Streit um Shakehersteller

Influencer in der Zwickmühle: Nestlé steigt bei Yfood ein

Die Yfood-Gründer in der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen" (Archivfoto)

Die Yfood-Gründer in der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen" (Archivfoto)

Hannover. Es gibt wohl kaum ein Produkt, das so gut zum Lifestyle der Influencer­branche passte wie Yfood. Das milchige Flüssiggemisch, das in den vergangenen Jahren die Supermarkt­regale eroberte, verspricht nach eigenen Angaben eine ausgewogene Ernährung mit allem, was man braucht: Proteinen, Ballaststoffen, pflanzlichen Ölen, Vitaminen und Mineralstoffen – und all das in Form eines Shakes.

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Die Ansage des Start-ups: „Nicht lang backen, Kopf in den Nacken.“ Statt aufwendig den Herd anzuschmeißen, könne man auch einfach zu einer Flasche Yfood greifen und habe seinen Tagesbedarf an allen wichtigen Nährstoffen bereits gedeckt. Die Shakes sind in allen möglichen Geschmacks­richtungen erhältlich, von Banane bis Keks. Und neben Getränken werden die Produkte auch als Pulver und Fitnessriegel angeboten.

Bekannt wurde Yfood einst durch die Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“, wo sich das Start-up einen 200.000-Euro-Deal mit Investor Frank Thelen sicherte. Wirklich erfolgreich wurde die Marke allerdings später im Internet: Mit fast schon aggressivem Influencer­marketing drängt sich Yfood seit Jahren in gefühlt jedes zweite Youtube-Video – oder in die Instagram-Storys der Internet­stars und ‑sternchen.

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Hier sieht man dann etwa Sami Slimani mit drei Yfood-Flaschen am Laptop in einem scheinbar teuren Auto, Unge vor einem Kühlschrank, der mit Dutzenden Yfood-Flaschen bestückt ist – oder Rezo mit nachdenklichem Blick, wie er sich ein Produkt des Unternehmens an den Kopf hält.

Die meisten dürften die Marke allerdings vor allem durch das Erfolgsformat „7 vs. Wild“ kennen. Das Start-up ist jahrelanger Partner von dessen Initiator Fritz Meinecke und anderen Protagonisten der Survivalszene, etwa Survival Mattin. Vor den Episoden der Show liefen Werbeclips mit Meinecke, der den Shake bewarb.

Und in der letzten Folge der Show, als die Teilnehmer und Teilnehmerinnen die Insel in Panama verlassen durften, wurde ihnen selbstverständlich umgehend eine Flasche Yfood in die Hand gedrückt.

Selbstoptimierung und keine Zeit zum Essen

Die Symbiose des Shake­herstellers mit der Influencer­branche kommt nicht ganz von ungefähr. Yfood passt zu naturverbundenen Survival- und Outdoor­­protagonisten ebenso wie zu den stundenlangen Streaming­sessions der Gamerszene – auch da kommt man bekanntlich nicht immer zum Essen. Und dann wäre da nicht zuletzt auch noch der Selbstoptimierungs­­wahn der Lifestyle­influencer-Branche, der sich perfekt mit Yfood kombinieren lässt.

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Deren Akteure sind stets auf ihre Gesundheit und Fitness bedacht, denken viel über cleane Ernährung und Nachhaltigkeit nach, sind auf der ständigen Suche nach dem nächsten großen Optimierungs­ansatz, der sich zu Geld machen lässt. Protein­produkte und ‑rezepte überschwemmen regelrecht den Markt, seit Influencerinnen und Influencer sie zu allen möglichen Situationen in die Kamera halten. Mit dem einher geht das immer wiederkehrende Versprechen, man könne auch so erfolgreich sein, wenn man nur hart genug an sich arbeite.

Aber wer hart arbeitet, der hat nun mal wenig Zeit zum Essen. Yfood hat Lösungen für alle erdenklichen Influencer­problemchen und für alle Branchen einen Marketing­ansatz. Das führt dazu, dass man beim Konsumieren von Youtube oder Instagram praktisch von der Marke überschwemmt wird.

