Europapolitikerin unter Korruptionsverdacht

Zwei Verdächtige bleiben im EU-Korruptionsskandal in Haft - Kaili-Entscheidung verschoben

Europapolitikerin Eva Kaili.

Europapolitikerin Eva Kaili.

Brüssel/Straßburg. Im Korruptionsskandal um das Europaparlament bleiben zwei Verdächtige nach einer Gerichtsentscheidung vorerst im Gefängnis. Gegen sie sei am Mittwoch die Untersuchungshaft bestätigt worden, teilte die belgische Staatsanwaltschaft nach Gerichtsanhörungen in Brüssel mit. Ein dritter Verdächtiger bleibe „ebenfalls in Gewahrsam, allerdings unter der Bedingung, dass er eine elektronische Fußfessel trägt“.

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Zugleich bestätigte die Staatsanwaltschaft, dass die Entscheidung über die weitere Untersuchungshaft der Beschuldigten E. K. verschoben worden sei. Damit ist die ehemalige Vizepräsidentin des Europaparlaments Eva Kaili gemeint. Sie habe eine Vertagung beantragt und werde nun am 22. Dezember vor der Kammer erscheinen.

Bei den beiden Beschuldigten, die im Gefängnis bleiben, handelt es sich der Mitteilung zufolge um F. G. und P. P. Dies sind zum einen Kailis Freund, der als Assistent eines Abgeordneten im EU-Parlament arbeitet, sowie der ehemalige sozialdemokratische Europaabgeordnete Pier Antonio Panzeri. Gegen die Entscheidungen könne innerhalb von 24 Stunden Einspruch eingelegt werden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. In diesem Fall müssten die Betroffenen innerhalb von 15 Tagen vor der Anklagekammer des Brüsseler Berufungsgerichts erscheinen.

Korruptionsskandal: EU-Parlament will Arbeit zu Katar aussetzen

Unterdessen will das EU-Parlament einem Entwurf zufolge bis auf Weiteres alle gesetzgeberischen Tätigkeiten zu Katar aussetzen. Es solle auch keine Dienstreisen in das Golfemirat geben, solange die Vorwürfe nicht geklärt seien, hieß es in einem Entwurf für eine fraktionsübergreifende Entschließung, über die das Parlament am Donnerstag abstimmen will.

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Außerdem soll demnach künftig mehr Personal und Geld zur Verfügung gestellt werden, um das EU-Lobbyregister besser überwachen zu können. Die Transparenzregeln sollen dem Entwurf zufolge nun auch für Nicht-EU-Länder gelten. Außerdem soll ein Ethikgremium geschaffen werden. Änderungen sind noch möglich.

Bereits am Dienstag hatte das Europaparlament Kaili als Vizepräsidentin abgesetzt. Die Entscheidung wurde mit nur einer einzigen Gegenstimme getroffen. In einer Debatte zu dem Korruptionsskandal äußerten Parlamentarier fraktionsübergreifend blankes Entsetzen. Zugleich forderten etliche Abgeordnete Reformen der Transparenz- und Lobbyregeln des Parlaments. Derzeit arbeiten die Parlamentarier an einer breit getragenen Resolution, in der die nächsten Schritte dargelegt werden sollen. Sie soll am Donnerstag vom Plenum angenommen werden.

Sozialdemokraten wollen Enthüllungen untersuchen

„Während viele Menschen Probleme haben, in ihren Beuteln das Notwendigste an Lebensmitteln nach Hause zu tragen, schleppt eine raffgierige Gruppe von Abgeordneten und Mitarbeitern dieses Hauses Koffer voller Bestechungsgeld durch die Gegend - das ist das Bild, das von diesem schockierenden Skandal bleiben wird“, sagte etwa Linken-Fraktionschef Martin Schirdewan.

Eva Kaili als Vizepräsidentin des EU-Parlaments abgesetzt

Das EU-Parlament hat die im Fokus eines Korruptionsskandals stehende griechische Sozialdemokratin Eva Kaili als Vizepräsidentin abgesetzt.

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Die Vorsitzende der Sozialdemokraten, denen Kaili bislang angehörte, versprach, dass ihre Gruppe eine Untersuchung der Enthüllungen einleiten werde. Zugleich betonte Iratxe García Pérez jedoch auch: „Die kriminelle Handlungen können nicht die tagtäglich gute Arbeit der Abgeordneten in Frage stellen.“

Der Vorsitzende der deutschen Sozialdemokraten, Jens Geier, wertete zumindest das breite Votum für Kailis Absetzung als Erfolg. „Das Stimmergebnis zeigt, dass es eine große Entschlossenheit im Europäischen Parlament gibt, kriminelles Verhalten von Mitgliedern nicht zu dulden“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Aufarbeitung sei aber noch nicht beendet. „Der Versuch der Einflussnahme durch einen Staat von außerhalb der EU muss natürlich auch aufgeklärt werden.“

Anwalt: „Sie hat nichts mit Geldflüssen aus Katar zu tun.“

Kaili ist eine von sechs Verdächtigen, die in dem Korruptionsskandal seit Freitag von den belgischen Behörden festgenommen worden sind. Vier von ihnen kamen am Sonntag in Untersuchungshaft, darunter die ehemalige Fernsehmoderatorin selbst, ihr Freund und der ehemalige sozialdemokratische Europaabgeordnete Antonio Panzeri aus Italien. Sie werden der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche und der Korruption beschuldigt. Im Raum steht, dass Katar, das derzeit die Fußball-Weltmeisterschaft ausrichtet, mit Geld- und Sachgeschenken versucht hat, Einfluss auf politische Entscheidungen im Europaparlament zu nehmen.

Kaili beteuerte am Dienstag über ihren Anwalt ihre Unschuld. „Sie hat nichts mit Geldflüssen aus Katar zu tun, überhaupt nichts“, sagte Michalis Dimitrakopoulos. Zugleich betonte er, dass dieser Mittwoch der wichtigste Tag für Kaili sei, weil dann über ihre weitere Haft entschieden werde.

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Habeck: Trotz Skandal weiter an Gaseinkauf festhalten

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck plädiert dafür, die mutmaßliche Bestechung von EU-Politikern durch das Golfemirat Katar nicht mit dem Thema von Gaseinkäufen zu vermischen. „Das sind zwei verschiedene Sachen“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstagabend in Brüssel auf die Frage, ob man Gas von Katar kaufen könne, wenn Katar europäische Abgeordnete kaufe. Bestechung sei eine Straftat und der Handel mit anderen Ländern sei immer mit den moralischen Konsequenzen abzuwägen. Gleichzeitig müsse aber die Versorgungssicherheit sichergestellt werden.

In dem vorliegenden Fall habe Deutschland ein Interesse, den Ausfall des russischen Gases zu kompensieren, ergänzte Habeck. „Also ist das, meine ich, auseinanderzuhalten“, sagte er. Katar hatte jüngst angekündigt, von 2026 an in größerem Umfang Flüssigerdgas (LNG) nach Deutschland liefern zu wollen. Die geplante Menge könnte etwa drei Prozent des Jahresbedarfs decken. Deutschland will mit LNG aus aller Welt ausbleibendes Erdgas aus Russland ersetzen.

RND/dpa

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