Jetzt äußert sich der Papst zum Finanzskandal im Vatikan
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Papst Franziskus (M) mit stellt sich mit einer Gruppe italienischer Polizisten für ein Foto im Rahmen seiner wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz auf.
© Quelle: Andrew Medichini/AP/dpa
Rom. „Ein Skandal ist das. Sie haben hier Sachen gemacht, die nicht sauber zu sein scheinen“, erklärte Franziskus auf dem Rückflug von seiner Asienreise anlässlich der traditionellen „fliegenden Pressekonferenz“ im Flugzeug. Und weiter: „Es ist eine hässliche Sache, es ist nicht schön, dass so etwas im Vatikan passiert.“
Franziskus bezog sich dabei auf den Anfang Oktober aufgeflogenen neuen Finanzskandal im Vatikan: Offenbar wurden von Mitarbeitern des Kirchenstaats Hunderte Millionen Euro in eine Luxusimmobilie in London investiert. Besonders gravierend an diesem – offenbar verlustreichen – Deal ist, dass zumindest ein Teil der Mittel aus dem sogenannten „Peterspfennig“ stammt, einer Spende, die von den Gläubigen der ganzen Welt nach Rom geschickt wird, damit der Papst den Armen helfen kann.
Der Papst greift durch
Nach dem Auffliegen der Affäre hat Franziskus durchgegriffen: Ermittler der Vatikanjustiz durchsuchten Anfang Oktober Büroräume des Staatssekretariats – also der obersten Kurienbehörde – und der Vatikanischen Finanzaufsicht AIF. Dokumente und Computer wurden beschlagnahmt. Einen Tag später veröffentlichte das Magazin „L’Espresso“ ein vertrauliches Schreiben der Vatikan-Gendarmerie, demzufolge fünf Mitarbeiter der Kurie vom Dienst suspendiert wurden, darunter Tommaso di Ruzza, Direktor der vatikaninternen Finanzaufsichtsbehörde AIF.
Di Ruzza war von Papst Franziskus erst in diesem Jahr zum AIF-Direktor ernannt worden, als Nachfolger des Schweizer Anti-Geldwäschespezialisten René Brülhart, der zum Präsidenten der AIF befördert wurde. Brülhart ist inzwischen auch als Präsident ausgeschieden. Vorläufig vom Dienst suspendiert wurden auch zwei hohe Funktionäre des Staatssekretariats, der wichtigsten administrativen Behörde im Kirchenstaat. Außerdem berief Papst Franziskus den 70-jährigen Giuseppe Pignatone an seinen Hof. Der kürzlich pensionierte Sizilianer war einer der profiliertesten und erfolgreichsten Mafiajäger Italiens und soll die neuen Ermittlungen koordinieren.
Franziskus sprach im Flugzeug auch von möglicher Korruption im Zusammenhang mit dem Londoner Immobiliengeschäft. Gleichzeitig betonte er, dass die neue Affäre immerhin dank der internen Kontrollmechanismen entdeckt worden sei. „Es ist das erste Mal, dass im Vatikan der Deckel vom Topf genommen wird – intern und nicht von außen“, betonte Franziskus. Der interne Wirtschaftsprüfer sei zu ihm gekommen und habe gesagt: „Hier ist eine unschöne Sache passiert, hier stimmt etwas nicht.“ Der Prüfer habe ihm die Akten und die Zahlen gezeigt, und darauf habe er ihn angewiesen, beim Promotor für Justiz, dem vatikanischen Staatsanwalt, Anzeige zu erstatten. Der Vorgang zeige, dass die internen Kontrollen nun funktionierten, was früher nicht der Fall gewesen sei, betonte der Papst.
Genaue Höhe und Zusammensetzung des Vatikanvermögens ist kaum zu ermitteln
Die genaue Höhe und Zusammensetzung des Vatikanvermögens ist dabei kaum zu ermitteln. Gängige Schätzungen belaufen sich auf rund 12 Milliarden Euro, wobei die nicht bewertbaren Kunstschätze nicht einberechnet sind. Was bei dem Deal in London im Detail schieflief, dazu hüllt sich die Vatikanjustiz bisher in Schweigen. Franziskus räumte ein, dass es bei dem Immobiliendeal in London wahrscheinlich zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Doch dass die Mittel des „Peterspfennigs“ in Immobilien oder andere Anlagen investiert werden, sieht er grundsätzlich nicht als Problem – vorausgesetzt, dass nur sichere und moralisch vertretbare Anlageformen gewählt würden. „Das Geld einfach in den Sparstrumpf zu stecken, ist auch keine gute Verwaltung.“ Man könne durchaus auch Immobilien kaufen, sie vermieten und dann verkaufen. Das diene letztlich der Sache. Alles in allem habe der Kirchenstaat bei der Kontrolle der Finanzen große Fortschritte gemacht, betonte der Pontifex. So sei zum Beispiel die Vatikanbank IOR, die früher als Geldwäschemaschine galt, eine Bank wie jede andere geworden. Dieser Optimismus wird innerhalb der Kurie nicht von allen geteilt. „Die Wahrheit ist doch, dass die Reformen von Franziskus gescheitert sind, insbesondere jene im Finanzbereich“, zitierte der „Corriere della Sera“ einen hohen Kurienkardinal.
Ein Grund für den schleppenden Gang der Reformen besteht darin, dass Franziskus bei der Besetzung der Führungspositionen bisher selten eine glückliche Hand hatte. Der eklatanteste Fall ist der australische Kurienkardinal George Pell, den der Papst zum allmächtigen Finanzchef des Vatikans gemacht hatte. Anfang dieses Jahres wurde er von einem Gericht in Melbourne wegen sexuellen Missbrauchs von zwei Chorknaben verurteilt und seither sitzt er in Haft. Schon im Sommer 2017 musste der Generalrevisor des Vatikans, Libero Milone, sein Amt niederlegen – laut „Corriere della Sera“, weil er zu übereifrig war.