Corona-Infektion statt Impfung? Warum sich Christian Drosten diese Frage gar nicht stellt
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Der Virologe Christian Drosten.
© Quelle: imago images/Reiner Zensen
Immer wieder ist davon zu hören, dass eine Corona-Infektion auch das Immunsystem trainiere – und nicht nur die Impfung. Fachleute raten aber vehement davon ab, sich dem Virus ohne Impfschutz auszusetzen. So verdeutlichte der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité vor wenigen Tagen in einem Tweet: „Wer glaubt, durch eine Infektion sein Immunsystem zu trainieren, muss konsequenterweise auch glauben, durch ein Steak seine Verdauung zu trainieren.“
Zwar haben Untersuchungen gezeigt, dass auch eine Sars-CoV-2-Infektion dazu führt, dass sich immunologische Gedächtniszellen, sogenannte B‑ und T‑Zellen, ausbilden. Diese sind ein wichtiger Schutzmechanismus des Immunsystems gegen eine erneute Erkrankung. Sie sorgen dafür, dass bei erneutem Kontakt mit dem Erreger sehr schnell neutralisierende Antikörper hergestellt werden. Auf eine Infektion statt der Impfung oder Auffrischung zu setzen, ist im Moment aber trotzdem keine gute Idee.
1) Die Corona-Infektion kann krank machen, die Impfung nicht
Denn eine Infektion lässt sich im Körper nicht kontrollieren. Eine Ansteckung birgt die bekannten Gesundheitsrisiken mit sich – einen schweren Covid-19-Verlauf und Long Covid. Eine Impfung mit den Mitteln von Moderna und Biontech funktioniert hingegen auf andere Weise: Es werden per Injektion in den Oberarm kleine Teile der RNA in die Zelle eingeschleust. Sie transportieren den Bauplan des für das Coronavirus typischen Spike-Proteins.
Der große Vorteil der Impfung ist, dass dabei keine infektiösen Virenpartikel in den Körper gelangen. Trotzdem lernt das körpereigene Immunsystem, sich für den Fall der Fälle gegen Corona mit einer Immunantwort zu wehren – und das, ohne zu erkranken. Ist die Vorlage in den Zellen angekommen, baut sich der Bauplan innerhalb von Tagen von selbst wieder ab. Die mRNA gelangt auch nicht in den Zellkern, wo die DNA sitzt, sondern nur in das Zellplasma. Langzeitfolgen durch die Impfung sind deshalb nicht zu erwarten.
2) Es ist unklar, wie gut und lange Genesene vor Omikron geschützt sind
Zwar sinkt der Immunschutz nach einer Impfung mit der Zeit. Neue Virusvarianten wie Omikron verringern ebenfalls den Schutz. Die Lösung ist da aber das Nachimpfen. Fachleute gehen davon aus, dass Geboosterte vorerst mit einem 75-prozentigen Schutz vor symptomatischer Erkrankung geschützt bleiben.
Nach einer Infektion lässt sich die Schutzwirkung hingegen nicht genau beziffern. Es ist noch unklar, wie lange und gut eine Infektion vor erneuter Ansteckung und Krankheit schützt. Gerade bei der Omikron-Variante ist das noch nicht geklärt. Eine Anfang Dezember als noch zu begutachtender Preprint veröffentlichte Datenanalyse aus Südafrika deutet bereits an, dass Omikron bei Genesenen stärker als Delta in der Lage sein könnte, sich der Immunität zu entziehen. Seit dem Auftauchen von Omikron seien höhere Reinfektionsraten in Südafrika beobachtet worden, resümieren die Forschenden in ihrem Paper.
3) Auch die Delta-Daten sind widersprüchlich
Aufgrund dieser widersprüchlichen Datenlage kann gegenwärtig nicht sicher von einem ein Jahr anhaltenden Schutz Genesener ausgegangen werden.
Gesellschaft für Virologie
Anfang Dezember
Selbst bei der Delta-Variante ist nicht klar, wie gut und lange eine Infektion schützt. Ende September sprachen einige Studien zwar noch dafür, dass eine durchgemachte Infektion auch nach einem Jahr noch sehr gut vor Reinfektion und schweren Verläufen schützt. Zwei Studien aus Israel und Frankreich berichteten, dass Genesene sogar einen besseren Schutz vor der Infektion mit der Delta-Variante aufwiesen als zweifach Geimpfte.
Neuere Analysen aus den USA kommen hingegen zum Schluss, dass eine durchgemachte Corona-Infektion bei Erwachsenen einen schlechteren Schutz vor Erkrankung vermittelte als eine zweimalige Impfung. Auch bestimmte Antikörpertypen waren bereits wenige Monate später nicht mehr messbar.
„Aufgrund dieser widersprüchlichen Datenlage kann gegenwärtig nicht sicher von einem ein Jahr anhaltenden Schutz Genesener ausgegangen werden“, hält die Gesellschaft für Virologie in einer Anfang Dezember aktualisierten Stellungnahme fest. Unbestritten sei hingegen, dass die Impfung auch nach durchgemachter Infektion zu einem starken Anstieg der antiviralen Immunantwort führt.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt angesichts aktueller Erkenntnisse allen Genesenen in der Regel sechs Monate nach Infektion eine Impfung, weitere drei Monate später auch eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff. Wer sich nach der Impfung infiziert hat, sollte sich ebenfalls drei Monate nach der Ansteckung boostern lassen.
Wo kann ich mich informieren?
Anlaufstelle für eine Impfung oder einen Booster kann der Hausarzt oder die Hausärztin sein. Wer dort nicht weiterkommt oder keine feste hausärztliche Praxis hat, kann zum Beispiel bei der kostenlosen Hotline 116 117 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung anrufen und nach Terminen fragen.
Auch die Internetportale der Kommunen, Kreise und Bundesländer bieten Informationen. Eine weitere Anlaufstelle ist das vom Bundesgesundheitsministerium betriebene Portal zusammengegencorona.de. Dort gibt es zum Beispiel eine interaktive Deutschland-Karte, in der man Links, Telefonnummern sowie konkrete Impfangebote findet.