Vorkommen in Argentinien, Chile und Bolivien

Wettrennen um Rohstoff: Wer profitiert vom südamerikanischen Lithium?

Lithium ist das leichteste Metall auf der Erde. Es wird unter anderem zur Herstellung von Batterien verwendet.

Lithium ist das leichteste Metall auf der Erde. Es wird unter anderem zur Herstellung von Batterien verwendet.

Bogota. Wenn Gabriel Boric (36) am 11. März sein Amt antritt, dann liegen nicht nur die Hoffnungen der jungen chilenischen Generation auf den Schultern des neuen Präsidenten Chiles. Linkspolitiker Boric, getragen von einer Welle von Sozialprotesten, die das südamerikanische Land mehr als zwei Jahre lang aufrüttelten, soll Chile in eine neue Zeit führen. Sozial gerechter, umweltfreundlich in Einklang mit der Natur und mit Respekt vor den indigenen Ureinwohnern- und einwohnerinnen, die seit Jahrhunderten von bislang allen chilenischen Regierungen strukturell benachteiligt wurden, besonders heftig während der rechten Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973 – 1990). Kurz ein kompletter Gegenentwurf zum brasilianischen Rechtspopulisten Jair Bolsonaro.

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Die Nachfrage nach dem Leichtmetall ist groß

Wenn Boric erst einmal im Amt ist, wird er sich auch mit einer zentralen Frage beschäftigen müssen, die durch den russischen Überfall auf die Ukraine noch einmal aktueller wird als ohnehin schon: Die Förderung der reichhaltigen Lithiumvorkommen in Chile. Das gehört derzeit zu den begehrtesten Rohstoffen weltweit. Der Grund: Es wird unter anderem für die Produktion von Akkus für E-Autos oder Smartphones gebraucht. Für eine Energiewende weg von fossilen Brennstoffen hin zu emissionsfreien Antrieben ist Lithium zumindest nach aktuellem Stand der Produktion und Wissenschaft noch eine Weile unverzichtbar. Und es wird noch unverzichtbarer, wenn wegen des Ukraine-Krieges künftig fossile Brennstoffe noch knapper und teurer werden. Im vergangenen Jahr sorgte die Lithiumknappheit zu Rekordpreisen auf dem Weltmarkt und auch im laufenden Jahr kennt die Entwicklung nur eine Richtung: „Die Lithiumpreise steigen fast täglich“, sagte Dirk Harbecke vom Konzern Rock Tech Lithium vor wenigen Tagen dem Fachblatt „Der Aktionär“ mit Blick auf eine mögliche Förderung auch deutscher Vorkommen.

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Laut dem Lateinamerikanischen Zentrum für strategische Geopolitik (CELAG) werden nach aktuellem Kenntnisstand rund 67 Prozent der weltweiten Lithiumvorkommen in Argentinien (19,3 Millionen Tonnen), Bolivien (21), Chile (9,6), Peru (0,9) und Mexiko (1,7) vermutet. CELAG rät den betreffenden Ländern der Gefahr des Nationalismus zu widerstehen und „gemeinsame Projekte voranzutreiben, um Erfahrungen, Hauptprobleme und Möglichkeiten gemeinsamer Vereinbarungen zu diskutieren“. Besonders reichhaltig sind die Vorkommen im sogenannten Lithiumdreieck Argentinien, Bolivien und Chile. Dort ist längst ein politischer Kampf darüber entbrannt, wie das „weiße Gold“ gefördert werden soll.

Chile will zukünftig das Lithiumgeschäft nicht mehr privatisieren

In Chile hat der junge Sozialist Boric versprochen, einen neuen Weg bei der Kommerzialisierung der Lithiumvorkommen zu gehen. Der ehemalige Studentenführer setzt auf eine umweltverträgliche und gesellschaftlich akzeptierte Exploration mit Hilfe eines staatlich geführten Unternehmens, das alle Aktivitäten bündelt und von dessen Gewinn alle Bürger profitieren sollen. „Lithium ist das Mineral der Zukunft, das in Millionen von elektronischen Geräten verwendet wird. Chile darf nicht noch einmal den historischen Fehler der Privatisierung von Ressourcen begehen“, versprach Boric seinen Wählern und kündigte an: „Wir werden dafür ein Nationales Lithiumunternehmen gründen.“ So solle garantiert werden, dass Arbeitsplätze in den Lagerstätten entstehen und das Produkt das Siegel „Made in Chile“ bekommt. Im Rahmen des Verfassungskonvents, der derzeit eine neue Verfassung für Chile ausarbeiten soll, gab es zudem große Zustimmung für eine Re-Nationalisierung aller Rohstoffunternehmen.

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Dazu würde dann auch der weltgrößte Kupferproduzent, der chilenische Staatskonzern Codelco zählen, der erst gar nicht auf Borics Amtsantritt warten wollte und vor wenigen Tagen den Startschuss für den Beginn der Explorationsarbeiten im „Salar Maricunga“ gab. Studien schätzen in der Maricunga-Salzwüste die Ressourcen auf etwa 2,15 Millionen Tonnen Lithiumcarbonat. „Die Bohrungen sollen Ende März beginnen und etwa zehn Monate dauern“, teilte der Konzern mit, der damit zum Lithiumplayer aufsteigen will. Boric wird sich also entscheiden müssen.

