Autonomen Fahren bei Volkswagen: Brandstätter fordert schnelle Umsetzung

Das Ziel ist ehrgeizig: Deutschland soll nach dem Willen der Bundesregierung weltweit Vorreiter beim autonomen Fahren werden. Das Bundeskabinett hat nun einen Gesetzentwurf beschlossen, der dafür einen Rechtsrahmen setzen soll. Umstritten innerhalb der Regierung sind aber noch immer Regelungen zum Datenschutz. Das Justizministerium hatte Bedenken angemeldet. Offene Fragen sollen nun im parlamentarischen Verfahren geklärt werden. Trotzdem hört man diese Neuigkeit bei VW gern. „Es ist gut und wichtig, dass Deutschland hier vorangeht“, so VW-Markenchef Ralf Brandstätter auf dem Karriereportal LinkedIn. Doch die Zeit drängt angesichts des begehrten Marktes und der Konkurrenz im Silicon Valley. „Jetzt geht es darum, das Gesetz schnell umzusetzen“, fordert Brandstätter. Der Konzern bereitet den Standort Wolfsburg für die Produktion hochautomatisierter E-Autos vor. Das erste Fahrzeug aus dem Projekt Trinity soll ab 2026 vom Band laufen. Das Auto soll von Beginn an Level 2 Plus ermöglichen und konzeptionell für Level 4 vorbereitet sein. Bis zum Jahr 2022 sollen autonome Fahrzeuge der Stufe 4 im Regelbetrieb fahren können: Ziel des neuen Gesetzes ist, dass autonome Fahrzeuge der sogenannten Stufe 4 in festgelegten Bereichen im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb fahren können, und zwar bis zum Jahr 2022. „Damit würde Deutschland der erste Staat weltweit, der Fahrzeuge ohne Fahrer aus der Forschung in den Alltag holt“, so das Bundesverkehrsministerium. Zu möglichen „Einsatzszenarien“ werden in dem Gesetzentwurf die Verteilung von Briefen oder Dokumenten oder Betriebsshuttles, die den Mitarbeiterverkehr übernehmen, genannt. Lesen Sie auch Projekt „Trinity“: Wie wird das neue E-Auto von VW aussehen? So will Volkswagen IT-Fachkräfte für sich gewinnen VW-Chef Diess rechnet mit marktreifen Roboterautos ab 2025 Bislang waren Roboterautos im Rahmen von Versuchsprojekten auf Teststrecken unterwegs. Auf einigen Hamburger Straßen düsten fünf mit Technik vollgestopfte Elektro-Golfs automatisiert herum, in der Hamburger Hafencity nahm ein autonom fahrender Minibus der IAV schon Fahrgäste mit – immer mit Menschen an Bord, die im Notfall eingreifen können. In den USA profitiert die Konkurrenz von weniger Regulierung: Doch die Konkurrenz in den USA hat durch die relativ offene gesetzliche Regulierung bei selbstfahrenden Autos einen Vorteil. Apple hat im vergangenen Jahr die Tests seiner selbstfahrenden Autos deutlich ausgebaut. Testfahrzeuge der GM-Roboterwagenfirma Cruise kamen auf eine Strecke von mehr als 1,2 Millionen Kilometer. Cruise und die Google-Schwesterfirma Waymo haben auch die Erlaubnis, Roboterautos ohne Menschen am Steuer auf kalifornische Straßen zu schicken. VW-Konzernchef Herbert Diess hatte gewarnt, Deutschland drohe den Anschluss zu verlieren, falls das Gesetz zum autonomen Fahren scheitere. Beim autonomen Fahren wird zwischen verschiedenen Stufen unterschieden. Beim „vollautomatisierten Fahren“ der Stufe 4 kann der Computer in definierten Anwendungen vollständig die Kontrolle über das Auto übernehmen. Muss der Automationsmodus verlassen werden, fordert das System den Fahrer zur Übernahme auf. Bei der Stufe 5, dem autonomen Fahren, wird der Mensch vollends zum Passagier, sein Eingreifen ins Fahrgeschehen ist nicht mehr nötig. Stand der Technik ist derzeit Stufe 2, das teilautomatisierte Fahren mit dem Einsatz von Assistenzsystemen. Volkswagen kooperiert beim autonomen Fahren mit dem US-Autobauer Ford – bei dessen Tochter Argo AI, spezialisiert auf Künstliche Intelligenz, wollen sich beide Unternehmen die Entwicklungskosten teilen. Bisher wird nur in den USA getestet. Diess hatte aber schon angedeutet, dass man das überdenken werde, wenn sich die Bedingungen in Deutschland änderten. Von Christian Opel