Darum blieben die Titelseiten vieler österreichischer Zeitungen zum Tag der Pressefreiheit leer
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Die meisten Tageszeitungen in Österreich sind am Mittwoch mit leerer Titelseite erschienen.
© Quelle: Matthias Röder/dpa
Wien. Eine weiße Leere ziert am heutigen Mittwoch die Titelblätter zahlreicher Österreichischer Zeitungen. Die Verleger protestieren damit am Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai gegen die sogenannte Digitalnovelle, die Österreich für die Öffentlich-rechtlichen Senderkette ORF plant. In einem offenen Brief kritisieren Zeitungsverleger die Gesetzesänderung scharf: Die geänderte ORF-Finanzierung bedrohe die österreichische Medienvielfalt „existenziell“.
Große Österreichische Zeitungen beteiligten sich an der Protestaktion, darunter „Der Standard“, „Krone“, „Heute“, „Kurier“ und die „Kleine Zeitung“. Im dem gemeinsamen Brief des Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) fordern die Verlegerinnen und Verleger die Bundesregierung und Mitglieder des Nationalrats auf, das Gesetz zu überarbeiten. „Mit der geplanten Novelle zum ORF-Gesetz erhält das größte Medienunternehmen Österreichs, der ORF, zusätzliche öffentliche Geldmittel sowie erheblich mehr Möglichkeiten, seine Aktivitäten und Angebote im digitalen Raum auszuweiten“, heißt es. Der VÖZ appelliert: „Sorgen Sie für einen fairen Interessenausgleich.“
30 Millionen Euro mehr aus Beiträgen für den ORF
Mindestens 710 Millionen soll der Sender ab dem Jahr 2024 aus öffentlichen Geldern erhalten. Laut der österreichischen Medienministerin Susanne Raab seien das jährlich 30 Millionen Euro mehr. Dadurch trete der ORF verstärkt in Konkurrenz zu privaten journalistischen Medien, so der VÖZ. Raab nannte die Erhöhung jedoch ein „Nullsummenspiel“, da die Werbeeinnahmen des ORF um 25 bis 30 Prozent gekürzt würden.
Vorbild für die Gesetzesänderung ist das Nachbarland Deutschland. Ab dem kommenden Jahr soll der ORF-Beitrag die bisherige GIS-Gebühr ablösen. Dann würde es nicht mehr darauf ankommen, ob Österreicher einen Fernseher oder ein Radio zu Hause haben. Stattdessen zahlt dann jeder Haushalt pauschal 15,30 Euro pro Monat statt wie bisher 22,45 Euro, dazu kommen jeweils Landesabgaben. In Deutschland gibt es solch eine Haushaltsregelung seit 2013, als der Rundfunkbeitrag die Nachfolge der sogenannten „GEZ-Gebühr“ antrat.
ORF-Novelle: Weniger Beiträge auf der „blauen Seite“
Digitalnovelle heißt der Vorstoß, da die österreichische Regierung so auf die vermehrte Internetnutzung der ORF-Nutzer reagiert. Im Mittelpunkt des Streits steht die „blaue Seite“, die zentrale Nachrichteninternetseite des öffentlich-rechtlichen Senders. Erscheinen dort bisher Medienministerin Raab zufolge pro Woche 900 Meldungen, sollen es künftig maximal 350 sein. Statt auf Text- solle sich ORF.at auf Audio- und Videobeiträge fokussieren. Zudem sollen Beiträge in der ORF-Mediathek den Zuschauern künftig zeitlich unbefristet zur Verfügung stehen und nicht wie bisher nur sieben Tage.
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Lange hatten Politik, ORF und Zeitungsverleger die Novelle debattiert. Das Ergebnis stellte die österreichische Regierung Ende April vor. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann zeigte sich zufrieden mit der Einigung, nannte sie laut ORF einen „Kompromiss zwischen den Marktteilnehmern“. Der österreichischen Presseagentur APA sagte er zur scharfen Kritik aus der Medienbrache: „Es war emotional, es ist emotional, und es wird weiter emotional sein.“ Die weitreichende Diskussion spreche auch für die Relevanz des ORF. Weißmann betonte, dass der ORF bis 2026 trotz Gesetzesänderung eine Finanzierungslücke von 300 Millionen Euro aus eigener Kraft schließen müsse. Der ORF-Redaktionsrat Dieter Bornemann wiederum befürchtet laut ORF, dass von den Einschränkungen auf der „Blauen Seite“ Politpropaganda und „Fake News“ profitieren würden. Aus aus der Opposition kam Kritik am Vorschlag.
Notwendig hatte den Gesetzesvorstoß eine Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs gemacht. Demnach ist es verfassungswidrig, dass Nutzer die ORF-Programme über das Internet derzeit gebührenfrei sehen oder hören können. Mit der Reform müssten künftig auch Internetnutzer ohne eigenes TV-Gerät oder Radio den ORF-Beitrag zahlen.