Rätselhafte und anfällige Hohlräume: Wozu braucht es Nasennebenhöhlen?

Eine Nasennebenhöhlenentzündung ist oft die Folge eines Schnupfens.

Eine Nasennebenhöhlenentzündung ist oft die Folge eines Schnupfens.

Allem Anschein nach machen die Nasennebenhöhlen nur Ärger. Sie verstopfen gern und entzünden sich, bereiten Schmerzen und vieles mehr. Jeden Winter kommt es in Deutschland schätzungsweise 15 Millionen Mal zu einer Sinusitis, wie die Entzündung in der Fachsprache genannt wird. Da erstaunt es doch, dass Mediziner immer noch nicht genau wissen, warum der Mensch diese Löcher überhaupt hat. Dazu wurden im Laufe der Jahre viele, teilweise originelle Thesen aufgestellt, die aber allesamt nicht bewiesen sind. Überhaupt scheinen die dunklen Höhlen voller finsterer Geheimnisse zu stecken.

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Die Nasennebenhöhlen sind mit Luft gefüllte Hohlräume im Schädelknochen, die mit Schleimhaut ausgekleidet sind. „Alle sind durch kleine Gänge mit der Nase verbunden“, erklärt Prof. Klaus-Wolfgang Delank, Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik am Klinikum Ludwigshafen. Überraschend ist für Laien die Tatsache, dass die Kammern so zahlreich sind: Auf jeder Gesichtsseite gibt es jeweils eine Stirnhöhle, Keilbeinhöhle, Kieferhöhle sowie mehrere Siebbeinzellen. Bei Letzteren handelt es sich um ein regelrechtes Labyrinth kleiner Hohlräume auf Augenhöhe. Wie viele es genau sind, ist von Mensch zu Mensch verschieden.

Nasennebenhöhlen entwickeln sich erst mit der Zeit

Bei der Geburt sind die Nasennebenhöhlen noch nicht vollständig ausgebildet. Zum Beispiel entwickele sich die Stirnhöhle erst später, erklärt Delank. „Wenn mir Eltern ein dreijähriges Kind vorstellen mit der Vermutung, es hätte eine Stirnhöhlenentzündung, ist deshalb klar: Das kann nicht sein!“. Auch manche Erwachsene – hierzulande sind es um die 2 Prozent – haben keine Stirnhöhle, wie der Experte berichtet. Überhaupt gibt es bei der Anatomie der Nase und ihrer Nebenhöhlen große individuelle Unterschiede.

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Aber wozu hat der Mensch Nebenhöhlen? Eine Hauptthese besagt, dass die Kammern an der Klimatisierung der Atemluft beteiligt sind: Über die Nasennebenhöhlen werden der eingeatmeten Luft Wärme und Feuchtigkeit zugeführt. Andere Wissenschaftler vermuten, dass die Hohlräume der Stimme mehr Resonanz verleihen, wieder andere, dass die Löcher den Schädel leichter machen. Es gibt auch die Theorie, dass die Nebenhöhlen der Produktion und Speicherung von Stickstoffmonoxid und damit der Infektabwehr dienen. Dieser Stoff wirkt nämlich antibakteriell und antiviral.

Damit nicht genug: Auch die sogenannte „Airbag“-These hat Fürsprecher. Demnach schützen die Luftkammern bei Unfällen Gehirn und Auge. „Wenn dem Augapfel zum Beispiel ein schwerer Schlag versetzt wird, dann kann der Höhlenboden brechen, sodass der Augapfel zur Kieferhöhle ausweichen kann“, sagt Delank. Insofern wären die Nebenhöhlen ein raffinierter Schutzmechanismus. Aber was von all dem stimmt? Delank hält die Klimatisierungs- und auch die Leichtbauthese für am wahrscheinlichsten, weiß aber, dass Beweise fehlen. Auch eine Literaturrecherche der Hals-Nasen-Ohrenärztin Hannah Sieron und Kollegen vom Uniklinikum Ulm, die in der August-Ausgabe der Zeitschrift HNO erschienen ist, belegt, dass nichts belegt ist. „Die verschiedenen Theorien über die Funktion der Nasennebenhöhlen werfen auch heute noch viele Fragen auf, und die wahre Funktion ist nicht vollständig geklärt“, lautete das Fazit.

Nasennebenhöhlenentzündung, Sinusitis, anschwellende Schleimhäute

„Böse Zungen sagen: Die Nasennebenhöhlen wurden erfunden, damit die HNO-Ärzte immer genug Arbeit haben“, sagt Delank. In der Tat sind die Kammern fast prädestiniert für Entzündungen. „Wenn das Sekret bei einer Infektion nicht richtig abfließen kann, entwickelt sich eine Sinusitis.“ Das kann passieren, wenn die Schleimhäute bei einer Erkältung anschwellen. Bei Allergien, Nasenpolypen oder auch anatomischen Besonderheiten wie einer krummen Nasenscheidewand kommt es besonders leicht zum Verschluss.

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Bis zu 80 Prozent der Fälle heilen innerhalb von zwei Wochen auch von selbst aus.

Welche und wie viele Höhlen entzündet sind, ist unterschiedlich. „Am häufigsten macht die Kieferhöhle Probleme“, sagt Delank. Bei einer akuten Sinusitis sind in der Regel die Nebenhöhlen auf beiden Seiten betroffen. Es gibt aber auch andere Formen: Zum Beispiel kann sich eine Kieferhöhlenentzündung auch aufgrund von Zahnproblemen, etwa entzündeten Wurzeln im Oberkiefer, entwickeln. In dem Fall ist meist nur eine der beiden Hohlkammern betroffen.