Gesundheitsexperten sind kritisch

Das Marketing wirkt: Rund um Produkte wie Yfood hat sich ein riesiger Hype und eine hartnäckige Fangemeinde entwickelt. In Internet­bewertungen schwören gesundheits­bewusste Konsumentinnen und Konsumenten auf ihre Trink­mahlzeiten, in den Supermarkten stapeln sich die Flaschen der Produkte in den Regalen.

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All das passiert, obwohl Ernährungs­­medizinerinnen und ‑mediziner von dem Trend nur mittelmäßig begeistert sind. Sie halten Produkte wie Yfood oder dessen Konkurrenten Huel, Saturo und Co. zwar nicht unmittelbar für gesundheits­schädlich – aber eben auch nicht für sonderlich förderlich. Die Verbraucher­zentrale Bremen etwa warnt davor, Mahlzeiten langfristig durch die Einnahme solcher Drinks zu ersetzen.

Gastro­enterologin Viola Andresen sieht in einem aktuellen Beitrag des NDR die Gefahr einer „Überernährung“ – wer die Getränke regelmäßig statt Mahlzeiten zu sich nehme, könne dadurch sogar dick werden. Die Magen­motorik sei auf solche Produkte zudem gar nicht ausgelegt, heißt es im selben Beitrag. Wenn Nahrung schon flüssig im Magen ankomme, beginne sofort die Magen­entleerung und es würden wichtige Verdauungs­prozesse außer Kraft gesetzt.

Nestlé steigt bei Yfood ein

All das hat die Influencer­branche bislang wenig gestört – dafür lief das Geschäft mit der beliebten Start-up-Marke auch einfach zu gut. Yfood pumpt geschätzt mehrere Millionen in das Influencer­marketing – und die Akteure nehmen das dankend an. Über Jahre hinweg war der Shake­hersteller verlässlicher Partner aller möglichen Influencer­nischen – bis jetzt.

Grund ist eine unternehmerische Entscheidung des Start-ups. Yfood hat Anteile verkauft – allerdings nicht an irgendwen, sondern an den Lebens­mittel­­großkonzern Nestlé. Wie die „Lebensmittel­zeitung“ berichtet, hat dieser Ende Februar eine Minderheits­beteiligung an Yfood erworben. Das Münchner Start-up solle strategisch sowie operativ aber unabhängig bleiben, heißt es.

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In der Influencer­branche sorgt das Bekanntwerden der Nachricht für mächtig Unruhe – verbunden mit der einen großen Frage: Was nun?

Schmutzige Geschäfte mit Wasser

Nestlé steht seit jeher wegen seines Geschäfts­­modells in der Kritik. Bekannt ist der Konzern nicht zuletzt dafür, dass er in ärmeren Regionen Wasserrechte einkauft, um das Grundwasser anschließend in Falschen zu verkaufen. Darunter leiden insbesondere Orte, an denen Wasser­­knappheit herrscht, wie im Süden Afrikas oder Äthiopien.

Auch in Sachen Umweltschutz hat der Konzern keinen guten Ruf, etwa wegen der Verwendung von Palmöl in Produkten wie Kitkat.

Schlechte Aussichten für Ankerkraut

Ein Bewusstsein für diese Missstände haben Teile der Influencerbranche durchaus – das hat sich schon vor knapp einem Jahr gezeigt. Im Frühjahr 2022 hatte das beliebte Influencer­produkt Ankerkraut, ein Gewürz-Start-up, sein Geschäft an den umstrittenen Lebensmittel­konzern verkauft. Die Folge: Dutzende wütende Influencerinnen und Influencer, vor allem aus dem Koch- und Gamingbereich, zogen die Kooperation mit dem Unternehmen umgehend zurück und machten ihrem Ärger in den sozialen Netzwerken Luft.

