„Das sollte kein anständiger Journalist machen“: Precht und Welzer legen bei Medienkritik nach
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Zu Gast im RND-Podcast „Geyer & Niesmann“: Die Bestsellerautoren Richard David Precht und Harald Welzer.
© Quelle: Debora Mittelstaedt/Janine Schmitz
Aus medienpolitsicher Sicht ist es der Aufreger der Woche: Der Philosoph Richard David Precht und der Soziologe Harald Welzer gehen in ihrem neuen Buch mit dem Medienbetrieb ins Gericht: Die Ansichten der Journalisten wichen oft von denen der Bevölkerung ab – besonders in Krisenzeiten. Die Medien seien zu „Vollzugsorganen ihrer eigenen Meinungsmache“ geworden, so Precht und Welzer in „Die vierte Gewalt“, das am kommenden Mittwoch erscheint. „Politikjournalisten neigen immer stärker zum Einseitigen, Simplifizierenden, Moralisierenden, Empörenden und Diffamierenden.“
Jetzt legen die beiden Autoren nach: Im RND-Podcast Geyer & Niesmann beklagt sich Precht auch über das RedaktionsNetzwerk Deutschland, weil er dort Artikel gelesen hat, die Shitstorms in sozialen Medien als Gegenstand der Berichterstattung hatten. So würden Shitstorms „quasi heiliggesprochen“ und verstärkt, weil sie aus dem „semiprivaten Raum der unmittelbaren Meinungsäußerung“ enthoben und zur Nachricht würden. „So was sollte kein anständiger Journalist machen“, findet Precht.
Podcast mit Precht und Welzer: hier anhören
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RND-Hauptstadtjournalist Andreas Niesmann hält dagegen: Twitter als privaten Raum zu beschreiben, findet er „fast schon ein bisschen naiv“. Und er weist darauf hin, dass es in sozialen Medien Debatten gebe, die so bedeutend seien, dass der Journalismus sie gar nicht ignorieren könne. RND-Korrespondent Steven Geyer argumentiert, dass Berichte über Twitter-Äußerungen im Grunde auch nichts anderes seien, als das Sammeln von Stimmen auf der Straße, das im Journalismus seit Jahrzehnten praktiziert wird.
Auch im Hinblick auf die Schwerpunktsetzung von Berichterstattung kommt es zum Schlagabtausch. Precht kritisiert, dass sich der Journalismus in der Flüchtlingskrise 2015 auf die Ränkespiele der Spitzenpolitik kapriziert habe, anstatt sich mit der „Jahrhundertaufgabe der Migration“ zu befassen. Die Frage, welche Politiker sich nicht leiden konnten, sei doch am Ende nicht mal eine Fußnote in der Geschichte, sagt der Philosoph. „Da stimmen die Proportionen nicht.“
Einigkeit besteht darin, dass Medien einen Vertrauensverlust erleben, und dass dadurch nicht nur ihre wirtschaftliche Existenz bedroht ist, sondern auch eine Gefahr für die Demokratie entstehen kann. Am Ende diskutiert die Runde noch über mögliche Lösungsansätze.
Hier geht es zur Show:
Politik, kein Gelaber: Das ist das Motto, wenn Steven Geyer und Andreas Niesmann aus dem Berliner Büro des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) mit weiteren Auskennern aus dem Politikbetrieb einmal pro Woche bewerten, was hinter den Schlagzeilen über Wahlkampf, Machtspielchen und Politpeinlichkeiten wirklich steckt. Unverkrampft, ohne Floskeln, mit alles und mit scharf. Neue Folgen immer freitags.