Es ist Donnerstag, der 29. August 2019. Am Ufer des Mühlenteichs in Kreuzheide steht Andrea Maye und weint vor Wut. Denn an der Wasseroberfläche schwimmen lauter tote Fische – nach dem Neuen Teich hat das Fischsterben nun auch den Mühlenteich erreicht, trotz Belüftungsmaßnahmen der Stadt. Die Tierschützerin und Anwohnerin Maye wirft der Stadt und dem Angelverein Versäumnisse vor.
„Ich bin echt sauer – die Ökologie kommt zu kurz!“
Dabei wird der Mühlenteich durchgängig belüftet, seit der Neue Teich in der Nordstadt vor einigen Wochen umgekippt ist. Doch das Umwälzungsgerät hänge viel zu hoch, meint Maye. Weil der Wasserpegel gesunken sei, könne das Gerät nun kaum noch Wasser ziehen.
Bei der Feuerwehr, den Wolfsburger Entwässerungsbetrieben (WEB) und dem Sportfischerverein habe sie angerufen, doch niemand kümmere sich um das Problem. „Ich bin echt sauer!“, sagt die Anwohnerin. „Wolfsburg kümmert sich um alles mögliche, aber die Ökologie kommt zu kurz. Ich warte schon drauf, dass auch der Allersee umkippt.“
WAZ-Info: Fischsterben 2019
28. Juli: Tausende Fische treiben tot im Neuen Teich in der Nordstadt
29. Juli: Die Stadt beginnt, den Teich mit Pumpen zu belüften
31. Juli: Ein weiterer Teich droht umzukippen
Zeitgleich: Der Wolfsburger Naturschutzbeauftragte rät, das Grundwasser zu stabilisieren
1. August: Stadt warnt vor den Blaualgen im Neuen Teich – genau wie schon 2014
5. August: Der Sauerstoffgehalt des Neuen Teichs verbessert sich, der pH-Wert bleibt katastrophal
8. August: Auch den Kleinen Schillerteich hat es erwischt. Diagnose: Blaualgen
14. August: So soll es mit dem Neuen Teich weitergehen
Das Problem liegt aber leider nicht nur im Sauerstoffanteil. Der Sauerstoffgehalt im Mühlenteich und in anderen Teichen ist inzwischen dank der Belüftung wieder in Ordnung – der pH-Wert allerdings ist und bleibt gefährlich hoch, also im alkalischen Bereich. „Das kommt durch die Hitze und teilweise die Verschlammung der Teiche“, erklärt Yvonne Latzel vom Sportfischerverein Wolfsburg, der auch den Mühlenteich gepachtet hat. Und dem pH-Wert hilft auch alles Belüften nicht.
Ist der Detmeroder Teich als nächstes dran?
„Der Demeroder Teich wird wohl der nächste sein, der umkippt“, meint Yvonne Latzel resigniert. Auch er wird seit ein paar Tagen „vorsorglich belüftet“, so Stadtsprecher Ralf Schmidt. Zum pH-Wert sagt Anglerin Latzel aber: „Wir können nur hoffen, dass er sich von selbst reguliert, wenn es regnet.“ Andererseits könne der Regen aber sogar noch schaden, indem er nämlich weiteren Schlamm vom Ufer ins Wasser spült.
Naturschützerin fordert regelmäßiges Ausbaggern
Das mag ja sein, gibt die Naturliebhaberin Andrea Maye zu. Aber dann müsse die Stadt die Teiche eben regelmäßig ausbaggern. Doch ob es dazu kommt, ist fraglich, denn die Maßnahme wäre nicht nur sehr aufwendig, sondern auch teuer.
Wie es nun mit den Stadtteichen weitergeht, haben Vertreter von Stadt, Sportfischerverein, Landwirtschaft und Umweltschutz Mitte August bei einem „Runden Tisch“ besprochen. Die Ergebnisse werden aber derzeit noch abgestimmt, bevor sie veröffentlicht werden.
Warnung vor Blaualgen: Es kann fast jedes Gewässer erwischen
Andrea Maye warnt derweil alle anderen Hundehalter, ihre Tiere nicht in die Nähe der Wolfsburger Teiche zu lassen. Auch die Stadt hatte schon am Vortag gewarnt, dass sich derzeit an allen Teichen und Fließgewässern jederzeit giftige Blaualgen bilden könnten. Einzig der Allersee gelte weiterhin als unbedenklich.
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Blaualgen: Warum sind sie gefährlich und wie entstehen sie?
WAZ-Info: Fischsterben der letzten Jahre
Juni 1999: 200 tote Karpfen im Schillerteich.
April 2003: Abermals sterben Karpfen im Schillerteich, dieses Mal laut Anglerverein aber wegen der Kälte.
August 2006: Experten warnen, dass Wolfsburgs Gewässer austrocknen. Ein Fischsterben gibt es glücklicherweise nicht.
Ebenfalls im Juli 2015: Auch in der Aller bei Gifhorn sterben nach Hitzewelle und Unwetter 600 bis 800 Kilo Fische.
August 2018: Fachleute vom Aller-Ohre-Verband befürchten ein Fischsterben in der Aller.
Von Frederike Müller