Tierschutzbund über Corona: Tierheime sind bald überlastet - und es mangelt an Spenden

Bello sucht neues Herrchen: Wer aktuell einen Vierbeiner aus dem Tierheim adoptieren möchte, muss mehr Zeit als sonst dafür einkalkulieren.

Bello sucht neues Herrchen: Wer aktuell einen Vierbeiner aus dem Tierheim adoptieren möchte, muss mehr Zeit als sonst dafür einkalkulieren.

Auch Tierheime sind von den einschränkenden Maßnahmen im Kampf gegen das neuartige Coronavirus betroffen. So dürfen etwa Freiwillige wegen des Kontaktverbotes vielerorts nicht mehr helfen und aufgrund von Kurzarbeit fallen Spenden weg.

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Frau Schmitz, wo liegen momentan die Probleme der Tierheime?

An erster Stelle stagniert mehr oder weniger die Vermittlung von Tieren. Für den normalen Besucherverkehr haben die Tierheime geschlossen und viele Menschen plagen derzeit gesundheitliche und finanzielle Sorgen – da gerät die mögliche Adoption eines Tierheimtieres eher in den Hintergrund. Manche Tierheime vermitteln weiter, indem sie so viel wie möglich vorab telefonisch klären und dann Einzeltermine mit den Interessenten ausmachen.

Lea Schmitz ist Pressesprecherin vom Deutschen Tierschutzbund. Dieser setzt sich dafür ein, dass Tiere ein artgerechtes Leben führen können - und betreibt mehrere Tierschutzzentren und berät Tierheime.

Lea Schmitz ist Pressesprecherin vom Deutschen Tierschutzbund. Dieser setzt sich dafür ein, dass Tiere ein artgerechtes Leben führen können - und betreibt mehrere Tierschutzzentren und berät Tierheime.

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Weil aber überall auf allgemeine Besuchszeiten und Tierheimführungen verzichtet werden muss, ist davon auszugehen, dass weniger Tiere als sonst vermittelt werden. Gleichzeitig werden natürlich weitere Tiere aufgenommen – wobei die Tierheime bislang noch nicht über größere Abgaben speziell wegen Corona berichten. Trotzdem ist über kurz oder lang davon auszugehen, dass die Tierheime an ihre Kapazitätsgrenzen kommen könnten. Natürlich bereiten sich die Tierheime zudem auf eine vermehrte Neuaufnahme auch von Tieren von Infizierten vor. Weitere Probleme sind der Wegfall von Spenden und fehlende personelle Kapazitäten – vor allem wegen des Wegfalls von Ehrenamtlichen.

Welche Probleme entstehen für Tierheime, wenn Ehrenamtliche wegfallen?

Personell kommen die Tierheime teils jetzt schon an ihre Grenzen. Wo es genügend Personal gibt – eher in größeren Tierheimen – wird aktuell im Zwei- oder sogar Dreischichtbetrieb gearbeitet, um mögliche Ansteckungen unter den Tierpflegern zu verhindern.

In vielen Tierheimen sind ehrenamtliche Helfer essentiell, die jetzt auch mehr oder weniger wegbrechen – je nachdem, wie scharf die Bestimmungen im jeweiligen Bundesland sind und ob die Ehrenamtler zur Risikogruppe gehören. Natürlich versuchen aber auch die Tierheime, die Zahl der Personen, die ins Tierheim kommen, zu minimieren, sofern irgend möglich. Wo Gassigänger weiter mit den Hunden spazieren gehen, werden die Tiere möglichst kontaktlos, etwa in Schleusen, übergeben.

Die große Befürchtung ist überall, was passiert, wenn Tierpfleger erkranken und ausfallen. Es gibt auch ganz kleine Tierheime, die vor allem ehrenamtlich arbeiten. Ich denke da etwa an das Tierheim Fürstenwalde in Brandenburg, das sich noch nie festangestellte Mitarbeiter leisten konnte. Mit nur sechs festen Ehrenamtlichen schultern sie die Arbeit allein, was jetzt heißt: Wenn einer ausfällt, dann geht es an die körperlichen Grenzen der Übriggebliebenen.

