Brandstätter: Trinity wird VW-Werk Wolfsburg „dramatisch verändern“

Bisher hat das Werk Wolfsburg von Volkswagens E-Offensive bis auf Hybridvarianten und Co. nicht viel abbekommen. Mit dem Projekt „Trinity“ wird sich das aber in Zukunft ändern. Mit ihm plant Volkswagen in wenigen Jahren nicht nur ein E-Modell der nächsten Generation in Wolfsburg zu fertigen, sondern auch das Stammwerk zur konzernweit führenden Fabrik für Elektrofahrzeuge umzubauen. Auf LinkedIn sprach Konzern-Chef Herbert Diess jetzt mit Markenchef Ralf Brandstätter über die Pläne und deren Auswirkungen. Lesen Sie auch Trotz Corona: VW-Konzern auch 2020 mit Milliardengewinn VW erweitert Digitalangebot im Golf: Fußballnews live ins Cockpit Sitech-Mitarbeiter haben Angst – VW und Betriebsrat geben Entwarnung „Trinity wird Volkswagen nochmal stärker revolutionieren als der ID.3“, ist sich Diess sicher. Das Projekt stehe nicht nur für eine Elektroauto der nächsten Generation, sondern „auch für einen Aufbruch in eine neue Zeit“. „Trinity“ soll autonomes Fahren in die Volumenklasse bringen: Gemeint sind mit diesen markigen Worten die angestrebten Fortschritte in Sachen Software und Digitalisierung. Das Premium- und das Volumensegment würden in den kommenden Jahren immer stärker miteinander verschmelzen. Die Strategie der Marke Volkswagen innerhalb des Konzerns werde es sein – wie in der Vergangenheit bereits häufig mit dem Golf geschehen – neue technische Errungenschaften und Features in der Volumenklasse zu verankern und damit auch zu skalieren. „Wir wollen mit Trinity den neuen Software-Stack im Volumen ausrollen und zeigen, dass autonomes Fahren auch im Volumensegment funktioniert“, erklärt Brandstätter. Damit mache man die Technik einem größeren Publikum zugänglich. Gleichzeitig werde sich auch das Werk in Wolfsburg „dramatisch verändern“, kündigt Diess in dem Gespräch an. Man wolle im Stammwerk mit „Trinity“ radikale Produktansätze umsetzen, um die nötige Efizienz zu erreichen, spezifiziert Brandstätter. Dabei orientiere man sich an der geplanten Tesla-Fabrik in Grünheide. Sowohl Diess als auch Brandstätter geben sich in dem Gespräch optimistisch, diese neue „Benchmark“ erreichen zu können. Solch radikale Veränderungen haben natürlich auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter. „Wir wollen unsere Mitarbeiter bei diesem Prozess alle mitnehmen“, versichert Brandstätter. Der anstehende Wandel verlange zwar von jedem Beschäftigten die Bereitschaft zur Veränderung, aber auch eine große Chance. „Denn wir wollen darüber natürlich effizienter werden und damit Arbeitsplätze für die Zukunft sichern“, erklärt Brandstätter. Volkswagen sieht Fortschritte beim Thema Software: Eine entscheidende Veränderung im Zuge der Volkswagen-Strategie sei bereits jetzt absehbar. „Heute sieht es so aus, dass wir in ganz Norddeutschland nur noch einen Antrieb haben werden – zusammen mit der Komponente und den eigenen Batteriezellen“, fasst Diess die Entwicklung zusamen. Das habe man sich vor fünf Jahren, als man sich für die Elektro-Offensive entschied, so noch nicht vorstellen können. Als Basis dient dabei die von Volkswagen entwickelte MEB-Plattform. „Da wird der Grundstein gelegt, für den Erfolg unserer anderen Marken. Da kriegt die Marke Volkswagen nicht immer das bezahlt, was sie für den Konzern leistet“, lobt Diess die VW-Mannschaft. In Sachen Software sehen Diess und Brandstätter Volkswagen nach erheblichen Startschwierigkeiten bei Golf 8 und ID.3 mittlerweile auf einem guten Weg. „Auch wenn die beiden Anläufe schmerzvoll waren, war es eine wichtige Erfahrung“, sagt Diess. Die Erkenntnisse, die VW bei der Implementierung von Software in den Fahrzeugen bei allen Startschwierigkeiten nun schon gewonnen habe und die Kompetenzen, die man sich dadurch erarbeitet habe, würden unterschätzt. „Qualität, Liebe zum Detail, gute Fahrwerke, Abstimmung zwischen Motor und Getriebe: Das ist typische Volkswagen-DNA, das kann die Mannschaft. Aber wie man Software ins Fahrzeug integriert, wussten wir vor fünf Jahren noch nicht“, erklärt Brandstätter. Da sei man heute ein erhebliches Stück weiter. Abschlossen ist die Lernkurve allerdings noch nicht. Ziel sei es, alle zwölf Wochen ein Software-Update direkt ins Auto auszuspielen, sagt Diess. Für den ID.3 stehen die ersten Over-the-air-Updates kurz bevor verrät Brandstätter. Eine entsprechende Organisation befände sich mit „ID.digital“ im Aufbau. Die erste interne Flotte werde in Kürze mit Updates versorgt. „Das sieht im Moment vielversprechend aus“, sagt Brandstätter. Das Thema Software bleibe aber vorerst eine „Challenge“. Von Steffen Schmidt