Auch Bolivien und Argentinien hoffen auf ein lukratives Lithiumgeschäft

Auch in Bolivien ist die Hoffnung groß, dass die Lithiumvorkommen die wirtschaftliche Entwicklung des Landes voranbringen. Zentraler Baustein ist das staatliche Unternehmen „Yacimientos de Litio Bolivia (YLB)“. Vor ein paar Jahren hatte das süddeutsche Unternehmen ACISA bereits einen Fuß in der Tür. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sowie die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg waren ebenfalls in das verheißungsvolle Joint-Venture involviert. Doch dann sorgten unter anderem politische Unruhen, Putschvorwürfe und innenpolitische Machtkämpfe dafür, dass alles wieder auf Null gestellt wurde.

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Boliviens amtierender Präsident Luis Arce gab nun den Startschuss für eine neue Ausschreibung und startete ein Forschungs- und Entwicklungszentrum. Auch die deutschen Interessenten müssen sich wieder in die Schlange der Interessenten einreihen. Klimaschutz und Wirtschaftsminister Robert Habeck wird sich des Themas annehmen müssen. Das involvierte deutsche Unternehmen ist bislang nicht weitergekommen. Seit gut einem Jahr heißt es auf der Internetseite: „Am 24. Januar 2021 haben das Energieministerium der neuen bolivianischen Regierung unter Präsident Luiz Arce und die ACI Systems Alemania GmbH (ACISA) Gespräche über die Lithiumgewinnung und Industrialisierung aus Restsole am Salar de Uyuni wieder aufgenommen. Ziel ist die Neubelebung des am 12. Dezember 2018 gegründeten Joint Ventures.“ Im Februar dieses Jahres teilte die bolivianische Regierung mit, es würden Hunderte Millionen US Dollar in den Aufbau einer Lithiumindustrie gesteckt, woher genau das Geld kommt, ist unklar. Die eigentlich regierungskritische Zeitung „El Deber“ jubelte vor wenigen Tagen jedoch schon einmal: „Der Preis für eine Tonne Lithium ist um 800 Prozent gestiegen und Bolivien kommt der Industrialisierung näher.“

Widerstand von Umweltschützern und Umweltschützerinnen

Auch in Argentinien ist der Kampf um Marktanteile voll entbrannt. Zuletzt waren es kanadische, englisch-australische und südkoreanische Firmen, die ihre Tätigkeiten vor Ort ausweiten wollten. Sie stoßen dabei ähnlich wie in Chile und Bolivien aber auch Widerstand von Umweltschützern und Umweltschützerinnen, die wegen der wasserintensiven Förderung besorgt sind. Die Firmen beteuern allerdings, es werden Gesetze eingehalten und die Förderung umweltverträglich umgesetzt.

Hinzu kommt: die Vorkommen befinden sich oft in indigenen Territorien. Guadalupe Rodríguez, Lateinamerika-Referentin von „Rettet den Regenwald“, ist deswegen kritisch: „Argentinien, Chile und Bolivien werden als ‚Lithiumdreieck‘ gesehen. Das ist eine weitere kolonialistische Logik, um metallische Rohstoffe wie Lithium zu gewinnen. Um damit E-Autos zu produzieren, die dann in den Industrieländern gefahren werden. Ohne Respekt vor der Natur, lokaler Lebensweise, Territorien und Menschenrechten.“ Umweltschützer und -schützerinnen wie Menschenrechtler und -rechtlerinnen befürchten, dass es erneut die Firmen der Industrienationen sind, die am Ende den größten Gewinn der Lithium-Produktion abschöpfen könnten.

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China hat gute Ausgangsposition

Schon jetzt hat sich China in nahezu allen lateinamerikanischen Ländern eine hervorragende strategische Ausgangsposition in Bezug auf die Lithiumvorkommen gesichert. Besonders pikant ist das in Mexiko unweit der Grenze zu den Vereinigten Staaten, wo der Hunger auf den Rohstoff ähnlich groß ist wie im Autoland Deutschland. Ähnlich wie Chiles künftiger Präsident Boric will auch Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Oprador die Kontrolle über die Lithiumexploration und Produktion in eigenen Händen behalten: „Wir werden ein mexikanisches Unternehmen für Lithium gründen. Wir wollen kein Konfliktgebiet zwischen Mächten sein, weder mit Russland, noch mit China, noch mit den Vereinigten Staaten“, sagte „AMLO“ wie ihn seine Anhänger rufen und begründete dies mit der „Sicherung der Energiesouveränität“ seines Landes. Kein nationales oder internationales Privatunternehmen werde in der Lage sein, das Lithium aus dem Boden zu holen, denn es gehöre „dem mexikanischen Volk und der mexikanischen Nation“. Das größte Vorkommen des Landes befindet sich allerdings derzeit in den Händen des chinesischen Unternehmens Gangfeng – zum großen Ärger des Nachbarn USA.

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