Großartiger Auftakt mit Weltstars
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Auftaktveranstaltung mit Weltstars: (v.l.) Neo Rauch, Yaara Tal, Rosa Loy und Andreas Groethuysen im Schafstall in Bisdorf.
© Quelle: Foto: Andreas Greiner-Napp
Bisdorf.Im voll besetzten Schafstall Bisdorf eröffnete am Samstag Günther Graf von der Schulenburg als Künstlerischer Direktor das diesjährige „Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival“. Erstmalig 1992 und seit 2012 unter dem Motto „Kunst begegnet Musik“ schafft der Ort, „wo einst die Schafe blökten“, erneut den Rahmen für eine Atmosphäre, in der die Begegnung „menschlich berührend“ ist. In diesem Jahr sind zwei Künstlerpaare vertreten, die durch unkonventionelle künstlerische Ausdrucksformen international hohes Ansehen genießen.
Rosa Loy und Neo Rauch, beide miteinander verheiratet, beide Vertreter der Neuen Leipziger Schule und beide „manchmal vierhändig“ malend, stellen Werke im Foyer des Schafstalls aus. Die Künstlerin bevorzugt das Kleinformat für ihre von Sinnlichkeit geprägten, rätselhaft mythisch bis zu surrealistisch anmutenden Bilder und Zeichnungen. Hingegen liebt Rauch das Großformat. Er hat eine eigene Aussage entwickelt, die sich stilistisch in einer eigenwilligen Vermischung von sozialistischem Realismus, Comic, Agitprop und Werbung als eine Art Traumwelt und Vision ausdrückt.
Seit 30 Jahren geht das Klavierduo Yaara Tal und Andreas Groethuysen immer wieder auch ungewohnte Wege der Interpretation traditioneller Werke. Diesmal waren es die „Studien zu Bachs Kunst der Fuge“ des zeitgenössischen Komponisten Reinhard Febel.
Konnte Bach die letzte der 21 vorhandenen kontrapunktischen Arbeiten nicht mehr beenden, so gilt sein Werk als kulturelles Vermächtnis und das Vollkommenste, das je in Tönen niedergeschrieben wurde. Also: unantastbar?
Kein Kompositionsschüler kommt an der Beschäftigung mit dem Werk vorbei, einschließlich der Aufgabenstellung zu kompositorischen „Studien“. Gleiches macht Febel auf dem Hintergrund seiner langjährigen Praxis. Erfordert das Original bereits höchste Ansprüche der Spieltechnik, so steigert Febel noch einmal das Anspruchsniveau an die Künstler.
Geradezu mühelos, mit einer unglaublich dynamischen Bandbreite und dank ihrer ausgefeilten Anschlagstechnik bei perfekt abgestimmtem Spiel stellen sich Tal und Groethuysen dieser Herausforderung. Stets ist der originale Bach zu hören, während durch rhythmische oder harmonische Verschiebungen, Oktavierungen oder eingeworfene, aus Obertonreihen gebildete Akkorde die Stücke immer wieder ein modernes Gewand erhalten. Eben: Künstlerische Studien im Sinne einer Verbindung von Tradition und Gegenwart.
Noch heute gibt Bachs Werk in vielerlei Hinsicht Rätsel auf. Die Eröffnungsveranstaltung hat einen wertvollen Beitrag zur Antwortfindung geliefert. Bravo.
Von Heinz-Werner Kemmling