Sehr viel häufiger ist die Sinusitis aber Folge eines Schnupfens. „Fast jeder hat das gelegentlich“, sagt Delank. „Bis zu 80 Prozent der Fälle heilen innerhalb von zwei Wochen auch von selbst aus.“ Dauert es länger, sollte man zum Arzt gehen. Immerhin kommen bedrohliche Komplikationen, etwa dass die Entzündung auf Augenhöhle oder Gehirn übergreift, bei Erwachsenen äußerst selten vor. Als Warnzeichen gelten unter anderem starke Schmerzen, anhaltendes Fieber und Gesichtsschwellungen. In dem Fall wäre ein sofortiger Arztkontakt nötig. Bei Kindern kann es leichter als bei Erwachsenen dazu kommen, dass eine Nasennebenhöhlenentzündung auf umliegende Bereiche übergreift. Daher sollten Eltern hartnäckige Erkältungen bei ihnen gut beobachten und vor allem bei höherem Fieber zum Arzt gehen.

Hausmittel gegen akute Sinusitis

Hausmittel wie Inhalieren mit heißen Dämpfen können bei einer akuten Sinusitis helfen, auch Nasenspülungen mit Kochsalz befreien die Schleimhäute. In der ärztlichen Leitlinie Rhinosinusitis werden zudem pflanzliche Mittel empfohlen, darunter Präparate mit Eukalyptusextrakten sowie ein Mischextrakt aus Schlüsselblume, gelbem Enzian, Holunder, Eisenkraut und Ampferkraut. Abgesehen davon lindern abschwellende Nasensprays oder -tropfen die Beschwerden. Sie sollten aber nicht länger als etwa eine Woche angewandt werden, da es sonst zu einem Gewöhnungseffekt und einer Austrocknung der Schleimhäute kommen kann.

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Halten die Beschwerden länger als drei Monate an, handelt es sich um eine chronische Sinusitis. Sie kann sich aufgrund eines nicht ausgeheilten Infekts, aber auch aufgrund von Allergien oder anatomischer Engstellen in der Nase entwickeln. Neben Nasenspülungen mit Kochsalz wird Patienten dann meist ein cortisonhaltiges Nasenspray empfohlen. „Antibiotika bringen nur in Einzelfällen etwas. Meist sind die Nebenwirkungen größer als der Nutzen“, sagt Delank. In schweren Fällen kommt eine Operation infrage, bei der unter anderem Engstellen in den Nasennebenhöhlen erweitert werden: „Sie ist dann sinnvoll, wenn die konservativen Möglichkeiten ausgereizt sind“, erklärt der Arzt.

Hartnäckiger Schnupfen: Das können Sie tun

Vorbeugen: Bewegung an der frischen Luft hält das Immunsystem fit und tut den Atemwegen gut. Auch eine ausgewogene Ernährung, genügend Schlaf und Entspannung stärken die Abwehrkräfte.

Inhalieren: Ein denkbar einfaches Mittel, das bei verstopfter Nase und Nebenhöhlenentzündungen guttut: Man gießt heißes Wasser in eine Schüssel, beugt den Kopf darüber, breitet ein Handtuch über sich und atmet die aufsteigenden Dämpfe fünf bis zehn Minuten lang ein. Das reinigt die Schleimhäute und fördert die Durchblutung, zum Teil löst sich auch festsitzender Schleim. Als Zusatz eignen sich ein paar Tropfen Thymian- oder Eukalyptusöl. Auch Nasenduschen mit Kochsalzlösung (neun Gramm Salz auf einen Liter Wasser) helfen, den Schleim zu lösen. Bewährt haben sie sich vor allem bei chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen und Allergien.

Trinken: Damit sich der Schleim verflüssigen kann, sollten Patienten genügend trinken – mindestens zwei Liter pro Tag. Besonders geeignet sind warme Tees. Zum Beispiel kurbelt ein Aufguss mit Ingwer die Abwehrkräfte zusätzlich an: Der Scharfstoff Gingerol belebt die Schleimhautdurchblutung durch Aktivierung der körpereigenen Wärmerezeptoren und wirkt außerdem antientzündlich. Dazu ein daumengroßes Stück Ingwer in kleine Stücke schneiden, mit einem Liter Wasser überbrühen und mindestens zehn Minuten ziehen lassen.

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Heilpflanzen: Eine bewährtes Heilmittel gegen Entzündungen ist zum Beispiel Meerrettich: Die Senföle, die in der Wurzel stecken, hemmen das Wachstum von Bakterien und Viren. Nicht ganz so scharf schmeckt der Rettich, wenn man ihn reibt, mit Honig mischt und ein paar Stunden stehen lässt. Wer arg verschleimt ist, nimmt über den Tag verteilt mehrere Löffel dieses Spezialhonigs zu sich. Daneben gibt es viele andere Heilpflanzen mit schleimlösender Wirkung, etwa Schlüsselblume, Eibisch oder Ringelblume. Bewährt haben sich bei akuten Nasennebenhöhlenentzündungen Fertigpräparate mit Eukalyptus (zum Beispiel Gelomyrtol) oder einem Mischextrakt aus fünf Pflanzen (Sinupret).

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