SpaceX-Raketenteil wird auf dem Mond einschlagen
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Start einer SpaceX-„Falcon 9“-Rakete in Cape Canaveral im Dezember 2021.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Ein Teil einer Weltraumrakete befindet sich auf Kollisionskurs mit dem Mond und wird voraussichtlich am 4. März dort einschlagen. Es handelt sich um einen Teil einer „Falcon 9″-Rakete von SpaceX, der privaten Weltraumfirma des Unternehmers Elon Musk. Die „Falcon 9″ war im Februar 2015 von der Erde gestartet, um den Satelliten „Deep Space Climate Observatory“ (DSCOVR) der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA in den Weltraum zu transportieren. DSCOVR wurde zum „Lagrange-Punkt L1″ transportiert, einem Punkt zwischen Erde und Sonne in 1,5 Millionen Kilometer Entfernung zu unserem Planeten. Der Satellit umkreist die Sonne synchron mit der Erde und soll wichtige Daten zu Sonnenwinden und geomagnetischen Stürmen erfassen, die andere Satelliten, Starkstromnetze, GPS und Kommunikationssysteme beeinträchtigen könnten.
Weltraumraketen wie die „Falcon 9″ bestehen aus mehreren Untereinheiten, die man als Raketenstufen bezeichnet und die jeweils eigene Triebwerke und Treibstoff enthalten. Wurde der Treibstoff einer Stufe verbraucht, spaltet sich diese ab, um das Gewicht der Rakete zu verringern. Die erste Raketenstufe kann bei einer „Falcon 9″-Rakete zur Erde zurück gesteuert und für den Start einer anderen Rakete wiederverwendet werden. Die zweite Stufe der Rakete wird normalerweise durch einen kontrollierten Absturz in die Erdatmosphäre zum Verglühen gebracht.
Beim Start der „Falcon 9″ vor sieben Jahren war allerdings etwas schiefgelaufen: Als die zweite Stufe der Rakete im Weltall den Satelliten entließ, hatte sie nicht mehr genug Treibstoff, um zum Verglühen in die Erdatmosphäre zurück gesteuert werden zu können. Auch war es nicht mehr möglich gewesen, die Raketenstufe aus der Schwerkraft von Erde und Mond herauszusteuern. Seitdem taumelte sie daher als „Weltraummüll“ in der Umlaufbahn von Erde und Mond umher, erst mit dem Einschlag auf dem Mond wird der Irrflug nun enden. Die vier Tonnen schwere Raketenstufe wird bei der Kollision eine Geschwindigkeit von etwa 9288 Stundenkilometern haben und einen Krater auf dem Mond schlagen.
Weltraumschrott ist Gefahr für die Raumfahrt
Eine weitere Vorhersage für die Kollision lieferte Bill Gray, Entwickler einer Software zur Beobachtung erdnaher Flugkörper. Er geht davon aus, dass sich der Einschlag am 4. März auf der erdabgewandten Seite des Mondes ereignen wird. Der Astronom Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge schreibt auf seinem Twitter-Account, der Einschlag auf dem Mond sei „interessant, aber keine große Sache“. Gemeint ist: Für die Erde wird der Absturz der Raketenstufe keine Auswirkungen haben.
Allerdings wirft das Ereignis die Frage auf, welche Gefahren von Weltraummüll generell ausgehen. Denn Tausende kleinerer und größerer Hinterlassenschaften der Raumfahrt fliegen seit Jahrzehnten durch den Orbit. Das ist zunächst einmal ein Risiko für die Raumfahrt selbst. So ergeben sich der europäischen Raumfahrtbehörde Esa zufolge bereits „schwerwiegende Risiken“ für den Betrieb von Satelliten. Auf der Seite der Esa heißt es: „Müllobjekte größer als etwa zehn Zentimeter sind bei typischen Relativgeschwindigkeiten von zehn bis 14 Kilometern pro Sekunde auf erdnahen Bahnen in der Lage, einen Satelliten oder eine orbitale Raketenstufe vollständig zu zerlegen, wobei Hunderte bis Tausende von Objekten neu entstehen.“ Bei der Esa geht man von 29.000 solcher „hochriskanten Objekte“ in erdnahen Bahnen aus.
Auch für bemannte Raumfahrtstationen wie die ISS ist Weltraumschrott gefährlich, diese müssen immer wieder Ausweichmanöver fliegen, um nicht zu kollidieren. Und nicht zuletzt ist Weltraumschrott auch ein Problem für die Erde. Wenn größere Abfallprodukte in die Atmosphäre eindringen, zerbersten diese, die meisten Fragmente verglühen oder landen in den Ozeanen. Andere können jedoch auf dem Festland einschlagen. Bisher seien „soweit bekannt keine Menschen dabei zu Schaden gekommen“, so die Esa. Es können aber „beträchtliche materielle Schäden entstehen, wenn bebautes Gebiet getroffen wird“.
Einschläge auch auf der Erde möglich
Im Mai 2019 waren Reste einer ausgedienten chinesischen Weltraumrakete vom Typ „Langer Marsch 5B“ über der Elfenbeinküste niedergegangen und hatten dort Häuser beschädigt. Im vergangenen Frühjahr ließ China dann eine 20 Tonnen schwere Rakete gleichen Typs unkontrolliert abstürzen, was international für Aufruhr gesorgt hatte. So landete die Rakete schließlich im Meer, Experten hatten zuvor aber nicht ausschließen können, dass Trümmerteile auf dem Festland einschlagen könnten.
China hingegen hatte Vorwürfe gegen das Unternehmen SpaceX erhoben, weil dessen Satelliten mehrfach ihre Umlaufbahn verlassen hatten und mit der im Bau befindlichen chinesischen Raumfahrtstation „Tiangong“ (Himmelspalast) zu kollidieren drohten. Nach Schätzungen der britischen University of Southampton soll SpaceX schon bald für 90 Prozent aller „close encounters“, aller Beinahekollisionen im Weltall mit fehlgesteuerten Satelliten, verantwortlich sein. Für sein Großprojekt eines satellitengestützten Internetdienstes will SpaceX in den nächsten Jahren 42.000 solcher Flugkörper in die Erdumlaufbahn schicken.
Der Aufschlag der „Falcon 9″-Raketenstufe am 4. März auf der Rückseite des Mondes wird von der Erde aus nicht zu sehen sein. Die Internetseite zur Software von Entwickler Bill Gray sagt aber vorher, dass der Flug der Raketenstufe vom siebten Februar an ein bis zwei Tage lang zu beobachten sein wird, als ein helles, nahes und sich schnell bewegendes Objekt.