„Skyrim“ in Space

„Starfield“ im Test: eine irritierend große Freiheit

„Starfield“ will einerseits als ernste Science-Fiction überzeugen, andererseits ein Millionenpublikum abholen.

„Starfield“ will einerseits als ernste Science-Fiction überzeugen, andererseits ein Millionenpublikum abholen.

Der Weltraum ist sehr groß. Das ist ein Problem für Videospiele wie „Starfield“. Das Science-Fiction-Rollenspiel erzählt eine epische Geschichte und springt dabei wild durch Sternensysteme. Entsprechend hat das Spiel viele Jahre in der Entwicklung gesteckt. Mit jedem neuen Trailer sah es mehr so aus, als könnten wir „Starfield“ nicht nur spielen, sondern dort Außenposten errichten und aus der Realität dorthin fliehen. Die Erwartungen sind bei einigen Fans ins Unermessliche gewachsen.

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Und nun ist das Spiel da. Es ist sehr groß. Das allein ist eine gute Nachricht – zumindest für Fans, die extra ihren Jahresurlaub auf den Veröffentlichungstermin dieses Science-Fiction-Traums gelegt haben. Wer sich für Hunderte Stunden in „Starfield“ verlieren will, der kann das tun.

Kleine Schritte für die Menschheit

Die schiere Größe des Weltraums nachzubasteln, ist kein neuer Traum. Verschiedene Simulations- und Science-Fiction-Titel verfolgen das Ziel ungefähr seit 1984, dem Erscheinungstermin des ersten „Elite“-Spiels. Je realistischer sie die Sache angehen, desto komplizierter wird es für das Publikum. Das Landen und Andocken an Raumstationen, anderen Raumschiffen, Asteroiden, Planeten mit und ohne Atmosphäre ist bereits in vielen Spielen kleinteilig simuliert worden.

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„Starfield“ will einerseits als ernste Science-Fiction überzeugen, andererseits ein Millionenpublikum abholen. Und dafür nimmt es einen umstrittenen Weg: eine Abkürzung. Start und Landung werden durchaus auch gezeigt, aber nicht selbst gesteuert. Und sie lassen sich häufig überspringen.

Die Schnellreise gehört zu fast jedem Open-World-Spiel. Auch die bisherigen Rollenspiele vom „Starfield“-Studio Bethesda erlauben den schnellen Sprung an praktisch jeden Ort auf der Karte, der schon einmal besucht wurde. Die Funktion wurde auch hier umgesetzt. Mit wenigen Klicks springen wir in völlig andere Sternensysteme, sind in Sekunden von einer Höhle irgendwo am Rand der Galaxie bis zum Modegeschäft in der Hauptstadt gereist. Das ist beeindruckend, nicht nur wegen der kurzen Ladezeiten auf der Xbox. Doch es lässt den Weltraum zusammenschrumpfen. Wer ungeduldig spielt und Missionsmarkern hinterherjagt, der springt von Höhlen in Korridore und verpasst das Schönste.

Wer nur auf die Schnellreise zurückgreift, verpasst die Schönheit des Alls.

Wer nur auf die Schnellreise zurückgreift, verpasst die Schönheit des Alls.

„Skyrim“ in Space

Das Studio hinter „Starfield“ steht für eine ganz spezielle Art von Spiel. Die Rollenspiele von Bethesda erzählen auch eine Geschichte, doch sie werden vor allem für ihre große Handlungsfreiheit und ihre tiefe Simulation geliebt. In Spielen von Bethesda erstellen wir uns unsere eigenen Heldinnen und Helden. Wir machen, was wir wollen. Hier ist es möglich, statt als Held als Taschendieb durch die Stadt zu stromern, von den Wachen erwischt und ins Verlies gesteckt zu werden. Zahllose Gegenstände in der Welt stehen nicht nur herum, sie lassen sich auch mitnehmen und bewegen.

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„Starfield“ ist auch so ein Spiel. Wer „Skyrim“ oder „Fallout 4″ kennt, der erkennt hier vieles wieder. Alles sieht deutlich schicker aus, die Grafik beeindruckt mit einem irrsinnigen Detailreichtum, das Orchester dröhnt erhaben. Doch im Kern geht es immer noch darum, lange Multiple-Choice-Gespräche mit Charakteren zu führen, die frontal in die Kamera starren. Noch immer verbringen wir viel Zeit damit, die unzähligen Gegenstände im Inventar zu sortieren. Das wirkt etwas spröde. Dramatisch sieht „Starfield“ vor allem aus, wenn es um Leben und Tod geht. Die Kämpfe spielen sich wie ein passabler und abwechslungsreicher Egoshooter, die Raumschiffgefechte erinnern an Spielhallen-Klassiker.

