Neußer gegen VW: Berufungsverhandlung aufgehoben

Nach dem ersten Verfahren steht es im Fall Heinz-Jakob Neußer gegen Volkswagen nach Punkten unentschieden. Das Arbeitsgericht Braunschweig hatte schon Ende Februar die Kündigungsschutzklage des ehemaligen Entwicklungsvorstands der Marke Volkswagen abgewiesen, im Gegenzug führte aber auch die Schadensersatzklage des Unternehmens gegen Neußer ins Leere. Die Berufungsverhandlung über Kündigung und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal, deren Verhandlungsbeginn eigentlich für den 2. Dezember vorgesehen war, wurde nun auf übereinstimmenden Antrag beider Parteien ausgesetzt. Das teilte das zuständige Landesarbeitsgericht nun mit. Doch wer denkt, das klinge nach außergerichtlicher Einigung, der irrt. Von einer Verständigung sind VW und Neußer weiterhin weit entfernt. Grund ist vielmehr das Diesel-Betrugsverfahren gegen hochrangige ehemalige VW-Manager vor dem Braunschweiger Landesgericht, das Anfang des kommenden Jahres starten soll. Auf der Anklagebank findet sich dann unter anderem auch der Ex-Konzernchef Martin Winterkorn wieder – und eben Heinz-Jakob Neußer. Ausgang des Betrugsprozesses hat maßgeblichen Einfluss: Bis ein Urteil ergeht, könnten Jahre vergehen. Und dennoch wird es am Arbeitsgericht im Fall Neußer vorher wohl nicht weitergehen. Denn: Das strafrechtliche Verfahren hat maßgeblichen Einfluss auf die Kündigungsschutzklage oder etwaige Schadensersatzansprüche. Beide Seiten wollen den Ausgang des Betrugsverfahrens deswegen nach WAZ-Informationen zunächst abwarten. Sollte das Landgericht Neußer wegen Betrugs verurteilen, würden Volkswagens Chancen auf Schadensersatz steigen, wird er für unschuldig befunden, würden sich die Karten des ehemaligen Top-Managers bei der Anfechtung seiner Kündigung deutlich verbessern. Lesen Sie auch: VW-Dieselskandal: Ex-Entwicklungsvorstand Neußer will von nichts gewusst haben Ex-VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer scheitert mit Kündigungsschutzklage Die Chronologie des Diesel-Skandals Festplatte wird Neußer zum Verhängnis: Volkswagen hatte Neußer unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals zunächst beurlaubt und 2018 gekündigt. Das Braunschweiger Arbeitsgericht hatte die Kündigung Neußers im Februar als rechtens bezeichnet. Dabei wurde dem Ex-Entwicklungsvorstand eine alte Festplatte zum Verhängnis. Denn Neußer hatte zugegeben, seinen Assistenten kurz nach bekannt werden der Diesel-Manipulationen beauftragt zu haben, eine Festplatte aus dem Büro des Bereichsleiters zu holen und diese zu vernichten – eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung rechtfertige, wie das Gericht befand. Neußer leugnete jedoch, die Festplatte jemals benutzt zu haben oder zu wissen, was sich auf dieser befunden habe. Trotz des verdächtigen Verhaltens stehe Volkswagen allerdings kein Schadenersatz von seinem ehemaligen Markenvorstand zu, hatte der Richter damals verkündet. VW hatte Neußer vorgeworfen, schon spätestens 2012 – also ein Jahr nach Antritt seiner Stelle bei Volkswagen – von den Manipulationen gewusst, diese nicht verhindert und später sogar begünstigt zu haben. Neußer hielt dagegen, dass er erst 2015 von der Schummel-Software erfahren und sofort für ein Schuldeingeständnis und die völlige Offenlegung plädiert habe. Das Arbeitsgericht konnte eine Schuld Neußers damals nicht zweifelsfrei feststellen. Licht ins Dunkel des Diesel-Skandals könnte nun der Betrugsprozess vor dem Landgericht bringen. Von Steffen Schmidt

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