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Es folgten ihre Fans. Sie riefen auf Plattformen wie Twitter und Instagram zum Boykott des Unternehmens auf. Das Start-up brachte das in Erklärungsnot – bis heute dürfte sich das Unternehmen nicht vollends davon erholt haben. Die „Lebensmittel­zeitung“ berichtete im Herbst vergangenen Jahres, der Gewürz­hersteller wachse nach der Übernahme durch Nestlé langsamer als erwartet – Pläne für einen Neubau etwa wurden vorerst gestrichen.

Nun scheint sich die Geschichte zu wiederholen – und einige Influencer haben längst Konsequenzen gezogen.

Streamer lassen Yfood fallen

Der Streamer Unge, der lange Zeit für die Flüssigmahlzeit Yfood geworben hatte, erklärte prompt nach Bekanntwerden des Einstiegs Nestlés auf seinem Twitter-Profil: „Bin selbst schon seit Anfang des Jahres kein Yfood-Partner mehr und damit bleibt das auch in Zukunft so. Finde trotzdem sehr schade, in wie viele Bereiche Nestlé seine Finger steckt.“

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Der Twitch-Streamer Stylerz erklärte auf Twitter: „Fuck Nestle. Ich kann und werde kein Produkt bewerben, bei dem so ein Konzern beteiligt ist. Sollte das durchgehen, werde ich meine bisher sehr gut verlaufene Partnerschaft mit Yfood beenden.“

Der Streamer und Youtuber Kay schrieb, er habe „mit sofortiger Wirkung“ seine Partnerschaft mit Yfood beendet. „Leider hat Yfood sich mit Nestlé zusammengetan und das kann ich nicht vertreten. Sehr schade.“

Und der Gamer ELoTRiX kommentierte, der Einstieg von Nestle veranlasse ihn zum „sofortigen Beenden der Partnerschaft“.

Meinecke wirbt weiter

Die Gamingszene war auch diejenige, die bei der Übernahme des Start-ups Ankerkraut durch Nestlé schnell Nägel mit Köpfen gemacht hatte. Deutlich ruhiger sind die Reaktionen derweil aus anderen Influencerbranchen – und nicht zuletzt die mit Yfood eng verbundene Outdoorszene hält sich bislang bedeckt.

Dessen erfolgreichster Protagonist, der Youtuber Fritz Meinecke, hatte noch am Tag des Bekanntwerdens des Nestlé-Einstiegs auf seinem Instagram-Kanal ein Werbefoto samt Yfood-Flasche gepostet.

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In den Kommentar­spalten des Posts lassen Fans den Influencer gleich ihren Unmut spüren: „Also ich bin echt enttäuscht, wenn Fritz sich jetzt auch noch an Nestlé verkauft. Grade jemand, der sich so naturverbunden gibt, sollte so was nicht bewerben“, schreibt dort einer. Ein anderer kommentiert: „Tu bitte das Richtige und trenn dich von Yfood. Geld schmeckt bestimmt, aber da klebt jetzt das Blut von unterdrückten Menschen und Tieren dran.“

Eine Freundschaft bekommt Kratzer

Meineckes Kollege Survival Mattin hatte erst vor fünf Tagen einen Werbepost für Yfood abgesetzt – auch er bekommt nun den Unmut der Fans zu spüren. „Wer Werbung für Nesté-Produkte macht, den unterstütze ich nicht“, schreibt dort etwa ein Kommentator. Ein anderer kommentiert: „Nestlé ist einer der schlimmsten Konzerne, die es überhaupt gibt. (...) „Wenn dir die Umwelt wirklich wichtig ist, weißt du, was zu tun ist.“

Ob die beiden Survivalstars auch künftig an Yfood festhalten wollen, ist unbekannt. Neben Meinecke und Survival Mattin haben sich auch andere Yfood-Partner bislang nicht zur Kontroverse geäußert.

Eines jedoch ist klar: Über der engen Freundschaft zwischen der Milchshakemarke und der Influencerbranche hängen von nun an dunkle Wolken.

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