IG Metall Wolfsburg: „Müssen Transformation aktiv begleiten“

Die gesamte Autoindustrie befindet sich mitten im umfassendsten Wandel ihrer Geschichte. Verschärft von der Corona-Krise sind durch Digitalisierung und Transformation zigtausende Jobs in Gefahr. Volkswagen ist durch den Zukunftspakt und die Roadmap digitale Transformation in Sachen Beschäftigungssicherung zwar besser aufgestellt als viele andere Unternehmen der Branche, die Wolfsburger IG Metall will sich darauf aber nicht ausruhen. „Uns ist durchaus bewusst, dass die Transformation auch bei VW und in der Region Arbeitsplätze gefährden könnte“, sagte der Erste Bevollmächtigte Flavio Benites am Dienstag in einem Pressegespräch. „Deswegen müssen wir stets aufmerksam sein und den Wandel proaktiv begleiten“, betonte Benites. Dabei müsse der Gewerkschaft aber auch bewusst sein, dass sich die Welt eben verändere, „und das leider nicht immer zum Wohl der Beschäftigten“, machte Benites deutlich. Lesen Sie auch Wolfsburg: VW-Betriebsratschef Osterloh rechnet mit Sonderschichten im zweiten Halbjahr Aus alt mach neu: Volkswagen startet Batterie-Recycling VW-Tarifrunde: IG Metall spricht von „großer Enttäuschung“ Statt also nur den Status quo halten zu wollen, müsse es um deutlich mehr gehen – nämlich die Mitgestaltung der Transformation. „Unser Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass zukunftssichere Jobs in der Region entstehen“, gibt Benites die Richtung vor. IG Metall sieht VW und Wolfsburg auf guten Weg: Auch hier sieht die IG Metall die Region jedoch auf einem guten Weg. Als Beispiele nannte Benites etwa die gerade in Betrieb genommene Batterierecycling-Anlage in Salzgitter oder die Car-Software-Organsiation (CSO) von Volkswagen, innerhalb der ein nicht kleiner Teil der angestrebten 10 000 Beschäftigten auch in Wolfsburg stationiert sein wird, und natürlich das im Wolfsburger Stammwerk angesiedelte E-Auto-Projekt „Trinity“. All diese Projekte hätten ein immense Bedeutung für die Ansiedlung von zukunftssicheren Jobs. „Das ist ein klares Signal dafür, dass Wolfsburg den Anschluss an die Technologie der Zukunft erhält, für die gesamte Region ist das extrem wichtig“, so Benites. Das sei umso wichtiger, da der Druck der Konkurrenz auf Volkswagen stetig steige. Mit der Gigafactory von Tesla bei Berlin könnte ein ganz neues Automobilcluster entstehen, dass der Region Wolfsburg langfristig das Wasser abgraben könnte. „Und Tesla ist nur der Anfang. Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, was noch dahinter steckt“, warnt der Zweite Bevollmächtigte Christian Matzedda und spielt damit auf die Auto-Pläne von Apple, Google und Co. an. Mitbestimmung bleibt auch während der Transformation wichtig: Gemeinsam mit der Allianz für die Region arbeite man deshalb intensiv an weiteren Zukunftsthemen. So biete die Region etwa das Potenzial, zum Modellcluster für autonomes Fahren zu werden. „Da arbeiten wir gerade dran. Damit könnte man den Menschen auch die Angst vor der Zukunft nehmen und zeigen, was möglich ist“, sagt Geschäftsführer und Kassierer Matthias Disterheft. Um die Zukunft der IG Metall macht sich das Führungstrio derweil keine Sorgen. Auch wenn bundesweit die Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder sinkt, konnte die Wolfsburger Geschäftsstelle im Jahr 2020 sogar gegen den Trend zulegen. Die neuen Mitglieder kommen dabei oftmals aus der Branche der Ingenieurdienstleister. Mit dem Tarifvertrag der Car.Software-Organisation habe man jetzt zudem auch in der Tech-Branche einen Maßstab gesetzt. All das zeige, dass die Mitbestimmung auch und vielleicht sogar gerade in Zeiten der Transformation nichts an Bedeutung verloren habe. Von Steffen Schmidt