Wenn Elton John lieber zu Hause schläft

Superreiche und ihre Privatjets: Klimakiller über den Wolken?

Klimaproteste auf dem Flughafen Schiphol in Amsterdam: „Wir fordern weniger Flüge, mehr Züge und ein Verbot von unnötigen Kurzstreckenflügen und Privatjets.“

Klimaproteste auf dem Flughafen Schiphol in Amsterdam: „Wir fordern weniger Flüge, mehr Züge und ein Verbot von unnötigen Kurzstreckenflügen und Privatjets.“

Anfang September hatte der reichste Mann Frankreichs genug: Bernard Arnault, geschätztes Vermögen deutlich über hundert Milliarden Euro, verkaufte seinen Privatjet. Der Chef des französischen Luxusgüterimperiums LVMH mit den Marken Marken Louis Vuitton, Tiffany und Dior wollte nicht länger am Umweltpranger stehen.

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Klimaschützerinnen und -schützer hatten über Monate Arnaults Wege über den Wolken verfolgt und die Daten in den sozialen Medien gepostet. Die Kennnummer seines Flugzeugs machte das möglich. Flight Tracking hat sich in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Hobby entwickelt und bietet auch Klimaschützerinnen und -schützern ein öffentlichkeitswirksames und dazu noch legales Mittel. Die Tube mit dem Sekundenkleber bleibt zu.

Im Fall von Arnault stellte sich heraus, dass er viel unterwegs war, egal ob in Brüssel oder auf den Bahamas, wo er eine Privatinsel besitzt. Demnach flog er mit seiner Global 7500, dem Prestigejet von Bombardier, sogar einmal von West- nach Ostlondon. Nach Medienberichten soll Arnaults Maschine allein im Mai auf 18 Flügen insgesamt 176 Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen haben. Zum Vergleich: So viel Kohlendioxid verbrauchen weniger betuchte Europäerinnen und Europäer in Jahrzehnten.

Bernard Arnault

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Arnault ist längst nicht der einzige passionierte Privatjetflieger. Es kursieren Listen von Prominenten mit Hang zu besonders auffälligen Flugexzessen. Darauf tauchen die Influencerin Kim Kardashian, Hollywoodregisseur Steven Spielberg, Moderatorin Oprah Winfrey und der Ex-Boxer Floyd Mayweather auf.

Die Sängerin Taylor Swift gehört auch dazu. Sie gab als Erklärung an, dass sie ihre Maschine regelmäßig verleihe. Ließ sich aus dieser Antwort womöglich ein Hauch von Flugscham erahnen?

Elton John flog nach einem Bericht der „Bild“ jüngst nach seinen Deutschland-Konzerten abends gern wieder in seine Villa nach Nizza, um seinen müden Kopf aufs eigene Kissen zu betten. Als Elon Musk noch nicht im Chaos bei der Übernahme des Messengerdienstes Twitter steckte, bot er dem 19-jährigen Studenten Jack Sweeney aus Florida 5000 Dollar, wenn dieser darauf verzichten würde, Musks Luftnummern öffentlich zu machen. Auch CDU-Chef Friedrich Merz musste nach seiner Stippvisite mit Jet zu Christian Lindners Sylt-Hochzeit im Juli reichlich Häme einstecken.

Am Wochenende blockierten mehrere Hundert Klimaschützerinnen und Klimaschützer auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol die Pisten für Privatjets. Einige ketteten sich an den Maschinen fest, um auf die fliegenden Klimakiller aufmerksam zu machen. „Wir fordern weniger Flüge, mehr Züge und ein Verbot von unnötigen Kurzstreckenflügen und Privatjets“, sagte ein niederländischer Greenpeace-Vertreter.

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1500 Privatjets in Davos

Die Berechnungen, wie viel Kohlendioxid durch Privatjets in die Luft gepustet werden, gehen auseinander. Ein Vielfaches im Vergleich zu einem Linienflug ist es pro Passagierin bzw. Passagier allemal. Ein Economyfluggast in einem bis auf den letzten Platz gefüllten Jumbo wirkt dagegen beinahe schon wie ein Klimaschützer.

Ab einem gewissen Einkommen gehören Jets offenbar zum gängigen Fortbewegungsmittel. Beim illustren Weltwirtschaftsgipfel in Davos 2019 zählten Beobachter 1500 Privatjets. Irgendjemand wird gewiss auch bei der momentan laufenden Weltklimakonferenz in Ägypten nachrechnen, wie die 40.000 Delegierten am Roten Meer einschweben, um nach der Landung die Erde zu retten.

Seit der Corona-Pandemie boomt der Markt für Businessjets. Während der Lockdowns hoben zeitweilig gar keine Linienflüge ab. Und wer will sich schon bei der Sitznachbarin beziehungsweise bei dem Sitznachbarn mit dem Virus anstecken?

Beinfreiheit ohne Ende

Zudem ist die Reise im eigenen Flugzeug komfortabel: Beinfreiheit ohne Ende, abgekürzte Abfertigung und Sicherheitschecks, keine nervigen Warteschlangen und dazu noch das Lieblingsessen auf dem Tablett. Der Familienhund darf auch mit in die Kabine. Zwischen Buchung und Start vergehen bei eiligen Trips nur Stunden.

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In den USA konnten Jetkäuferinnen und -käufer noch im Vorjahr die Kosten komplett von der Steuer abschreiben. Die Preise für neue Maschinen schnellten in den vergangenen Jahren nach Angaben von Branchenkennerinnen und -kennern in die Höhe. Die Rede ist von Lieferengpässen.

Wer kein Flugzeug sein Eigen nennt, kann trotzdem privat jetten: Maschinen lassen sich diskret chartern. Das tut jetzt auch der französische Miliardär Arnault. Er will endlich wieder unauffällig seinen globalen Geschäften nachgehen, ohne dass die Konkurrenz über seine Termine Bescheid weiß.

Die Vermieterinnen und Vermieter von Privatjets sind schweigsame Leute. Schließlich wollen sie ihre Kundinnen und Kunden nicht verprellen. Immer wieder mal aber dringen Informationen nach draußen, dass sich Scheichs in Dubai schon mal ihre Lieblingsfalken aus Europa einfliegen lassen. Die Kosten für einen Mallorca-Flug lassen sich übers Internet berechnen: Ein Wochenendausflug ist für gut 20.000 Euro zu haben. Je größer das Flugzeug und je exklusiver die Ausstattung, desto höher der Preis.

In Frankreich ist die politische Debatte über die Reglementierung von Privatjets eröffnet. Gesucht wird nach europäischen Lösungen. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln, dass lediglich Neid gegen die Superreichen geschürt werden solle. Allerdings hinterlassen diese Superreichen auch supergroße ökologische Fußabdrücke.

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Der Student Jack Sweeney hatte offenbar seine ganz eigenen Beweggründe, Musk nachzustellen: Für einen nagelneuen Tesla hätte er seine Recherchen nach eigenen Worten eingestellt. Aber ob der US-Unternehmer damit sein Problem losgeworden wäre? Der LVMH-Chef Arnault hat schon wieder neue Verfolgerinnen und Verfolger im Nacken. Diese tracken jetzt seine Privatyacht „Symphony“, die allein im September 470.000 Liter Diesel verbraucht haben soll.

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