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Geben momentan mehr Menschen Ihre Tiere ab oder besteht sogar ein größeres Interesse an Vermittlungen?

Vereinzelt gab es Anfragen in Tierheimen – und auch bei uns – ob Tiere sicherheitshalber abgeben werden sollten. Die Menschen hatten also teils Angst vor einer Ansteckung über das Tier, obwohl dafür natürlich kein Grund zur Sorge besteht. Diese Menschen konnten aber aufgeklärt werden und es waren auch eher Einzelfälle. Bisher gibt es auch keine größeren Tierabgaben, weil Menschen erkranken oder in Quarantäne müssen. Noch scheinen das Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder der betroffenen Tierhalter gut auffangen zu können. Wie lange das so bleibt, ist aber unklar. Die Aufnahme von Tieren geht zudem “normal” weiter.

Einige Tierheime berichten auch davon, dass Menschen sich jetzt verstärkt nach einem Tier oder der Nähe sehnen und anfragen, ob sie ein Tier etwa für zwei Monate übernehmen und dann zurückbringen können. Das liegt natürlich auch daran, dass viele Menschen nun zu Hause sind und Zeit haben. Hier muss man natürlich klarstellen, dass die Entscheidung für ein Tier immer gut überlegt sein sollte und nicht vorschnell getroffen werden sollte – auch nicht in Zeiten von Corona.

Tierheime vermitteln auch nur in ein “Zuhause-für-immer”. Die Übernahme von Tieren für eine begrenzte Zeit mag zwar von dem ein oder anderen gut gemeint sein, eine Rückkehr ins Tierheim nach nur zwei Monaten wäre für das Tier aber purer Stress. Unter dem Strich kann man sagen, dass derzeit mehr Tiere aufgenommen als vermittelt werden.

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Hat sich die Spendensituation verändert?

Ja. Spenden werden vor allem deshalb ausbleiben, weil Veranstaltungen, wie Osterfeste, Tage der offenen Tür, Basare und ähnliche, an denen traditionell viele Spenden gesammelt werden, ausfallen müssen. Viele Tierheime spüren dies bereits. Auch ist die Spendenbereitschaft in Krisenzeiten eher rückläufig, zumal viele Menschen ja beruflich und damit finanziell betroffen sind. Teilweise wird auch gemeldet, dass Mitgliedschaften in Vereinen gekündigt werden und Patenschaften für Tiere wegbrechen. Die Tierschutzvereine, die bereits in den letzten Jahren wegen der unzureichenden Kostenübernahme für Leistungen, die sie für die öffentliche Hand erbracht haben, nur unzureichend Rücklagen bilden konnten, trifft dies in besonderem Maße. Wir als Dachverband versuchen natürlich auch mit unserem Feuerwehrfonds nun rasch und unbürokratisch zu helfen, wo es möglich ist – sind aber natürlich selbst auf Spenden angewiesen.

Gibt es für Tierheime keine staatlichen Hilfen?

Weil Tierheime mit der Betreuung von Fundtieren und beschlagnahmten Tieren kommunale Aufgaben übernehmen und maßgeblich dazu beitragen, das Staatsziel Tierschutz in Deutschland zu verfolgen, bedarf es aus unserer Sicht dringend politischer Unterstützung. Ein weiterer Missstand für den Tierschutz: Die Bewilligung von Fördermitteln wird abgelehnt, da bei der Bemessung der Fördergrundlage lediglich die Verluste aus Zweck- und Wirtschaftsbetrieb berücksichtigt werden.

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Alle Spenden, die mit dem Spendenzweck “Nothilfe für Tierheime” beim Deutschen Tierschutzbund eingehen, werden an besonders betroffene Tierheime und Tierschutzvereine weitergeleitet: www.tierheime-helfen.de/spenden-corona



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