Bilder des Fotojournalisten Robert Lebeck, dem das Kunstmuseum gerade eine große Ausstellung widmet, hätten schon viel früher in Wolfsburg aushängen können. Doch 1962 lehnte die Stadt ab.
Der damalige Leiter der Staatlichen Landesbildstelle Hamburg, Fritz Kempe, schlug dem Wolfsburger Oberbürgermeister per Brief vor, Lebecks Ausstellung „Tokio Moskau Leopoldville – Reportagefotos aus 3 Erdteilen“ von Hamburg nach Wolfsburg zu holen. Oberstadtdirektor Dr. Wolfgang Hesse schickte nur wenige Tage später eine abschlägige Antwort: Man habe nicht die passenden Räumlichkeiten.
„Eine verpasste Chance“, bedauert Dr. Alexander Kraus vom Wolfsburger Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation (IZS). In der Stadthalle hätte es bestimmt genug Platz gegeben. Und ähnlich wie die vielen Fotos, die jetzt im Kunstmuseum ausgestellt würden, hätten auch die Bilder der 1962-er Ausstellung zeitgeschichtlichen Wert. Kempe schrieb damals: „Die rund 250 Bilder legen nicht nur von einer außerordentlichen fotografischen Leistung, sondern auch von den jüngsten politischen Entwicklungen in der Welt Zeugnis ab.“ Anita Placenti-Grau, Leiterin des IZS ist sicher: „Sein Potenzial ist damals nicht erkannt worden.“
Doch schon das Angebot der Ausstellung habe etwas Positives, so der Historiker Kraus: „Wolfsburg war damals schon auf dem Radar der Kunstschaffenden und Kunstvermittler. Mit Sicherheit hängt das zusammen mit dem 1959 erstmals durchgeführten städtischen Kunstpreis ,Junge Stadt sieht junge Kunst’, mit dem Wolfsburg rasch auch überregionale Aufmerksamkeit erlangte.“ Kempes Brief hat das IZS deshalb zur Archivalie des Monats gekürt. Nicht nur Fotos, auch Briefe zeugen von Zeitgeschichte.
Von Frederike Müller