Viel Raum zwischen den Sternen

Wir haben nicht gezählt, ob „Starfield“ wirklich die versprochenen 1000 Planeten enthält, doch es sind auf jeden Fall sehr viele. Das trägt dazu bei, dass es sich oft ziemlich leer anfühlt. Zahlreiche Planeten sind öde und belohnen ihre Erkundung mit Geld und Erfahrungspunkten, aber nicht mit spannenden Ereignissen.

Beeindruckend ist die schiere Abwechslung, die sich uns von Welt zu Welt bietet. Städte und Stationen sehen mitunter sehr unterschiedlich aus, von schmutzstarrenden Minen bis zu chromglänzenden Fassaden. Stärker noch als bei Bethesdas Endzeit- oder Fantasy-Abenteuern fallen uns aber die Kompromisse ins Auge. Vermeintlich riesige Hauptstädte wie New Atlantis bestehen aus wenigen Straßen und Shops. Dort sind wir einerseits beeindruckt, dass wir jedes Trinkpäckchen im Shop ganz nah heranzoomen können, aber andererseits fehlen die lebendigen Menschenmengen.

Technisches Meisterstück

Was gar nicht gefehlt hat, sind die Bugs – normalerweise sind neue, große Rollenspiele von Bethesda für ihren rumpeligen Start berüchtigt. Bei unserem Test der Xbox-Version sind uns zwar technische Fehler begegnet, aber es waren sehr wenige. „Starfield“ läuft flüssig. Es sieht nicht immer zeitgemäß aus, aber sehr realistisch. Und vielleicht der größte Fortschritt sind die fast verschwundenen Ladezeiten. Reibungslos können wir kurz abspeichern, etwas Riskantes ausprobieren und dann schnell wieder laden, wenn es schiefgeht.

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Das Erkunden von Planeten nimmt in „Starfield“ viel Zeit in Anspruch und ist wohl mit voller Absicht etwas langweilig.

Das Erkunden von Planeten nimmt in „Starfield“ viel Zeit in Anspruch und ist wohl mit voller Absicht etwas langweilig.

„Starfield“ hat viel von einem Spielplatz. Es hat auch eine sehr lineare Geschichte zu erzählen, aber sie fühlt sich wie ein Inhalt unter vielen an. Besser als die Jagd auf Artefakte haben uns die vielen Menschen gefallen, mit denen wir uns anfreunden, streiten und die wir küssen können. Das Ensemble ist sympathisch und vielschichtig.

„Starfield“ ist einsteigerfreundlich

In „Starfield“ stecken viele Kompromisse, ohne die es wahrscheinlich nicht funktionieren könnte. Andere Spiele sind atmosphärisch dichter und packender inszeniert, aber kleiner. Und es löst erfolgreich das Versprechen ein, dass wir hier praktisch alles tun können. „Starfield“ ist auch das mit Abstand einsteigerfreundlichste Spiel von Bethesda bisher. Zwar hätten wir uns mehr Funktionen rund um Barrierefreiheit gewünscht, doch fünf Schwierigkeitsgrade und ein deutlich vereinfachtes Charaktersystem erleichtern den Start.

Nach mehr als dreißig Stunden fühlt es sich eher so an, als wären wir noch am Anfang der Geschichte. Das stimmt für die Story, noch mehr aber stimmt es für die zahlreichen Systeme, die auch noch im Spiel stecken. Das Erkunden von Planeten nimmt viel Zeit in Anspruch und ist wohl mit voller Absicht etwas langweilig. Auch der Kauf und Ausbau neuer Schiffe, der Bau von Außenposten, das Anheuern und Zuweisen neuer Crewmitglieder zu Schiffen und Stationen ist möglich.

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„Starfield“ bietet eine fast irritierend große Freiheit. Andere Spiele sind spannender, dichter, oder tiefgründiger. Doch den Traum vom Leben in den Sternen löst dieser Titel auf seine sehr eigene Art ein.

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