenarien beleuchtet worden: leichte, mittlere und schwere Klimafolgen. Dabei habe man sich auf die vom Weltklimarat (IPCC) berechneten Klimaszenarien für Deutschland bezogen und sei entsprechend auf Kosten von 280, 500 beziehungsweise bis zu rund 900 Milliarden Euro gekommen. „Höhere Kosten können vermieden werden, wenn konsequent gehandelt wird“, mahnte Korbun auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Umwelt- und Wirtschaftsministerium am Montag in Berlin. „Immaterielle Kosten“ wie etwa der Verlust an Biodiversität sowie vorzeitige Todesfälle etwa durch Hitze konnte die Studie nicht abbilden, erklärte der Forscher. Diese würden jedoch gesellschaftlich zu Buche schlagen.

Verhindern lassen sich die Folgen der Klimakrise zwar nicht mehr, aber sie ließen sich durch Anpassungsmaßnahmen eindämmen, erklären die Autoren. Und die Ampel-Koalition hat das Problem offenbar erkannt: „Jeder in den Klimaschutz investierte Euro verringert die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch Extremwetterereignisse künftig entstehen können“, zitiert das „Handelsblatt“ Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Wenzel (Grüne). Auch die Umweltstaatssekretärin Christiane Rohleder (Grüne) meint demnach: „Die Folgen der Klimakrise beeinträchtigen den Wohlstand in Deutschland erheblich.“ Die Bundesregierung will mit einem „Klimaanpassungsgesetz“ gegen die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels ansteuern.

„Nicht viel handeln, ist viel teurer als handeln“, sagte Staatssekretär Wenzel am Montag in Berlin. Man müsse das Thema Anpassung viel stärker in den Fokus nehmen, denn Anpassung und Klimaschutz seien zwei Seiten einer Medaille. Dabei gehe es nicht nur um Geld, erklärte Umweltstaatssekretärin Rohleder, denn Klimaanpassung würde etwa auch den Schutz von Gesundheit bedeuten. Dennoch: „Investitionen in vorsorgende Klimaanpassung lohnen sich.“ Schäden und Kosten könnten so reduziert werden.

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