Automuseum Wolfsburg: VW XL Sport mit Ducati-Motor blieb ein Prototyp

Ein Sportwagen mit Motorradmotor – wer braucht denn sowas? Im Prinzip keiner. Aber einer wollte und bekam es: der frühere Volkswagen-Chef Ferdinand Piëch. Sein VW XL Sport ist ein Prototyp geblieben und heute im Automuseum an der Dieselstraße zu bewundern. Ferdinand Piëch galt als leidenschaftlicher Auto- und Motorradfan und initiierte auch den Kauf der italienischen Motorradmarke Ducati durch Audi 2012. Sein Ziel war es, das Beste aus zwei Welten zusammenzuführen – das Ergebnis gab es 2014 auf dem Pariser Autosalon zu bestaunen: den VW XL Sport. Die Basis war das legendäre Ein-Liter-Auto XL1 – ein aerodynamisches, superleichtes Spritsparwunder auf vier Rädern. Der XL Sport ist ein völlig anderes Auto als die Basis XL1: „Aber andererseits ist der XL Sport ein völlig anderes Auto“, betont Eberhard Kittler, Chef des Automuseums. Denn: Der wunderschöne schwarze Sportler mit den roten Rennstreifen ist 40 Zentimeter länger und 18 Zentimeter breiter als der XL1. Der Radstand wuchs um 20 Zentimeter. Natürlich war er nicht mehr ganz so aerodynamisch wie die Basis, dafür aber viel dynamischer. Lesen Sie auch: Autostadt in Wolfsburg: Ducati zeigt seine neuesten Sportmotorräder am ZeitHaus Polo Harlekin von VW: Walter Hartmann erzählt wie er entstand Sonderschau mit spektakulären Ducati-Modellen Ins Heck pflanzten die Ingenieure den 200 PS starken V2-Motor des Ducati-Supersportlers Panigale 1199 Superleggera. „Wegen der hohen Drehzahl hat man Untersetzungsgetriebe eingebaut, um das Drehzahlniveau zu senken“, erklärt Kittler. Außerdem bekam der Sportler eine Kohlefaser-Karosserie, den Rahmen eines Audi R8 und ein Sieben-Gang-DSG-Getriebe. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Die Ducati-Power im Heck beschleunigte das 890 Kilo leichte Fahrzeug in 5,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h und auf dem VW-Testgelände in Ehra-Lessien auf 270 km/h Topspeed. Volkswagen baute nur wenige Prototypen – einer steht im Automuseum: „Es gab damals drei bis vier Prototypen“, sagt Kittler. „Und wir sind unglaublich stolz darauf, hier im Automuseum einen davon stehen zu haben.“ Stolz demonstriert er, wie die Scherentüren nach oben gleiten – „es sind keine Flügeltüren wie etwa beim Lamborghini Chiron“, sagt er. Die seien an zwei Stellen ans Fahrzeug angeschlagen und gleiten gerade nach oben. Beim XL Sport drücken sie diagonal nach oben und vorne. Der VW XL Sport ist nicht das erste Fahrzeug, das Auto und Motorrad kreuzt. So gab es beispielsweise Ende der 1960er Jahre die Münch Mammut (TTS 1200), die von einem Vierzylindermotor aus dem NSU Prinz 1000 TT angetrieben wurde – bis heute ein Kultmotorrad. Auch Ferdinand Piëch ließ in früheren Jahren einen Motorrad mit Audi-Motor bauen. Später gab es ein Motorrad mit Polo-Motor. Aber der umgekehrte Weg ist seltener – erst kürzlich baute Suzuki den Motor seiner legendären Hayabusa in einen Swift ein und scheuchte das Fahrzeug mit Irrsinnstempo über die Rennstrecke – als Marketing-Aktion und Technologieträger. Bevor Volkswagen den Panigale-Motor in den XL Sport pflanzte, bauten die Ingenieure das 200 PS-Triebwerk in einen Lupo – verfolgten diese Idee aber nicht weiter. Das Fahrverhalten sei „abenteuerlich“ gewesen, weiß Automuseum-Chef Eberhard Kittler zu berichten. Wer sich in den XL Sport hineinzwängt, merkt sofort: Hier regiert sportlicher Purismus. Hier geht es um Spaß und Speed, nicht um Komfort und Alltagstauglichkeit. Weshalb es letztlich beim Prototypenstatus blieb. Von Carsten Bischof