Baby an Bord

Wonneproppen im Angebot: der südkoreanische Kinofilm „Broker“

Baby an Bord: Unterwegs entsteht quasi eine neue Kleinfamilie rund um Sang-hyun (Song Kang-ho, r.).

Baby an Bord: Unterwegs entsteht quasi eine neue Kleinfamilie rund um Sang-hyun (Song Kang-ho, r.).

Mit Wahlverwandtschaften kennt sich der japanische Regisseur Hirokazu Kore-eda bestens aus. Für internationale Furore bis hin zur Goldenen Palme in Cannes sorgte sein Film „Shoplifters“ (2018) über eine Kleinfamilie in einem winzigen Häuschen inmitten von Tokio, die gar keine war. Was die sympathischen Mitglieder aus mindestens drei Generationen miteinander verband, waren Diebeszüge, um den Lebensunterhalt gemeinsam zu bestreiten.

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Nun legt der Japaner in der Tragikomödie „Broker“ mit einer noch sonderbareren Figurenkonstellation nach. Wiederum schweißt er Menschen zur Notgemeinschaft zusammen. Dieses Mal ist sein Film allerdings in Südkorea angesiedelt.

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Die junge Mutter So-young (Lee Ji-eun) ist verzweifelt und weiß sich keinen anderen Rat, als ihr Neugeborenes in einer verregneten Nacht an einer Babyklappe abzugeben. Kurz darauf kehrt sie reumütig zurück. Doch ihr Baby ist weg. Sie stößt bei der Suche auf Sang-hyun (Song Kang-ho, in Cannes geehrt als bester Darsteller und bekannt aus „Parasite“) und Dong-soo (Gang Dong), die das Kind meistbietend an potenzielle Eltern verkaufen wollen.

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Es gibt Filme mit ähnlichen Ausgangsbedingungen im Kino, einer der eindrücklichsten ist „Das Kind“ (2005) der belgischen Dardenne-Brüder, einst ebenfalls Palmen-Sieger in Cannes. In dem Sozialdrama verkauft ein junger Vater sein eigenes Kind. Erst als es zu spät ist, lernt er, Verantwortung zu übernehmen.

Der Dardenne-Film war ein bitteres Werk über die unmenschlichen Auswüchse des Kapitalismus. Ihr japanischer Kollege Kore-eda geht die Sache ganz anders an, ähnlich wie schon in „Shoplifters“. Er erweist sich erneut als Sozialromantiker mit Hang zum Sentimentalen. Am Rande der Gesellschaft findet er durchweg mitfühlende Menschen, die sich ihren eigenen Reim aufs südkoreanische Adoptionsrecht gemacht haben.

Die Kinderräuber wollen nur das Beste für ihre menschliche Beute und können auch die Mutter davon überzeugen. So-young sieht sich wegen ihrer erst später in diesem Film enthüllten Vergangenheit nicht in der Lage, sich selbst um ihren Sohn zu kümmern. Besser als jedes Waisenheim sind nach Ansicht der Baby-Broker liebende Zieheltern. Geld brauchen alle Beteiligten allerdings ebenso dringend.

Ein Film, der Mut macht

Weder über die Mutter noch über die anderen bricht der Regisseur und Drehbuchautor den Stab: Die Wirklichkeit ist manchmal zu kompliziert für einfache moralische Verurteilungen.

So startet das Trio eine Reise an der pittoresken südkoreanischen Küste, um sich mit potenziellen Eltern für das Neugeborene zu treffen. Was die drei zunächst nicht ahnen: Auf den Fersen sind ihnen die Polizistinnen Su-jin (Bae Doona) und Lee (Lee Joo-young).

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Die Ermittlerinnen wollen die Kinderverkäufer auf frischer Tat überführen. Vervollständigt wird die Reisegesellschaft bald schon durch das Waisenkind Hae-jin, das sich als blinder Passagier im Minibus von Sang-hyun und Dong-soo versteckt hat.

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Die Geschichte ließe sich durchaus als Sozialkitsch abtun, aber man kann sich auch daran erfreuen, wie sehr Kore-eda an die Sozialkompetenz des Menschen glaubt. Erst einmal werden hier praktisch alle Erwachsenen zu Ersatzeltern für den siebenjährigen Hae-jin, der für die komischsten Momente in diesem warmherzigen Film zuständig ist. Und wer immer Verluste in der eigenen Familie zu beklagen hat, findet unterwegs Ersatz – Sang-hyun verlor den Kontakt zu seiner Tochter, Dong-soo wuchs in einem Waisenhaus auf.

Dass diese melancholische Reise bei allem Harmoniebestreben des Regisseurs nicht in einem ungebrochenen Happy End enden kann, ist klar. In keinem Moment aber ist zu befürchten, dass die Sache wirklich tragisch endet.

Spannung ist sowieso nicht die Stärke dieses Regisseurs, auch wenn er sich hier überraschenderweise um einige Thrillerelemente bemüht.

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„Broker“ ist ein Mut machender Film über die Sehnsucht des Menschen, dazuzugehören und mit anderen eine Gemeinschaft zu bilden. Alle suchen hier auf die eine oder andere Weise Anschluss. Der Japaner Kore-eda ist ein Regisseur, der ihnen diesen Wunsch gern erfüllen möchte.

Einmal liegt die Notgemeinschaft nachts gemeinsam in einem Hotelzimmer. Als das Licht gelöscht ist, versichert jeder den anderen: „Danke, dass du geboren bist.“ Nur, wer einen Stein in der Brust trägt, ist in diesem Moment nicht gerührt.

In gut zwei Kinostunden vergisst man gern, wie sehr diese Geschichte auf Kinoverträglichkeit getrimmt ist. Das fängt schon bei dem Kleinen an, um den sich hier alles dreht: Das zu verkaufende Kind ist ein echter Wonneproppen, der sich durch erstaunliche Pflegeleichtigkeit in allen Lebenssituationen auszeichnet. Schon schön, wenn man sich auf seinen Hauptdarsteller so sehr verlassen kann.

„Broker – Familie gesucht“, Regie: Hirokazu Kore-eda, Song Kang-ho, Gang Dong, Bae Doona, 129 Minuten, FSK 12

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