„Wolfsburg spart“: Das sind die Vorschläge der Bürger

„Mitmachen statt meckern!“: Unter diesem Motto hat der Stadtjugendring Wolfsburgs Bürger aufgerufen, selbst Ideen einzureichen. Auf der Internetplattform www.wolfsburg-spart.de gingen von September bis Dezember insgesamt 120 Beiträge ein. Auf viele davon hat die Wolfsburger Stadtverwaltung inzwischen schon geantwortet – doch die Ergebnisse des Projekts weisen noch auf ein ganz anderes Problem als den städtischen Geldmangel hin. Von Katzensteuer bis Parkgebühr ist alles mit dabei: 55 der Beiträge hat der Stadtjugendring (STJR) an die Stadt Wolfsburg weitergeleitet. Mit dabei sind Anregungen, eine Katzensteuer einzuführen, den Bau der Fünf-Arm-Kreuzung in Nordsteimke zu verschieben, die Weihnachtsfeier für ehemalige Verwaltungsmitglieder zu streichen, Parkgebühren für die Parkplätze am Allersee zu erheben, und viele mehr. Insgesamt bildeten die Ideen fast das ganze Arbeitsspektrum der Stadt ab, stellt der Stadtjugendring zufrieden fest – von Sport über Soziales und Jugend bis hin zu Bau, Stadtentwicklung und Sicherheit. Doch längst nicht alle Ideen der Bürger und Bürgerinnen waren brauchbar. Zehn Vorschläge waren zu unkonkret oder fielen nicht die Zuständigkeit der Stadt Wolfsburg, so dass sie separat veröffentlicht wurden. Bei weiteren 15 Beiträgen seien Nachfragen notwendig gewesen, die nicht beantwortet wurden oder aufgrund anonymer Meldung nicht möglich waren, berichtet der Stadtjugendring weiter. Viele unsachliche Beiträge: Der Rest der Einsendungen bestand nicht aus konstruktiver Kritik, sondern aus nutzlosen persönlichen Angriffen und haltlose Unterstellungen. „Auch wenn wir damit gerechnet hatten, war der Anteil der Vorschläge, die das Handeln und Wirken einzelner Personen aus Verwaltung und Politik angriffen oder krude Theorien aufstellten sehr hoch“, bedauert Hortmeyer. Im vergangenen Jahr hat der Rat der Stadt Wolfsburg den Haushalt im fünften Jahr in Folge trotz intensiver Sparbemühungen mit einem Fehlbedarf verabschiedet – um die Aufgaben zu finanzieren, fehlt also seit mehreren Jahren das Geld. Mittlerweile sind die finanziellen Rücklagen aufgebraucht, Defizite können nur noch theoretisch (über die Gesamt-Bilanz) ausgeglichen werden. Jeder Haushalt der Stadt Wolfsburg muss vom Land Niedersachsen genehmigt werden. Erkennt die Genehmigungsbehörde nicht ausreichend Konsolidierungsbemühen, wird vom Land entschieden, wo zusätzlich gespart wird. Die Stadt könnte dann nicht mehr selbst über Schwerpunkte entscheiden und hätte somit weniger Gestaltungsspielraum mit der und für die Bürgerschaft. Insgesamt bestätigten die Beiträge eine Entwicklung, die der Stadtjugendring bereits bei vielen Aktionen mit Jugendlichen rund um die Demokratiebildung festgestellt hat: „Das Wissen der Bürgerinnen und Bürger über die Funktionsweise und die Zuständigkeiten in unserem Land ist mehr als ausbaufähig“, kritisiert der Stadtjugendring. Viele Bürger wüssten nicht, für welche Aufgaben der Bund, das Land und am Ende die Kommune zuständig seien. „Hierdurch entstehen wiederum falsche Anspruchshaltungen und gegebenenfalls Unverständnis zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung“, fürchtet der Stadtjugendring. Er erarbeitet deshalb gerade ein Konzept, wie insbesondere junge Menschen besser informiert und zu praktischen Handeln angeregt werden können. Am Mittwoch, 24. März, wird der Rat der Stadt Wolfsburg um 16 Uhr im Ratssitzungssaal in einer öffentlichen Sitzung den Doppel-Haushalt verabschieden. Wie geht es mit den