Xi Jinping ist kein zweiter Putin, doch könnte einer werden
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Der chinesische Präsident Xi Jinping.
© Quelle: IMAGO/Xinhua
Peking. Wenn Xi Jinping seine Soldaten zu einer „großen Mauer aus Stahl“ formen will, dann sollte die Bundesregierung solche Worte nicht nur als martialische Metapher abtun, sondern die dahinterliegende Botschaft ernst nehmen. Denn die Rhetorik des 69-jährigen Machthabers erfolgt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, während dem sich die geopolitischen Spannungen zwischen Peking und Washington bereits auf einem historischen Rekordhoch befinden.
Der Konflikt zwischen den zwei Weltmächten wurde lange Jahre mit allen möglichen Floskeln umschrieben, doch um den Terminus Kalter Krieg haben sich die meisten Experten bislang erfolgreich gewunden. Seit dem Abschuss des chinesischen Spionageballons jedoch gibt es kaum einen Zweifel mehr daran, dass diese Phase nun eingetreten ist: Allein die Rhetorik zwischen den zwei Regierungen, ihren Politikprofessoren und medialen Kommentatoren ist bereits derart scharf, dass eine weitere Eskalationsstufe mehr denkbar scheint.
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Der Westen bekommt dabei meist nur die tendenziell moderaten Stimmen aus der Volksrepublik zu hören, die radikalen bleiben hinter der Sprachbarriere und Zensur verborgen. Dabei gibt es im Reich der Mitte etliche Kriegstreiber, die auf den sozialen Medien zu ihrem Millionenpublikum eine militärische Auseinandersetzung mit dem imperialistischen Erzfeind USA beschwören.
Natürlich sieht es auf der anderen Seite des Transatlantik ähnlich deprimierend aus: Eine harte, teils feindliche Politik gegenüber Peking eint beide Lager Washingtons. Mehr noch: Stärke gegenüber China zu zeigen ist zum Standardritual geworden, um auf Stimmenfang zu gehen.
Peking und Washington kratzen am Status quo
Und in Hinblick auf Taiwan kann dieser Kalte Krieg zumindest potenziell vollständig eskalieren: Die Regierungen in Peking als auch in Washington kratzen beide am Status quo und versuchen ein Machtverhältnis zu verändern, welches über mehrere Jahrzehnte eine vergleichsweise stabile Entwicklung des demokratisch regierten Inselstaates sichergestellt hat.
Dass nun Xi Jinping als de facto Alleinherrscher die Volksrepublik China durch dieses geopolitische Minenfeld manövriert, birgt etliche Gefahren. Zwar ist der auf Kontrolle und Stabilität bedachte Xi kein zweiter Putin, doch möglicherweise könnte er sich dahin entwickeln: Mit zunehmenden Alter und absoluter Machtfülle dürfte die Gefahr deutlich steigen, dass Xi Jinpings Entscheidungen immer irrationaler und konfliktfreudiger werden.