Lesung mit Theater-Intendanten Rainer Steinkamp

Etwas Fantasie war schon gefordert von den Besuchern der Lesung des Literaturkreises am Dienstagabend in der Aula des Ratsgymnasiums. „Stellen Sie sich mich als zehnjähriges Mädchen vor“, forderte Theater-Intendant Rainer Steinkamp das Publikum auf. Er las aus Mariana Lekys „Was man von hier aus sehen kann“. Charmantes Portrait eines verschlafenen Dorfes: Die fiktive Geschichte in autobiografischem Charakter ist ein charmantes Portrait eines verschlafenen Dorfes und ihrer leicht schrägen Bewohner. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Luise. Und die war in dem vorgelesenen Teil eben noch ein zehnjähriges Mädchen. Der Roman beginnt damit, dass Luises Oma Selma, die ihrer Meinung nach genauso wie Rudi Carell aussieht, von einem Okapi träumt, einem giraffenartigen Tier mit Beinen. Und jeder im Dorf wusste: Wenn Selma von einem Okapi träumt, stirbt in den nächsten 24 Stunden jemand. Bis es an dieser Stelle für die Erzählerin zu einem sehr tragischen Todesfall kommt, werden nach und nach in fließender Erzählung und hineingleitenden Rückblenden die wichtigsten Personen des Dorfes vorgestellt. Roman: Mariana Leky erzählt ihre Geschichten mit Leichtigkeit: Da ist zum Beispiel der Optiker, der schon lange in Selma verliebt ist, es ihr aber nicht sagt; oder die abergläubische Elsbeth, die für jede Situation ein Mittelchen zur Hand hat. Und da ist Luises bester Freund Martin, der auf dem Schulweg wegen einer defekten Tür aus dem fahrenden Zug gerissen wird. Mariana Leky erzählt die Geschichte mit leichter Feder und nimmt Pathos und Schicksalsschlägen mit skurrilem Humor den Schneid, so dass man den Roman im Grunde in einem einzigen Zug lesen kann. Rainer Steinkamp gelang es gut, diesen leichten Ton aufzunehmen. So ließ es sich gut der charmant erzählten Geschichte folgen, die doch von so vielen Schicksalen erzählte. Der Roman ist zwar aus der Sicht des Mädchens, später der Frau, erzählt, aber trotzdem von einem allwissenden Erzähler. Das mag eine kleine Unstimmigkeit sein, doch sie tut dem guten dramaturgischen Aufbau des Buchs gut. Von Robert Stockamp

Literaturkreis - Theater-Intendant Rainer Steinkamp und die schrägen Dorfbewohner