Spar-Ideen jetzt weiter? Die Stadtverwaltung hat zu vielen schon eine Einschätzung gegeben, als nächstes werden die politischen Gremien und in letzter Instanz der Rat der Stadt darüber abstimmen, was und wie umgesetzt wird. Einer der Vorschläge ist die Erhöhung der Parkgebühren. Die Stadtverwaltung lehnt weitere Erhöhungen nicht ab, weist aber darauf hin, dass die Umstellung jedes Mal teuer sei und man besser in größeren zeitlichen Abständen um größere Beträge erhöhe als jährlich um fünf Cent. Der Vorschlag, das Cube-Gebäude am Bahnhof zu verkaufen, wird hingegen rundweg abgelehnt: „Aktuell ist der E-Cube vermietet. Ein Verkauf des E-Cubes ist aufgrund der zeitlich begrenzten Baugenehmigung nicht möglich.“ Auch die Idee, die Weihnachtsfeier für ehemalige Verwaltungsmitglieder zu streichen, kommt nicht gut an. Die Verwaltung betont die „hohe soziale Bedeutung der Veranstaltung“ und empfiehlt, sie nicht abzuschaffen. Außerdem spricht sich die Verwaltung sowohl gegen die Abschaffung des Bürgermagazins aus. Das Magazin sei ein wichtiger „Beitrag für ein Gemeinverständnis“ von Stadt und Bürgern. Der Vorschlag, weniger Kunstwerke für die Städtische Galerie anzuschaffen, stößt ebenfalls auf Kritik. Die Galerie habe schon seinen Ankaufsetat reduziert und könne ganz ohne neue Ankäufe nicht ihrer Aufgabe nachkommen, zeitgenössische Kunst auszustellen. Eine Katzensteuer wird es so schnell wohl auch nicht geben, auch aus pragmatischen Gründen: „Anders als bei der Hundesteuer, bei der die Besitzer durch Landesgesetz verpflichtet sind, ihre Hundehaltung im niedersächsischem Zentralregister anzumelden und ihr Tier zu chippen, ist die Katzenhaltung deutlich schwerer nachzuweisen.“ Auch von der Schließung des Phaeno will die Stadt nichts wissen. Zu wichtig seien der Tourismusaspekt und sein Bildungsauftrag. „Jährlich werden hier rund 70 000 Kita- und Schulkinder an Technik und Naturwissenschaften herangeführt – vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels eine nicht mit Geld aufzuwiegende Leistung“, gibt die Verwaltung zu bedenken. Bessere Chancen hat der Vorschlag, die von der Stadt gemieteten Raumcontainer zu kaufen, um Miete zu sparen. Auch die Streichung des Badeland-Rabatts für IGM-Mitglieder sei grundsätzlich möglich und würde jährlich 32 500 Euro einsparen, schätzt die Verwaltung. Die Vorschläge aus dem Projekt finden sich unter www.wolfsburg-spart.de, dort sind auch einige der nicht berücksichtigten Ideen samt Anmerkungen veröffentlicht. Die Antworten der Verwaltung (auch auf Bürger-Ideen, die direkt an die Stadt gingen), sind unter www.wolfsburg.de/haushalt zu finden, die PDF liegt hinter dem Link „Einsparvorschläge der Bürger*innen zur Haushaltsoptimierung der Stadt Wolfsburg“. Lesen Sie auch: 21. Januar 2020: Haushalt: Wolfsburger reichen 61 Sparvorschläge ein 8. Januar 2020: Warum Wolfsburg trotz Sparpaket im Minus bleibt 1. Dezember 2019: Verwaltung muss sparen: Rats-Fraktionen unterstützen den Sparkurs 27. November 2019: Wie in Wolfsburg künftig über 15 Millionen Euro gespart werden könnten 27. November 2019: So will die Stadt 30 Millionen sparen: Verwaltung macht über 190 Vorschläge 12. Oktober 2019: Bürger sollen Vorschläge machen: Wo kann Wolfsburg sparen? 20. September 2019: Fraktionen müssen Gürtel enger schnallen: So wollen sie 35 Millionen Euro sparen 28. März 2019: Wolfsburg investiert 2019 gut 62 Millionen Euro – und macht fast 48 Millionen Miese Von der WAZ-Redaktion

Ergebnisse der Umfrage - „Wolfsburg spart“: Das sind die Vorschläge der Bürger