Masern-Impfpflicht an Kitas und Schulen in Wolfsburg: Mehr Arbeit und offene Fragen

Kitas und Schulen in Wolfsburg bereiten sich auf die Umsetzung der Masernimpfpflicht ab dem 1. März vor. „Wir gehen davon aus, dass mit ganz wenigen Ausnahmen alle Eltern ihre Kinder impfen lassen werden. Falls dies im Einzelfall nicht der Fall sein sollte, dürfen wir diese Kinder nicht aufnehmen“, sagt der Kita-Fachbereichsleiter beim DRK-Kreisverband Wolfsburg, Ulrich Hoffmann. Nicht geimpfte Kinder können dann abgewiesen werden: Wer sich als Schüler oder Kita-Kind bereits in den entsprechenden Einrichtungen befindet, hat noch Zeit bis 31. Juli 2021, die Impfung nachzuweisen. Den Nachweis müssen auch alle Mitarbeiter bringen, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind. Wer neu in Klassen oder Kita-Gruppen aufgenommen werden will, muss den Impfnachweis ab 1. März 2020 vorlegen. Nicht geimpfte Kindergartenkinder können dann abgewiesen werden. „Ich erwarte nicht, dass dies in großer Zahl vorkommen wird“, sagt die Kita-Geschäftsführerin des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises, Kerstin Heidbrock. Die Impfquote für Masern bei Schulanfängern liegt nach Angaben der Stadt Wolfsburg bei 95 Prozent. Bei aktuell rund 5500 Jungen und Mädchen in Kindertagesbetreuung geht es demnach um etwa 275 Kinder in Wolfsburg, die potenziell nicht immunisiert sind. „Das Gesundheitsamt berät Kitas und Schule, wenn aus medizinischer Sicht Fragen bestehen“, sagt Stadtsprecherin Elke Wichmann. Wenn bei einem Kita-Kind oder einem Schüler kein Masern-Impfnachweis vorgelegt wird, „muss die Leitung der Einrichtung unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt informieren“. Bei Verstößen droht laut Gesetz bis zu 2500 Euro Bußgeld. Ein Betreuungsverbot als letzte Konsequenz? Kitas und Schulen rechnen durch die Umsetzung der Masern-Impfpflicht mit mehr Verwaltungsarbeit. „Die Kontrolle der Impfpflicht erfordert zusätzlichen Aufwand für die Kita-Leitungen sowie unsere Personalabteilungen“, sagt Ulrich Hoffmann, der für zwölf DRK-Kitas in Wolfsburg mit rund 1000 Kindern zuständig ist. Neben dem Mehraufwand sieht Kerstin Heidbrock vom Kirchenkreis noch offene Fragen bei der Umsetzung: „Was machen wir, wenn bereits aufgenommene Kinder oder Mitarbeiter nicht geimpft sind und sich nicht impfen lassen wollen?“ Müsse die betroffene Einrichtung dann ein Betreuungsverbot aussprechen? Der Kirchenkreis ist Träger von 15 Kitas in Wolfsburg mit mehr als 1300 Kindern. „Es gibt noch sehr viele offene Fragen“, sagt auch der Vorsitzende des Kreisverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Thomas Eisenhuth. Er ist selbst Lehrer am Wolfsburger Theodor-Heuss-Gymnasium mit rund 900 Schülern. Unklar sei, wer den Impfstatus der Schüler und Mitarbeiter erfassen soll und wie dies mit dem Datenschutz in Einklang zu bringen ist. Die GEW erwartet dazu Antworten des Kultusministeriums. Fest steht für Eisenhuth jedenfalls: „Das ist eine erneute Belastung für die Schulen.“ Impfpflicht kollidiert mit Schulpflicht: Bei Schülern gibt es laut dem GEW-Kreisvorsitzenden eine Kollision der Impfpflicht mit der Schulpflicht. Im Zweifelsfall stünden Lehrer vor dem Dilemma, ob sie nicht geimpfte Schüler an der Tür des Klassenzimmers abweisen sollen – eine solche Situation gilt es laut Eisenhuth zu vermeiden. Auch Auseinandersetzungen mit Impfgegnern müssten aus den Schulen herausgehalten werden, seien aber nicht auszuschließen. Bislang habe sich das Ministerium auch nicht zu der Frage geäußert wer die Kosten für Masernimpfungen von Lehrern übernimmt. Die vom Bundestag Ende vergangenen Jahres beschlossene Impfpflicht gegen Masern tritt am 1. März 2020 in Kraft. Sie betrifft Kinder, die neu in einem Kindergarten oder einer Schule angemeldet werden, ebenso wie solche, die die Einrichtungen bereits besuchen. Bei Letzteren müssen die Eltern den Impfnachweis allerdings erst bis zum 31. Juli 2021 vorlegen. Die Impfpflicht betrifft an Schulen und Kitas auch Mitarbeiter, die nach 1970 geboren wurden – zum Beispiel Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte, aber auch Verwaltungsmitarbeiter, Hausmeister und das Personal, das das Mittagessen ausgibt. Masern sind hoch ansteckend, werden laut Bundesgesundheitsministerium häufig unterschätzt und können auch tödlich sein. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine Impfquote von 95 Prozent, um die Krankheit auszurotten. Diese Quote ist in Wolfsburg erfüllt. Dem Gesundheitsamt wurde zuletzt im Jahr 2008 ein Masernfall in Wolfsburg gemeldet. Lesen Sie auch: 07.09.2019: Schon 85 Fälle von Masern in Niedersachsen 29.05.2019: Masern bleiben in Europa ein Problem 26.03.2019: Das sollten Sie zur Debatte um die Masern-Impfpflicht wissen 15.03.2019: Entwarnung: Keine Fälle von Masern in Wolfsburg Von Florian Heintz

Gesundheit - Masern-Impfpflicht an Kitas und Schulen: Das sind die offenen Fragen in Wolfsburg