Der Mann, über den sich der Vatikan ärgert: Was will Georg Gänswein?
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Hat den Unmut des Papstes auf sich gezogen: Georg Gänswein.
© Quelle: Patrick Seeger/dpa
Vatikanstadt. Hinter den Mauern des Vatikans wächst der Unmut über den ehemaligen Papstsekretär, Erzbischof Georg Gänswein (66).
Zunächst sah sich wegen ihm Erzbischof Vincenzo Paglia genötigt, mitten in der Nacht aus dem Bett zu steigen. Paglia, ein enger Vertrauter von Papst Franziskus, erklärte daraufhin früh morgens in einem Interview mit der italienischen Radiosendung „Radio anch´io“, dass Georg Gänswein besser geschwiegen hätte, anstatt sich öffentlich über seine Auseinandersetzung mit Papst Franziskus zu äußern.
Später erklärte Bischof Timothy Broglio, Chef der US-Bischofskonferenz, dass Gänswein seine Kritik an Papst Franziskus dem Kirchenoberhaupt persönlich hätte mitteilen müssen. Dass er stattdessen die Massenmedien über seinen persönlichen Ärger über Franziskus informiert habe, sei nicht in Ordnung gewesen.
Gänswein machte Benedikts letzten Satz öffentlich
Doch woher rührt der Ärger? In Italien erschienen bereits in mehreren Tageszeitungen erste Auszüge des Buches „Nichts als die Wahrheit“ von Gänswein, das in Kürze im Herder Verlag erscheinen wird. Darin beschwerte er sich nach übereinstimmenden Angaben der italienischen Tageszeitungen bitter über das Verhalten, das Papst Franziskus ihm gegenüber an den Tag gelegt habe. Er sei aufgrund seiner Beurlaubung als Präfekt des päpstlichen Hauses „schockiert und sprachlos“ gewesen.
Gänswein war in einer der letzten Amtshandlungen von Papst Benedikt XVI. im Herbst des Jahres 2012 auf den einflussreichen Posten des Präfekten des päpstlichen Hauses befördert worden, nachdem sein Vorgänger, James Michael Harvey, überraschend auf den Altersitz als Priester in der Sankt Pauls Basilika in Rom verschoben worden war. Dass Papst Franziskus ihn dann im Jahr 2020 aus dem Amt entfernt habe und ihn aufforderte, „zu Hause zu bleiben“, habe ihn schwer getroffen. Auch eine Intervention des damaligen Papstes Benedikt XVI. sei nicht erfolgreich gewesen.
Im Vatikan werfen mittlerweile zahlreiche Würdenträger Gänswein vor, den Tod des deutschen Papstes für seine Zwecke auszunutzen. Es sei „schäbig“, so sagt ein Kurienmitglied gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), dass das Buch über Gänsweins Jahre im Dienst von Joseph Ratzinger inklusive der Berichte über die Spannungen mit Papst Franziskus punktgenau an dem Tag beworben würde, an dem Benedikt XVI. verstorben sei.
Zudem gibt es im Vatikan die Meinung, Gänswein hätte die letzten Worte des Papstes nicht in der Welt verbreitet dürfen. Ein solch intimer letzter Satz wie „Jesus, ich liebe dich“ hätte das Geheimnis des Joseph Ratzinger bleiben sollen. Zudem sei der öffentliche Kuss des Georg Gänswein des Sarges von Benedikt XVI. auf dem Petersplatz eine unangemessene plakative Geste gewesen.
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Georg Gänswein (rechts), Kurienerzbischof und langjähriger Privatsekretär des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI., küsst den Sarg des verstorbenen emeritierten Papstes Benedikt XVI. vor Beginn der Trauermesse auf dem Petersplatz.
© Quelle: Alessandra Tarantino/AP/dpa
Im Vatikan spekulieren die Kardinäle nun darüber, was Georg Gänswein erreichen will. Nach der offenen Attacke gegen den Papst ist eine Zukunft in einer Führungsposition im Vatikan ausgeschlossen. Angesichts der Rechtslage hätte der Papst Georg Gänswein direkt auf den vakanten Posten des Bischofs von Bamberg versetzen können, aber auch das scheint jetzt sehr unwahrscheinlich.
Don Stanislaw Dziwisz, Sekretär des im Jahr 2005 verstorbenen Papstes Johannes Paul II., hatte nach dem Tod seines Chefs den überaus ehrenhaften Posten des Bischofs von Krakau bekommen, den zuvor Papst Johannes Paul II. inngehabt hatte. Er hatte es anschließend zur Ehre des Kardinalshutes geschafft, was Georg Gänswein verwehrt sein dürfte.
Im Vatikan gehen viele davon aus, dass Georg Gänswein bereits weiß, dass ihn eine wenig erfreuliche Zukunft erwarten wird und er deswegen beschloss, den Papst anzugreifen. Möglich wäre eine Ernennung als Botschafter (Nuntius) des Vatikans in einem weit entfernten Land, einem sehr weit entfernten Land.