Klasse Oldtime-Jazz ließ für einen Abend das Virus etwas vergessen

Es war wohl für einige Zeit das letzte Konzert in Wolfsburg, das am Freitagabend im Nordsteimker Lindenhof stattfand. Dort brachte das Rufus Temple Orchestra aus Berlin das unbekümmerte Flair der Goldenen 20er mit Hot Jazz und Ragtime auf die Bühne. Das Publikum war begeistert und spendete viel Applaus. „Wir haben am Donnerstagnachmittag noch mit der Stadt Wolfsburg telefoniert und uns versichert, dass das Konzert ohne Bedenken stattfinden kann“, betonte Uschi Mrongovius, Vorsitzende der veranstaltenden Jazzfreunde Wolfsburg. Mit knapp 100 Besuchern, die auch nicht dicht gedrängt stehen und einer inländischen Band bestehe kein erhöhtes Risiko. Etwa 30 Personen gaben ihre Karten zurück: Einigen Interessierten war die Sache dann doch zu heikel. Etwa 30 Personen gaben ihre Karten zurück. Allerdings kamen auch ein paar Besucher spontan zum Konzert. So verteilten sich mehr als 70 Besucher an den vielen Tischen im Saal. Dass trotzdem gute Stimmung aufkam, lag an dem wunderbar beschwingt aufspielenden Sextett auf der Bühne. „Wir freuen uns sehr, hier spielen zu dürfen“, erklärte Percussionist und Sänger Fidelis Hentze. „Es wird auch für uns für unbestimmte Zeit das letzte Konzert sein.“ Und so wollten sie es auch spielen, als sei es ihr letztes Konzert. Dieses Versprechen hielt das Ensemble den ganzen Abend über. Gespielt wurden bekannte Titel: Gespielt wurden bekannte Titel wie der „Maple Leaf Rag“, Stücke von Hoagy Carmichel wie „Lazy River“ oder auch der „Washboard Wiggle“. Die jungen Musiker brachten die Lebensfreude der mittleren 20er Jahre auf die Bühne; eine Zeit kurz nach der Hyperinflation, in der alle so gut es jeweils ging das Leben in vollen Zügen genossen. Seit einigen Jahren ist dieses Flair in die Bundeshauptstadt zurückgekehrt. Oldtime Jazz wird wieder vielerorts gespielt. Die Swing-Tanzszene ist riesig. Viele Menschen treffen sich, um gemeinsam Lindy Hop, Charlston oder Shag zu tanzen. „Vielerorts wird live musiziert“, betonte Sousaphon-Spieler Nicolai Scharnofske. Die meisten Combos bestehen aus jüngeren Musikern. Jeder Besucher musste Namen und Emailadresse hinterlassen: In der Wolfsburger „Provinz“ war das am Freitagabend allerdings ein eher ungewohnter, wenn auch erfreulicher Anblick. Hentze, Scharnoske, Johannes Böhmer (Trompete), Bastian Dunker (Klarinette, Saxophon) und Katharina von Fintel am Banjo spielten im feinen Zwirn nicht nur routiniert, sondern mit spürbarer Freude. So sprang auch unter den ziemlich schwierigen Bedingungen der Funken trotzdem schnell auf das Publikum über. Beim Konzert musste jeder Besucher seinen Namen und seine Emailadresse hinterlassen – wegen des Coronavirus. Die Sitzordnung wurde genau protokolliert. Für den Fall der Fälle wäre dann schnell klar, wer sich bei wem hätte anstecken können. Insgesamt ein lebensfreudiger Abend: Insgesamt war es ein lebensfreudiger Abend mit gut gelauntem Publikum und einer professionellen und doch nahbaren Musikertruppe. Man feierte die Lieder aus der Zeit nach der damaligen Krise mitten in der gerade aktuellen. Von Robert Stockamp

Jazz-Konzert - „Rufus Temple Orchestra“ im Lindenhof