Wolfsburg: 54-Jährige kämpft verzweifelt um einen Reha-Platz

Viele Wolfsburger haben Kerstin Schulze bestimmt schon einmal getroffen und auch bemerkt. Die kleinwüchsige Frau aus Tiddische, die im Wolfsburger Rathaus arbeitet, bleibt nicht nur wegen ihrer Behinderung in Erinnerung – sie ist zudem ein sehr geselliger Mensch und fällt oft wegen ihres ansteckenden Lachens auf. Dieses Lachen allerdings ist ihr jetzt vergangen. Im Mai hatte sie sich den Fuß gebrochen; und dieser Unfall bringt ihr ganzes Leben durcheinander. Auch wenn Kerstin Schulze seit einigen Jahren auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen ist, hat sie immer großen Wert darauf gelegt, so selbstbestimmt zu leben wie nur möglich. Ihr Auto wurde behindertengerecht umgebaut, ihre Toilette ist jetzt höhenverstellbar. „In Rente wollte ich eigentlich noch lange nicht gehen!“, betont die 54-Jährige. Doch dann knickte sie beim Umsetzen vom Rollstuhl ins Auto mit dem Fuß um. Der Bruch wurde spät erkannt, nach einer ersten Röntgenaufnahme hatte man die Patientin ohne Befund wieder weggeschickt. Erst ein CT zeigte, dass sowohl der Mittelfußknochen als auch die Fußwurzel verletzt waren. Da befand sich Kerstin Schulze bereits in der Tagespflege, weil sie die stützende Kraft des Fußes braucht, um sich allein in und aus dem Rollstuhl bewegen zu können. Dem Fuß fehlen Kraft und Beweglichkeit: Die Fraktur ist verheilt, doch Kraft und Beweglichkeit sind noch nicht wieder hergestellt. So war Kerstin Schulze erst im Elisabeth-Heim und dann in der Seniorenwohnanlage im Hasselbachtal untergebracht. Im Oktober sollte eine Reha-Maßnahme in Bad Salzdethfurt beginnen. „Ich hatte dort extra vorher persönlich angerufen, weil ich einen erhöhten Hilfebedarf habe und das ist manchmal ein Problem“, weiß sie aus Erfahrung. Es sei keines, hieß es am Telefon. Doch nachdem der Fahrer sie samt Gepäck vor der Klinik abgesetzt hatte und schon wieder weg war, habe ihr ein Arzt mitgeteilt, dass man einen Fall wie sie nicht aufnehmen und therapieren könne, da das Personal zu knapp sei. Lesen Sie auch Ehmen: Joel Bartels sammelt Geld für Seniorenheim im Kerksiek Corona-Krise: Behinderte Menschen leiden oft stärker in der Pandemie "Max geht auf Reha": Gifhorner Berko Härtel veröffentlicht sein zweites Buch Kerstin Schulze wurde wieder nach Wolfsburg gebracht. Das Zimmer im Hasselbachtal aber war belegt – sie hatte ja vorgehabt, nach der Reha nach Hause zurückzukehren. Kurzfristig brachte die Diakonie sie im Emmausheim unter. Eine Lösung ist das nicht. Die Corona-Regeln verbieten Besuche und eine ambulante Therapie ist nicht möglich, weil ihre Kur schon genehmigt wurde. „Ich habe sowohl mit der Rentenkasse als auch mit der Krankenkasse mehrfach telefoniert,“ berichtet sie. Vergeblich. Hilferuf in der WAZ als letzte Hoffnung: Ihr 94-jähriger Vater hat übrigens seine eigene Reha nach einer Hüftoperation in diesem Jahr gerade angetreten. Die 54-jährige Kerstin Schulze wartet weiterhin. „Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll!“, sagt die verzweifelte Frau. Ihre letzte Hoffnung ist, dass ihr Hilferuf über die WAZ gehört wird. „Irgendwo in Deutschland muss es doch einen Platz für mich in einer Reha-Einrichtung geben!“ Von Andrea Müller-Kudelka