„Mehr als frustrierend“: Baerbock und Habeck ziehen kritische Gipfel-Bilanz
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Außenministerin Annalena Baerbock ist mit den Ergebnissen der Weltklimakonferenz nur in Teilen zufrieden. Mit ihrer Kritik ist die Grünen-Politikerin nicht allein.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Scharm el Scheich. Außenministerin Annalena Baerbock zieht eine gemischte Bilanz der Klimakonferenz im ägyptischen Scharm el Scheich. „Beim Ergebnis liegen Hoffnung und Frustration nahe beieinander“, erklärte die Grünen-Politikerin am Sonntagmorgen. Beim Thema Ausgleichszahlungen für arme Länder, die besonders unter den Folgen der Erderwärmung leiden, sei ein Durchbruch gelungen. „Die Weltgemeinschaft schafft gemeinsame Finanzierungsmechanismen, um gezielt den am stärksten betroffen Menschen bei Klimakatastrophen zu helfen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel in der Klimapolitik auf.“
Auch Klimaminister Robert Habeck hat sich ernüchtert über das Ergebnis der Weltklimakonferenz gezeigt. „Eine schwierige Klimakonferenz ist zu Ende gegangen, mit einem Ergebnis, das uns nicht wirklich zufrieden machen kann“, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Sonntag. „Durch die konsequente Haltung der EU und die umsichtige deutsche Verhandlungsführung ist aber ein Rückfall hinter Paris und Glasgow verhindert worden.“ Gut sei auch, dass die finanzielle Unterstützung besonders verwundbarer Länder in den Fokus gerückt sei.
COP27: Rückschritt hinter Ergebnisse von Glasgow und Paris verhindert
Habeck sagte: „Der Auftrag aus dem Pariser Klimaabkommen gilt jetzt umso mehr: In konkreten Projekten beharrlich daran zu arbeiten, die Erderhitzung tatsächlich zu dämpfen.“ Im Vordergrund stehe jetzt, „die gemeinsame Abkehr von Kohle, Öl und Gas voranzutreiben - durch eine nachhaltige, sozial gerechte, globale Energiewende und die Dekarbonisierung der Industrie. Nur so können wir auf den 1,5-Grad-Pfad kommen.“
Auch Baerbock meldete am Sonntag Erfolge. Es sei gelungen zu verankern, dass die Hilfe sich auf die verwundbarsten Länder konzentriere. Und es sei ein Prozess angestoßen worden, der dafür sorge, dass auch die Länder, die heute besonders viel Treibhausgase ausstoßen, in die Pflicht genommen werden – obwohl „viele Fragen hier noch offen und kontrovers geblieben sind“, wie Baerbock eingestand.
Baerbock begrüßte die Entscheidung, die Erderwärmung weiterhin auf 1,5-Grad-Ziel im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Sie beklagte aber: „Dass aufgrund der Blockade von einigen großen Emittenten und ölproduzierenden Staaten überfällige Schritte zur Minderung und zum Ausstieg aus fossilen Energien verhindert wurden, ist mehr als frustrierend. Die Welt verliert dadurch kostbare Zeit, Richtung 1,5-Grad-Pfad zu kommen.“
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Kritik an Konferenzleitung
Baerbock bemängelte auch: „Wir Europäer haben uns in der Abschlusserklärung für ein klares Bekenntnis zum weltweiten Ausstieg aus fossilen Energien eingesetzt, dafür gab es viel Unterstützung – aber von einigen wenigen Staaten auch erbitterten Widerstand.“ Aber erstmals sei die zentrale Rolle der erneuerbaren Energien benannt worden.
Baerbock kritisierte indirekt auch die ägyptische Konferenzleitung, indem sie von „organisatorischen Schwächen“ sprach. Die Bilanz der Konferenz zeige, dass der Prozess wieder stärker in die Hände der Vertragsstaaten der internationalen Klimaabkommen kommen müsse, und dass es „den ungehinderten Zugang einer freien, starken Zivilgesellschaft braucht, um ambitionierte Ergebnisse zu erzielen“.
Lemke: COP-Ergebnis bleibt hinter Notwendigem zurück
Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat das Verhandlungsergebnis der Weltklimakonferenz insgesamt als unzureichend bezeichnet. „Das Ergebnis der COP27 insgesamt bleibt hinter dem Notwendigen zurück“, teilte die Grünen-Politikerin am Sonntag mit. „Das ist extrem bitter.“ Dass sich die Staatengemeinschaft auf die Einrichtung eines Fonds für den Ausgleich von klimabedingten Schäden in den ärmsten und verletzlichsten Ländern geeinigt habe, sei hingegen ein wichtiger Schritt, um die Folgen der Klimakrise in Zukunft besser bewältigen zu können.
Im ägyptischen Scharm el Scheich hatten Teilnehmer zwei Wochen lang über weitere Schritte verhandelt, um die Erderwärmung noch zu verlangsamen. Die Einigung auf einen gemeinsamen Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden war der größte Streitpunkt. Nach einer Verlängerung um gut 36 Stunden und nächtlichen Verhandlungen kam schließlich der Durchbruch. Von deutscher Seite war am Sonntag eher Kritik laut geworden. Neben Lemke zeigte sich auch Grünen-Chefin Ricarda Lang enttäuscht über die Ergebnisse der Klimakonferenz.
RND/pach/dpa